Blutnacht in Manhattan
dazu.
Auch sie nahm Platz und legte auf dem Tisch einige Mappen mit roten Umschlägen zurecht.
»Befinden sich darin die Bilder Ihrer Mitarbeiter?«, erkundigte sich der G-Man.
»So ist es.« Sie hob die Schultern. »Deshalb aber sind Sie ja nicht gekommen.«
»Moment, Mrs. Lane. Sie haben uns angerufen. Und ich muss Sie bitten, dass nicht zu vergessen.«
»Natürlich.« Sie hob ihre Augenbrauen ein wenig an. »Ich habe Sie angerufen, weil ich mir meiner Pflicht als Staatsbürgerin sehr wohl bewusst bin. Vier tote Frauen sind einfach zu viel.«
Das sahen wir auch so. Wir stellten unsere Fragen und bekamen auch frank und frei die Antworten.
Die Frauen waren Sharon Lane bekannt. Aber sie standen nicht in einem der Prospekte, den ich anhob und wieder hinlegte, weil Sharon den Kopf schüttelte.
»Woher kannten Sie sich dann?«
Sie lächelte mich an. »Ich besitze noch eine kleine Bar.«
»Da haben sie gearbeitet.«
»Irrtum, Mr. Sinclair, das haben sie nicht. Sie dürfen sich nicht vorstellen, dass es ein Bordell ist. Die Frauen kamen als Gäste, weil sie dort in Ruhe etwas trinken und sich auch unterhalten konnten.«
»Keine Männer, die...?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist gewissermaßen eine Frauenbar. Eine, in die sich Frauen zurückziehen können, wenn sie ihre Ruhe haben wollen. Das Lokal wird auch hin und wieder von Männern besucht, aber es sind keine Gäste der Frauen, das müssen Sie verstehen. Diese Bar ist wirklich voll und ganz zum Relaxen da.«
Abe Douglas und ich warfen uns einen verwunderten Blick zu. So etwas hatten wir beide noch nicht gehört, aber New York ist eben anders und war schon immer ein Trendsetter.
Douglas räusperte sich und kam noch mal auf den eigentlichen Grund unseres Kommens zu sprechen. »Noch mal, Mrs. Lane, Sie kannten die getöteten Frauen von Ihrer Bar her, weil sie dort verkehrt haben, wenn sie ihre Ruhe haben wollten?«
»Volltreffer«, erklärte sie und lächelte uns entwaffnend an.
Ich stellte die nächste Frage. Dabei schaute ich in ihre Augen, die dunkel wie reife Kirschen waren. »Und Sie können sich auch nicht vorstellen, dass die Frauen in Ihrer Bar Kontakt mit ihrem Mörder gehabt haben? Dass sie ihn dort kennen lernten?«
»Nein!«
Ich wiegte den Kopf.
Sharon sprach weiter. »Es ist klar, dass Sie darauf kommen würden«, sagte sie. »Deshalb habe ich mich bei Ihnen gemeldet. Mein Lokal ist kein Kontakthof.«
Das mussten wir ihr glauben oder auch nicht.
Abe Douglas meinte: »Sie denken, wir wären sowieso auf Sie gekommen – oder?«
»Richtig.« Sie zeigte uns ein süßsaures Lächeln.
»Haben Sie denn etwas dagegen, wenn wir Ihrer Bar einen Besuch abstatten?«, fragte ich.
Sie zögerte keinen Augenblick mit der Antwort.
»Nein, natürlich habe ich nichts dagegen. Das wäre ja noch schöner. Sie können kommen, wann immer Sie wollen. Das heißt, eine Einschränkung muss ich machen. Bitte nur am Abend. Tagsüber haben wir geschlossen.«
»Das ist uns klar.«
Ich stellte die nächste Frage. »Was wissen Sie noch über die Frauen, Madam?«
»Nichts«, erklärte sie offen. »Ich weiß nichts darüber. Sie waren und sind mir fremd.«
»Haben Sie nie etwas mit ihnen besprochen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Bitte, Mr. Sinclair. Sie waren nicht meine Mitarbeiterinnen.«
Verdammt noch mal. Diese Person war mir einfach zu glatt. Sie bekam ich nicht in den Griff. Ich konnte mir zudem vorstellen, dass sie ihre Lügen hinter der glatten Fassade versteckte. Ich war misstrauisch geblieben, obwohl sie den Schritt auf uns zugetan hatte.
»Was unterscheidet sie denn von Ihren wahren Mitarbeiterinnen?« Diesmal wies ich auf die Mappen.
»Bitte, Mr. Sinclair, Sie können gern einen Blick darauf werfen. Ich habe damit keine Probleme.«
»Schon gut. Wenn es nicht wichtig ist...«
»Genau.«
»Aber etwas anderes würde uns schon interessieren, Mrs. Lane. Diese Frauen wurden brutal ermordet. Den Killer kennen wir nicht. Aber er hat seine Opfer auf eine bestimmte Art und Weise ums Leben gebracht. Ich gehe davon aus, dass Sie wissen, dass man sie erstochen hat. Aber nicht nur einfach so, sondern nach einem Muster. Drei tiefe Stiche. Sie bildeten die Eckpunkte eines Dreiecks. Genau diese Punkte wurden durch Linien miteinander verbunden. Man hat sie in die Haut geritzt. So ist dann ein Muster entstanden, und zwar das einer Teufelsfratze.«
Das letzte Wort hatte ich besonders betont, aber keine Reaktion bei ihr erlebt. Sie blieb recht entspannt
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