Blutnacht in Manhattan
lange Finger hatte.
»Das kann ich Ihnen nicht so genau sagen. Dazu muss man zu den Eingeweihten gehören.«
»Also zum Club?«
»Ja, auch. Aber nicht alle Mitglieder wissen Bescheid, wenn ich Ihnen das sage.«
»Worum geht es dabei?«
Sie wand sich. Ihr Kopf bewegte sich von einer Seite zur anderen. Sie suchte nach den richtigen Worten, das war ihr anzusehen. Abe Douglas wollte schon eingreifen, aber ich hielt ihn zurück. Judith focht einen Kampf aus, und ich wollte, dass wir und sie die Sieger waren, ohne dass wir eingriffen.
Sie hatte sich gefangen. Der untere Teil ihres Gesichts blieb verspannt, als sie fragte:«Glauben Sie an den Teufel?«
Wir hatten mit zahlreichen Fragen und auch Antworten gerechnet, aber nicht damit. Wir zuckten leicht zusammen, schauten uns an und hörten ihr Lachen.
»Ja, glauben Sie an den Teufel?«
Ich antwortete ausweichend. »Manchmal!«
»Wie schön«, flüsterte sie. Der Sarkasmus war nicht zu überhören. »Sehr schön. Sie glauben immer an ihn, wenn es Ihnen gerade passt.«
»So ähnlich.«
»Aber es gibt ihn!«, flüsterte sie. »Es gibt den Teufel! Und wenn Sie diesen Keller hinter der Tür betreten, dann werden Sie ihn live erleben. Das kann ich Ihnen versprechen. Der Teufel wird da sein und nicht nur als Verkleidung. Es wird ebenso existent sein wie die sieben Männer, die sie gesehen haben. Sie gehören zum internen Kreis des Clubs...«
»Was ist mit Sharon Lane?«, fragte ich.
Für einen Moment schaute mich Judith Lane irritiert an. Meine Frage hatte sie wohl aus dem Konzept gebracht.
»Ja, was ist mit ihr?«
»Sie ist auch dabei. Sie gehört dazu. Zum inneren Kreis, und das ist sicher.«
»Der Teufel mag Frauen, nicht wahr?«
»Ja, das weiß ich!«
»Mag er Sie auch?«
Judith hob die Schultern.
»Bitte, seien Sie ehrlich. Mag er Sie auch?«
»Sie haben Recht. Der Teufel mag mich. Ich werde bald meine große Stunde erleben.«
»Wie sieht die aus?«
»Die Weihe.«
Sie hatte neutral gesprochen. Keine Emotionen, aber wir waren so weit, dass wir ihr jedes Wort glaubten. Nicht grundlos waren die Fratzen auf die Rücken der toten Frauen geritzt worden, aber ich fragte mich, weshalb man sie getötet hatte. Nur würde ich von Judith wohl keine Antwort bekommen, deshalb schwieg ich. Wenn mir einer die Fragen beantworten konnte, dann höchstwahrscheinlich Sharon Lane oder Asmodis persönlich, und darauf freute ich mich.
»So«, flüsterte Judith, »jetzt wissen Sie alles. Ich habe es Ihnen gesagt, und ich habe mich schuldig gemacht. Wenn das herauskommt, werde ich sofort umgebracht. Aber ich konnte nicht anders. Der Druck ist einfach zu groß geworden.«
»Wir glauben Ihnen.«
»Danke.«
»Aber wir werden deshalb nicht umkehren«, erklärte ich. »Wir werden mit Ihnen gehen.«
Sie konnte zunächst nicht sprechen. Dann suchte sie unsere Augen ab. Vielleicht wollte sie dort so etwas wie einen Ausdruck des Irrsinns sehen. Bis sie flüsterte: »Nein, das... das... meinen Sie doch nicht im Ernst, oder?«
Ich musste lachen. »Doch, Judith. Warum sind wir wohl in den Club gekommen?«
»Sei... seinetwegen?«
»Genau.«
»Außerdem suchen wir einen Mörder, der vier Frauen und zwei Männer getötet hat«, sagte Abe Douglas.
Judith erwiderte nichts darauf. Aber sie schien etwas darüber zu wissen. Wir sahen es ihr an, denn jetzt presste sie die Lippen zusammen, als wollte sie sich selbst ein Schweigegelübde geben.
Abe Douglas machte den Anfang. Bevor Judith sich versah, griff er an ihr vorbei und drückte die Tür der Kabine auf...
***
Lag dahinter die Hölle?
Zumindest nicht die echte, die sowieso nicht zu beschreiben war. Wie auch ihr Gegenteil, der Himmel. Wenn jemand sie trotzdem beschrieb, dann stammte diese Beschreibung von Menschen, und der Herrscher dieser Hölle hatte sich stets daran gehalten und den Menschen den Gefallen getan, sich so zu zeigen, wie sie es sich vorgestellt und ausgemalt hatten.
Der Keller war dunkel und trotzdem nicht finster. Er bestand aus einem großen Raum, den man sogar als kleine Tiefgarage hätte benutzen können.
Wir waren aus dem Lift gestiegen und hatten die Tür rasch wieder hinter uns zugedrückt, damit kein fremdes Licht in diese Atmosphäre hineinfiel und störte.
Wir standen so lange im Dunkeln, bis sich unsere Augen an die Verhältnisse gewöhnt hatten. Judith stand zwischen uns, und wir merkten, dass sie zitterte.
Allmählich sahen wir klarer.
Es gab die grauen Wände nicht, wie wir sie von oben her
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