Blutnacht in Manhattan
Gefühle eben nicht immer unter Kontrolle halten.
»Ich habe Schuld«, flüsterte er. »Verdammt noch mal, ich hätte dich nicht hierher bringen sollen.«
»Hör auf, Abe! Das ist Unsinn. Keiner von uns konnte damit rechnen, dass es dazu kommt.«
»Ich habe schon mal einen Verbrannten gesehen. Ich weiß, dass wir unter Kontrolle stehen. Ich hätte daran denken müssen, verdammt noch mal. Ich habe es nicht getan. Wir sind praktisch mit offenen Augen in die Falle gelaufen. Wir hätten ihn... ach«, er winkte ab. »Enzio war so etwas wie ein Freund, und jetzt das!«
Er trat zu. Seine Wut musste raus. Gegen den rückseitigen Aufbau der Theke donnerten seine Tritte. Die Gläser, die dort zusammen mit einigen Flaschen standen, zerschepperten am Boden. Ich hörte ihn auch vor Wut schreien, dann fiel er mit dem Oberkörper auf die Theke und vergrub sein Gesicht in den Händen.
So hatte ich den G-Man noch nie erlebt. Sein Verhalten zeigte mir, dass er tief getroffen war. So leicht würde er diesen Verlauf nicht überwinden können.
Ich sagte nichts. Abe musste in Ruhe gelassen werden, um wieder zu sich selbst zu finden. Außerdem wurde ich abgelenkt, denn vier Cops stürmten in das Lokal. Sie hatten ihre Waffen gezogen, und ich hob sicherheitshalber die Arme.
Zu langen Erklärungen ließen sie mich nicht kommen. Sie zerrten mich über die Theke hinweg, sodass ich zu Boden fiel, und plötzlich lagen meine Hände gefesselt auf dem Rücken. Sekunden später hielten sie meine Beretta fest, und da musste ich mich auf den Bauch legen und das Kinn gegen den Boden drücken.
New Yorker Cops sind nicht eben als Chorknaben bekannt. Das erlebte ich am eigenen Leib.
Aber ich hörte auch Abe Douglas sprechen. Er brauchte sich nicht auszuweisen, man kannte ihn. Wenig später wurde ich meine Handschellen los. Ich blickte die Kollegen nicht eben freundlich an, als ich meine Beretta zurückverlangte, die ich bekam.
»Sie sind nicht eben zart, deine Kollegen.«
Douglas nickte. »Das ist bekannt. Du weißt ja selbst, New York ist kein Spielplatz.«
Ich klopfte mir den Schmutz von der Kleidung. »Fragen hätten sie zumindest können.«
»Es ist ja vorbei.«
Ich trat zurück, denn hier hatte der FBI-Agent Abe Douglas die Kontrolle übernommen. Er redete mit den Männern, ohne ihnen die Hintergründe der Vorgänge zu erklären. Sie mussten es hinnehmen, und ich sah, wie sie nickten und Fragen stellten. Eine verbrannte Leiche hatten sie schon gesehen, aber dass die Umgebung nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war, das war ihnen neu.
Für mich stand fest, dass unser Gegner die Kontrolle hatte. Er war genau darüber informiert, was wir taten. Ich hatte dieses verfluchte Mordgespenst ja mit meinen eigenen Augen gesehen, aber ich wusste nicht genau, wer dahinter steckte.
War es tatsächlich Asmodis, der sich mal wieder in einer anderen Gestalt gezeigt hatte?
Es musste nicht unbedingt sein, denn es gab genügend Helfer, die sich auf seine Seite schlugen und von ihm geführt wurden. Aber warum geschah dies alles? Selbst beim Teufel gab es Motive für gewisse Taten. Da unterschied er sich nicht von den Menschen.
Ich konnte ihn jetzt nicht fragen, aber ich würde an diesem Fall dranbleiben, denn ich war es, der das Feuer stoppen konnte. Mein Kreuz löschte es. Nur war ich bei Enzio leider zu spät gekommen, und das sorgte bei mir noch immer für einen inneren Aufruhr.
Meine Gedanken drehten sich noch um den Schutz, den ich bei mir trug. Da konnte ich mir persönlich auf die Schulter klopfen, aber was war mit Menschen, die sich nicht schützen konnten?
Was mit ihnen passierte, dafür war Enzio das beste Beispiel. Sie verbrannten. Es gab nichts, womit die sich hätten wehren können. Normale Menschen wie auch mein Freund Abe Douglas.
Als ich an ihn dachte, überkam mich das Kribbeln. Er war den Angriffen der Gegenseite schutzlos ausgeliefert, und ich konnte mir vorstellen, dass auch er auf der Liste stand.
Ob er selbst darüber nachdachte, war mir nicht klar. Abe Douglas gehörte zu den Menschen, die sich voll einsetzten und auf sich am allerwenigsten Rücksicht nahmen.
Das konnte ins Auge gehen, wenn sich meine Ahnungen bewahrheiteten. Ich wollte mit Abe darüber reden, doch ich wurde abgelenkt, denn dieses verdammte Lachen hätte ich am liebsten nicht erst in meinen Kopf hineinkommen lassen.
Aber es war da.
Es blieb eine gewisse Weile, dann klang es ab, und ich hörte die Stimme in meinem Kopf.
»War ich gut, Sinclair?«
»Du
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