Blutnächte - 2
Finger strichen beruhigend über ihre Schläfe. „Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass du mir sagst, wo ich Isabella finden kann.“
„Ich glaube dir nicht“, beharrte sie stur.
„Das spielt keine Rolle.“ Ganz sachte streichelte er sie. Wie ein Vater sein Kind, begann er sie in den Armen zu wiegen.
Ihr wurde übel.
„Wie meinst du das?“
„Ich lasse dir einfach keine Wahl.“ Nun küsste er sie auch noch auf die Stirn. Die Nase. Die Wange. Alice erschauderte. Sie wurde butterweich unter seinen Händen. Ängstlich wartete sie darauf, dass er sie im nächsten Moment auf den Mund küssen würde. Aber er widmete sich stattdessen ihrem langen schlanken Hals. Kaum spürbar hatten sich seine spitzen Zähne im nächsten Augenblick in ihr Fleisch versenkt. Er trank langsam und genüsslich von ihrem Blut. Merkwürdigerweise empfand sie dabei keinen Verlust. Keinen Schmerz. Nur Lust. Ihre Arme schlangen sich willig um seinen Oberkörper. Sie presste den Vampir an sich und säuselte unverständliche Worte in sein Ohr.
Dann richtete er den Kopf wieder auf. Seine Lippen waren den ihren ganz nahe. Sie konnte ihr eigenes Blut riechen. In ihr regte sich der Impuls, die Zunge auszustrecken und von dem Lebenssaft zu kosten. Wie es wohl wäre? Ihr Blut von seinem Mund zu lecken?
„Entweder sagst du mir, wo ich sie finde“, er hielt kurz inne und betrachtete sie unverwandt, „oder ich werde dich einfach töten. Das wäre jammerschade. Dann hätten wir beide nichts davon.“
Sie wollte hysterisch auflachen. Das konnte er unmöglich ernst meinen! Was wollte er noch von Isabella? Hatte er nicht gerade angefangen, sie zu begehren? Doch sogleich traf sie sein eisiger Blick. Seine Augen würden selbst die Hölle gefrieren lassen.
„Gut“, sagte sie schnell. „Schon gut. Ich bringe dich zu ihr.“
Pascal streichelte noch einmal über ihre Wange. „Warum nicht gleich so?“
~~~
Nackt und triefnass stand Isabella auf der Matte vor ihrer Badewanne. Sie spürte den durchweichten Stoff unter ihren Füßen. Wie ein schwammiger Erdboden kam er ihr vor. Als würde sie an einem Regentag im Wald spazieren gehen.
Seit ihrem Besuch im „Club Noir“ erschien ihr das Leben merkwürdig unwirklich. Ihre Wahrnehmung hatte sich verändert. Zudem wurde sie von ungeahnten Sehnsüchten erfüllt. Immer wieder sah sie die schemenhafte Gestalt des mysteriösen Blonden vor sich.
Sie war sich unschlüssig, ob sie ihr Vorhaben wirklich in die Tat umsetzen und nach dem Vampir suchen sollte. Es gab keinen Grund, sich ihm an den Hals zu werfen. Viel eher hätte sie sich fürchten sollen. Aber sie war längst über ihren ersten panischen Anflug hinweg. Wie unsagbar aufregend die Nacht gewesen war! Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie an die ungestümen Berührungen des Vampirs zurückdachte.
Lächelnd setzte sie sich auf den Rand der Badewanne. Ihr eigenes, törichtes Verhalten rang ihr ein verzweifeltes Seufzen ab. Sie benahm sich wie ein liebeskranker Teenager. Dabei hatte sie doch ursprünglich ganz andere Ziele verfolgt. Das Finden und Studieren der Vampire. Und nun hatten sich ihre Interessen in derart primitiver Weise verschoben. Ihre Gedanken hätten kaum unzüchtiger sein können. Sie fragte sich, wann ein Mann sie je zuvor in eine ähnliche Erregung versetzt hatte. Aber ihr wollte keine Situation einfallen. Am liebsten wollte sie das alles ganz schnell wieder von sich abschütteln. Vielleicht würde ihr das auch nach einigen Tagen gelingen. Sie musste nur aufhören, an ihn zu denken.
Mechanisch griffen ihre Finger nach einem Handtuch, mit dem sie zuerst ihre tropfenden Haarsträhnen trocknete, um danach die feuchten Perlen von ihrer Haut zu rubbeln. Ihre langsamen Bewegungen wurden energischer, als ihr bewusst wurde, wie einfältig ihr ganzes momentanes Gefühlsleben war. Mit einem Ruck stand sie auf den Füßen und schlüpfte in die bereitgelegte Unterwäsche. Sie ließ das Wasser aus der Badewanne, zog sich T-Shirt und Jogginghose über. Der Drang, sich zu beschäftigen, egal wie, erfüllte sie.
Ziellos lief sie in ihr Wohnzimmer. Sie nahm den Telefonhörer in die Hand, wollte Louisas Nummer wählen, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder. Stattdessen schaltete sie die Stereoanlage ein und gleichzeitig den Fernseher, den sie auf lautlos stellte. Sie suchte in ihrem Bücherregal nach leichter Unterhaltung. Doch kaum hatte sie sich für einen der Romane entschieden und mit dem Lesen begonnen, sprang ihr das Wort „Vampir“
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