Blutmord (Ein Paula Franz und Max Dörner Krimi)
mehr äußern. Natürlich stimmte vorher schon einiges nicht mehr, das kommt nicht von heute auf morgen. Aber seitdem ist nichts mehr so wie vorher.“ Paula zog ihr Handy aus der Tasche. „Vielleicht sollte ich mich wenigstens mal per SMS melden. Das bin ich schuldig, glaube ich“ Paula schaltete ihr Handy ein.
„Da muss ich dich enttäuschen“, Marie lachte. „Du hast hier im ganzen Umkreis so gut wie keinerlei Empfang.“ Sie deutete Richtung Wald. „Es gibt nur da draußen am Waldesrand einen einzigen kleinen Fleck, da hat man Empfang, wenn man Glück hat und der Wind günstig steht.“
Paula starrte auf ihr Handy. Drei Anrufe in Abwesenheit von Max. Ansonsten keinerlei Empfang. „Stimmt, vielleicht sollte ich zumindest schnell meine Mailbox abhören. Es ist von meinem Kollegen, das könnte wichtig sein.“ Paula schaute auf ihre Uhr, der erste Anruf von Max war gut vier Stunden her. Zuletzt hatte Max vor zwei Stunden angerufen, allerdings hatte er nur eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen, dass sie sich melden solle. Inzwischen würde Max bestimmt auch schon im Wochenende sein. Was immer es auch so dringendes gab, es würde sicherlich bis Montag Zeit haben. Sie schaltete das Handy wieder aus und legte es auf den Tisch.
Max saß Jan Fink gegenüber. Er hatte den Jungen direkt mit zum Polizeipräsidium genommen, nachdem die Verstärkung angerückt war. Max hatte zusätzlich einen Durchsuchungsbeschluss beantragt und die Spurensicherung angefordert. Während er versuchte mit dem Jungen ein einigermaßen vernünftiges Gespräch zu führen, wurde das Haus seiner Eltern auf den Kopf gestellt. Sie mussten etwas finden, sie mussten einfach. Er hatte das Gefühl, dass Jan definitiv in irgendeiner Form mit Kates Tod in Verbindung stand – nur in welcher? Der Junge erschien ihm eher verschüchtert und unsicher. Max konnte sich nicht vorstellen, dass Jan einen Mord begangen hatte. Er sah auf seine Uhr. Inzwischen war es fast 23.00 Uhr. Er war müde und rieb sich die Augen. Das Präsidium erschien ihm menschenleer. Seit einer Stunde saß er mit Jan im Vernehmungsraum. Bisher ohne Erfolg. Der Junge war betrunken. Seine Blutwerte hatten einen Alkoholgehalt von 1,2 Promille ergeben. Somit hatte Max keine große Hoffnung, heute noch hilfreiche Informationen von ihm zu erhalten. Er würde den Jungen die Nacht über hier behalten und am nächsten Morgen noch einmal versuchen, in nüchternem Zustand, seine Verbindung zu Marie Krenz und Kate Dreyer zu hinterfragen. Paula hatte auch nicht zurückgerufen. Er war frustriert. Er war der Einzige, der hier arbeitete und trotzdem kam er keinen Schritt voran.
„Herr Fink, Sie kannten Kate Dreyer besser als nur entfernt. Wir haben ein Video, auf dem wir Sie ganz eindeutig aufgrund Ihrer Tätowierung identifizieren können. Das Video beweist nicht, dass Sie sexuellen Kontakt zu Kate Dreyer hatten, aber sehr wohl, dass sie intensiv mit Ihnen geflirtet hat und es scheint so, als ob Kate Dreyer Sie auch nicht ganz kalt gelassen hat. Also noch einmal, hatten Sie sexuellen Kontakt zu Kate Dreyer?“ Max sah den Jungen aufmerksam an.
Der Junge starrte auf den Tisch, ohne den Kopf zu heben.
„Gut, Herr Fink, dann frage ich Sie jetzt noch einmal, wo genau waren Sie in der Nacht als Kate Dreyer ermordet wurde? Bisher konnten Sie mir darauf keine schlüssige Antwort geben.“
Der Junge blieb stumm.
Max erhob sich. „Gut, Sie bekommen eine freie Übernachtung mit Frühstück auf Staatskosten. Los, stehen Sie auf. Ich hoffe, Sie sind morgen früh, in nüchternem Zustand, gesprächiger.“
Der Junge blieb sitzen. Max nahm Jan daher am Arm und zog ihn hoch. „Kommen Sie schon. Ein bisschen Schlaf tut uns beiden vermutlich ganz gut. Ich sehe Sie morgen in aller Frische, und ich hoffe für Sie, dass Sie dann ein paar Antworten parat haben. Ihre Eltern haben wir hoffentlich bis dahin auch erreicht.“
Paula lag in ihrem Bett und lauschte in die Stille hinein. Nichts war zu hören. Absolut nichts. Fast unheimlich, dachte sie. Die vertrauten Stadtgeräusche fehlten ihr. Sie dachte über den Abend nach. Sie hatte vermieden, direkt von Anne und Johanna zu sprechen, hatte Marie aber die Gesamtsituation beschrieben. Paula atmete aus. Das Gespräch hatte ihr gut getan. Zumal Marie ihren Schmerz nachempfinden konnte, den sie nach Fynns Tod durchlitten hatte. Marie hatte sie wirklich verstanden. Doch eine Entscheidung musste sie selbst treffen. Sie schloss die Augen und horchte noch einige Sekunden
Weitere Kostenlose Bücher