Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
auf halbem Weg ausgelöscht worden war.
    Ich fragte mich, ob Robin eine Verbindung zwischen den beiden Morden hergestellt hatte. Zwei ihrer Kunden, der eine ihr lieb und teuer, die andere so ziemlich das Gegenteil.
    Falls es so war, hatte sie mir nichts davon gesagt.
    Warum sollte sie auch?

11
    Juliet Kippers Haus war eine von zwei hässlichen grauen Kisten, die auf ein zu kleines Grundstück gequetscht worden waren. Die Vorderseite war ein öliger Tafelberg aus Beton. Sich wellende Dächer aus Teerpappe sorgten für das einzige Grün in Sichtweite.
    Gitter vor den Fenstern. Ein verrosteter Eisenzaun blockierte den Zugang zu der Immobilie. Gelbes Absperrband vor der hinteren Wohneinheit flatterte in der Meeresbrise. Ich stieg aus. Das Tor im Zaun war verschlossen. Weder eine Türklingel noch eine Sprechanlage waren zu sehen. Ein etwa sechzehnjähriger Junge mit kahl geschorenem Schädel, der einen Pitbull mit roter Schnauze an einer Leine mit Stachelhalsband ausführte, schlenderte die Straße hinunter. Hund und Herrchen ignorierten mich, aber die beiden älteren kahl geschorenen Burschen, die wenige Augenblicke später in einem tiefer gelegten Chevy Nova vorbeifuhren, wurden langsamer und musterten mich gründlich.
    Ich hatte keinen Grund, hier zu bleiben. Ich ging zum Wagen zurück, nahm den Pico bis zum Lincoln, fuhr nach Süden zur Rose Street in Venice, wo ich auf die gute Seite wechselte.
    Robins Haus war ein weißes Cottage mit Schindeldach und Giebeln und äußerst niedlich. Die hübschen Blumen davor waren vor ein paar Monaten noch nicht da gewesen. Meines Wissens hatte Robin für Gartenarbeit nichts übrig. Vielleicht hatte Tim ein Händchen dafür.
    Sein Volvo stand in der Zufahrt hinter Robins Ford Pickup. Ich überlegte, ob ich wieder fahren sollte.
    »Zum Teufel damit«, sagte ich laut. »Ein Vater hat auch seine Rechte.«
    Ich hatte die Hoffnung, dass sie an die Tür käme, aber als sie aufging, stand er da.
    »Alex.«
    »Tim.«
    Allenthalben ein angespanntes Lächeln. Flüchtiger Händedruck. Er hatte seine übliche Kluft an: langärmliges kariertes Hemd, khakifarbene Dockers, braune Mokassins. Mr. Cool. Eine randlose Brille verlieh seinen blauen Augen – richtig blau, tiefer als meine grau getönte Iris – ein verträumtes Aussehen.
    Er ist ein Jahr jünger als ich, aber ich denke gern, dass er älter aussieht, weil er seine Haare verliert. Die verbliebenen Strähnen sind dünn und karamellfarben und zu lang – eine offensichtliche Überkompensation. Sein Bart wird schon grau. Ausdrucksstark, diese Augen.
    Dann ist da noch die Stimme. Der weichste, sonorste Bass, den Sie je hören werden. Jedes Wort gerundet und vornehm und gemessen. Wandelnde Reklame für sein Gewerbe.
    Er ist Stimmbildner, einer der Besten, arbeitet mit Opernsängern und Rockstars und teuren Rednern, ist oft auf Reisen. Robin traf ihn einen Monat, nachdem wir uns getrennt hatten, bei einer Aufnahme. Er war gerufen worden, um einer Diva zu helfen, deren Kehlkopf plötzlich wie gelähmt war, und er und Robin waren ins Gespräch gekommen. Sie war ebenfalls einem Notruf gefolgt – mehrere Instrumente waren beim Transport beschädigt worden.
    Ich dachte an die Art von Notfällen, mit denen die beiden zu tun hatten. Sie lebten beide in einer anderen Welt als ich.
    Soweit ich sehen konnte, war Tim gelassen, geduldig, sprach selten, es sei denn, man sprach mit ihm. Er war von einer Stimmbildnerin geschieden worden und hatte eine zwanzigjährige Tochter, die an der Juilliard studierte und ihn anbetete.
    Eine Woche, nachdem Robin ihn kennen gelernt hatte, rief sie mich an. Nachdem wir genug herumgedruckst hatten, begriff ich, dass sie um meine Erlaubnis bat.
    Ich sagte ihr, dass sie die nicht bräuchte, wünschte ihr alles Gute und legte auf. Dann fiel ich in ein tiefes Loch. Innerhalb eines Monats zogen sie und Tim zusammen.
    »So«, sagte er. Seine Stimme bewirkte, dass es profund klang. Vielleicht war er mit diesen Stimmbändern geboren worden, aber sie brachten mich auf die Palme.
    »Wie geht’s, Tim?«
    »Gut. Und Ihnen?«
    »Dito.«
    Er lehnte sich an den Türpfosten. »Eigentlich bin ich auf dem Sprung.«
    »On the road again?«
    »In der Tat. Die Straße nach Burbank – hört sich an wie ein Film mit Bob Hope und Bing Crosby.«
    »Viel Spaß.«
    Er wich nicht von der Stelle. »Sie sind hier, um …«
    »Spike zu besuchen.«
    »Tut mir Leid«, sagte er. »Er ist beim Tierarzt. Kriegt die Zähne gereinigt.«
    »Aha. Es gibt auch

Weitere Kostenlose Bücher