Blutnacht
»Sie und Baby Boy. Es könnte Ähnlichkeiten geben.«
»China? In welcher Beziehung?«
Ich sagte es ihr und fügte die nackten Tatsachen von Juliet Kippers Ermordung hinzu.
Sie wurde blass. »Ich vermute … Aber wirklich, es gibt so viele Unterschiede.«
»Du hast wahrscheinlich Recht«, erwiderte ich.
»Man könnte sagen, dass Chinas Karriere abhob«, erklärte sie. »Ihre Platten verkauften sich besser, als alle gedacht hatten. Aber trotzdem … Alex, ich hoffe, du irrst dich. Das wäre grauenhaft.«
»Mord an der Kunst?«
»Mord an Künstlern, weil sie auf dem Weg nach oben sind.« Sie war immer noch blass.
»Da wäre ich wieder«, sagte ich, »und bringe das Böse in dein Leben.« Ich stand auf. »Ich hatte Unrecht. Tim hatte Recht.«
»In welcher Hinsicht?«
»Als du mich das letzte Mal gesehen hast, warst du aufgeregt. Ich hätte es besser wissen sollen.«
Sie runzelte die Stirn. »Tim versucht mich zu beschützen … Ich habe mich aufgeregt. Aber nicht über irgendwas, was du getan hast.«
»Worüber dann?«
»Über alles. Den Zustand der Welt – all diese Veränderungen. Ich weiß, dass wir das Richtige getan haben, aber … dann Baby Boy. An einem Tag rede ich mit ihm, am nächsten Tag gibt es ihn nicht mehr. Zu der Zeit war ich vermutlich besonders leicht zu verletzen. Jetzt geht es mir besser. Mit dir zu reden hat mir geholfen.«
»Bis jetzt.«
»Sogar jetzt.«
Sie packte mich an den Handgelenken. »Du warst für mich da.«
»Zur Abwechslung.«
Sie ließ los und schüttelte den Kopf. »Bei unserer ganzen Vorgeschichte musst du immer noch nach Komplimenten fischen?«
Die Stelle, wo sie mich angefasst hatte, juckte.
»Setz dich«, sagte sie. »Bitte. Trink noch ein bisschen Tee. Wir können uns wie zivilisierte Menschen benehmen.«
Ich setzte mich.
»Baby Boy war mein Freund«, sagte sie. »Ich hatte keine Beziehung zu China. Mein einziger Kontakt mit ihr war dieser eine Job, und sie war nicht glücklich damit. Erinnerst du dich, wie sie mir den Stinkefinger gezeigt hat?«
»Sie hat uns den Stinkefinger gezeigt«, erwiderte ich. »Ich glaube, ich war der, von dem sie nichts hielt. Sie hat mich nur Mr. Yuppie genannt.«
»Sie war unausstehlich … das ist etwas, das sie nicht mit Baby gemeinsam hatte. Er war der netteste Mensch auf der Welt. Ein weiterer Unterschied ist, dass er wirklich begabt war. Und ihre Leiche war verborgen – nein, ich sehe es nicht, Alex. Ich wette, sie hat sich vom Falschen mitnehmen lassen, vielleicht das Maul zu weit aufgerissen und die Quittung dafür bekommen.«
»Das ergibt einen Sinn«, sagte ich. »Sie hat die Aufnahme wütend verlassen. Was ist mit ihrer Band? Hat einer von denen jemals aggressive Neigungen zu erkennen gegeben?«
»Diese Typen?«, sagte sie. »Wohl kaum. Sie waren wie China. Jungs vom College, die einen auf unartig machten. Und warum sollten sie China töten? Als sie gestorben ist, war auch die Band gestorben. Was hält Milo davon?«
»Ich hab ihn noch nicht gefragt.«
»Du bist zuerst hierher gekommen?«
»Du siehst viel besser aus.«
»Ich schätze, das hängt davon ab, wen du fragst.«
»Nein«, sagte ich. »Sogar Rick würde sagen, dass du süßer bist.« Ich stand wieder auf. »Vielen Dank, und es tut mir Leid, falls ich deinen Biorhythmus durcheinander gebracht habe. Leg dich ein bisschen hin.«
Ich machte mich auf den Weg zur Vorderseite des Hauses.
»Sie sind schwer, nicht wahr?«, rief sie hinter mir her.
»Wer?«
»Die Wechsel im Biorhythmus. Tim ist wundervoll zu mir, aber manchmal stelle ich immer noch fest, dass ich etwas zu dir sagen will … geht es dir gut?«
»Mir geht’s prima.«
»Behandelt sie dich gut?«
»Ja. Wie geht’s Spike?«
»Zu dumm, dass er nicht hier ist«, sagte sie. »Eine Wurzelhautbehandlung.«
»Autsch.«
»Sie behalten ihn über Nacht da. Du kannst ihn besuchen. Ruf an, um sicherzugehen, dass jemand hier ist.«
»Danke.«
»Okay«, sagte sie und stand auf. »Ich bringe dich vor die Tür.«
»Nicht nötig.«
»Nicht nötig, aber höflich. Mama hat mich gut erzogen.«
Sie brachte mich bis zum Bordstein. »Ich werde noch über China nachdenken und höre mich ein bisschen um. Falls mir irgendwas einfällt, lasse ich es dich wissen.« Breites Grinsen. »Hey, sieh mich an: die Detektivin.«
»Denk nicht mal dran«, erwiderte ich.
Sie nahm meine Hand in ihre beiden. »Alex, was ich vorhin gesagt habe, stimmt. Du hast mich nicht aufgeregt. Damals nicht und jetzt
Weitere Kostenlose Bücher