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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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wusste es nicht. Ich habe Sie nur gerade entdeckt. Oh, Jasper, ich dachte schon, ich würde Sie nie wiedersehen. Sie hatten es gestern Abend so eilig.«
    Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Er schaute sich um. Wo war ihr Hip-Sing-Freund? Schon im Zug? Dann gewahrte er einen Zigarren-Lieferwagen, der durch den Strom der hin und her eilenden Reisenden pflügte und von einem Chinesen geschoben wurde. Außerdem waren da drei Karrenladungen Bauschutt, gezogen von irischen Arbeitern. Der Wagen und die Karren kamen auf sie zu und umringten sie wie eine Wagenburg zur Abwehr eines Indianerangriffs.
    »Was tun Sie hier?«, fragte er.
    »Ich will jemanden von der Bahn abholen«, sagte sie.
    Wie eine Lockente habe ich vor dem Opernhaus gestanden, dachte Scully. Lange genug, um den Hip Sing aufzufallen und ins Visier genommen zu werden.
    Die irischen Arbeiter mit den Bauschuttkarren starrten ihn an. Gophers? Oder galt ihr Interesse nur dem hübschen Mädchen, das ihn anlächelte, als wäre es in ihn verliebt?
    Oder war ihnen aufgefallen, dass ich und Harry Warren einander erkannt hatten? Der Chinese mit der Zigarrenladung blickte in seine Richtung, die Miene wirkte ausdruckslos. Ein Ausputzer der Tong?
    Die Fahrkarte! Sie hat es so arrangiert, dass ich die Eisenbahnfahrkarte fand. Sie hat mich hergelockt. Er griff nach der Westentaschenpistole hinter seinem Rücken. Sogar die Polizeirazzia war ein Schwindel gewesen. Die Cops hatten sie gegen Bezahlung inszeniert, damit er mit dem Mädchen die Flucht ergriff.
    Etwas prallte gegen seinen Kopf.
    Ein Football hüpfte ihm vor die Füße, und ein großer, grinsender Collegeboy in Schlips und Kragen kam auf ihn zu. »Tut mir leid, Sir. Geschah nicht mit Absicht. Wir haben nur ein wenig herumgealbert.«
    Gerettet! Gerettet durch einen glücklichen Zufall, den er eigentlich nicht verdient hatte.
    Sechs stramme junge Männer aus gutem Haus spielten mit einem Ball herum, während sie auf einen Zug warteten, und hatten die Tong und die Gophers verscheucht. Sie kamen zu ihm, entschuldigten sich und wollten ihm die Hand schütteln, und plötzlich befanden er und Katy sich inmitten eines dichten Gedränges. Aber erst als drei der Studenten seine Arme festhielten und die kleine Katy eine dreißig Zentimeter lange Hutnadel aus ihrem Merry-Widow- Hut zog, erkannte Scully, dass Miss-Knock-out-Tropfen ihn überlistet hatte.
    Isaac Bell eilte durch die dicht bevölkerte Baustelle. Er entdeckte eine Menschenmenge an der Sperre zum 20th Century Limited. Ein Polizist rief: »Zurücktreten! Machen Sie Platz!«, und verlangte dann nach einem Arzt. Mit der schrecklichen Ahnung, dass er zu spät kam, drängte sich Bell zur Mitte der Menschenmenge durch.
    Der Polizist wollte ihn aufhalten.
    »Van Dorn!«, rief Bell. »Ist das einer von meinen Männern?«
    »Sehen Sie selbst.«
    John Scully lag auf dem Rücken, die starren Augen weit offen, die Hände auf der Brust gefaltet.
    »Sieht nach einem Herzschlag aus«, sagte der Cop. »Ist das Ihr Mann?«
    Bell kniete sich neben den Toten. »Ja.«
    »Tut mir leid, Mister. Wenigstens ist er friedlich gestorben. Hat wahrscheinlich gar nicht gespürt, wie es ihn er wischt hat.«
    Isaac Bell legte eine Hand auf Scullys Gesicht und schloss behutsam seine Augen. »Schlaf gut, mein Freund.«
    Ein lauter Pfiff ertönte. »Alles einsteigen!« Zugschaffner riefen: »20th Century Limited nach Chicago! Alles einsteigen!«
    Scullys Hut war unter seinen Kopf gerutscht. Bell griff danach, um das Gesicht des Toten damit zu bedecken. Als er die Hand zurückzog, war sie blutbesudelt.
    »Heilige Muttergottes«, stieß der Polizist, der sich über seine Schulter beugte, halblaut hervor.
    Bell drehte Scullys Kopf ein Stück zur Seite und sah den glänzenden Kopf einer Hutnadel, die aus dem weichen Fleisch in seinem Nacken ragte.
    »Alles einsteigen! Alles einsteigen! 20th Century Limited nach Chicago! Alles einsteigen!«
    Bell durchsuchte Scullys Taschen. In der Innentasche des Jacketts fand er einen Briefumschlag mit seinem Namen darauf. Bell erhob sich und riss den Umschlag auf. Er enthielt eine mit schwarzen Lettern geschriebene Botschaft des Mörders:
    AUGE UM AUGE, BELL.
    SIE HABEN SICH WEEKS VERDIENT,
    DAHER ZÄHLEN WIR IHN NICHT MIT.
    ABER FÜR DEN DEUTSCHEN
    SIND SIE MIR ETWAS SCHULDIG.
    »Mr Bell! Mr Bell!« Ein Van-Dorn-Lehrling näherte sich im Laufschritt. Er war außer Atem. »Telegramm von Van Dorn.«
    Bell überflog es.
    Yamamoto Kentas Leiche war aus dem Potomac

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