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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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die meint, dass ich ihr Ein und Alles sei. Da sie mehr Geld geerbt hat, als ich in einem ganzen Leben zusammenstehlen kann, habe ich nicht vor, ihr diesen Gedanken auszureden.«
    »Darf ich dem Zugführer bestellen, dass seinem Expresswagen keine Gefahr droht?«
    »Er ist absolut sicher. Das Verbrechen lohnt sich nicht mehr. Was ist denn mit Ihnen, Isaac? Unterwegs zur Zentrale in Chicago?«
    »Eigentlich bin ich hinter jemandem her«, sagte Bell. »Und ich wette, dass sogar Juwelendiebe, die auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt sind, ihre Mitreisenden in Luxuszügen genau unter die Lupe nehmen. Sind dir irgendwelche Ausländer aufgefallen, die für mich von Interesse sein könnten?«
    »Mehrere. Tatsächlich befindet sich einer sogar hier im Wagen.«
    Rosania deutete mit einem Kopfnicken zum hinteren Teil des Clubwagens und senkte die Stimme. »Da ist ein Deutscher, der so tut, als sei er ein Kaufmann. Sollte das stimmen, dann ist er der unangenehmste Geschäftsmann, den ich je gesehen habe.«
    »Der steife Kerl mit dem langen Hals, der wie ein preußischer Offizier aussieht?« Bell hatte Shafer bereits beim Betreten des Clubwagens bemerkt. Der Deutsche war etwa dreißig Jahre alt, trug teure Kleidung und strahlte eine eisige Kälte aus.
    »Würden Sie dem was abkaufen?«
    »Nicht, wenn es nicht unbedingt sein müsste. Sonst noch jemand?«
    »Achten Sie auf den schmierigen Australier, der eine Goldmine verkaufen will.«
    »Dem Schaffner ist er ebenfalls aufgefallen.«
    »Ein guter Zugführer ist nicht so leicht hinters Licht zu führen.«
    »Er hat dir keinen Tipp gegeben?«
    »Ich sagte doch, ich bin anständig geworden.«
    »Hätt ich fast vergessen«, meinte Bell grinsend. Dann fragte er: »Kennst du einen Edelsteinimporteur namens Erhard Riker?«
    »Mit Herrn Riker habe ich niemals zu tun gehabt.«
    »Warum nicht?« »Aus dem gleichen Grund, weshalb ich auch nie auf die Idee käme, einen Van-Dorn-Safe zu knacken. Riker hat seinen eigenen Sicherheitsdienst.«
    »Was weißt du sonst noch von ihm?«
    »Früher war das alles, was ich von ihm wissen musste.«
    Bell stand auf. »Es war interessant, dich wiederzusehen, Larry.«
    Rosania machte plötzlich ein verlegenes Gesicht. »Eigentlich, wenn es Ihnen nichts ausmacht, nenne ich mich jetzt Laurence. So nennt mich nämlich die Witwe am liebsten. Sie meint, das klinge viel vornehmer.«
    »Wie alt ist diese Witwe denn?«
    »Achtundzwanzig«, antwortete Rosania selbstgefällig.
    »Herzlichen Glückwunsch.«
    Während Bell sich abwandte, um zu gehen, rief Rosania: »Einen Moment noch.« Wieder senkte er die Stimme. »Haben Sie die Chinesen gesehen? Im Zug sind gleich zwei davon.«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Ich würde denen nicht über den Weg trauen.«
    »Wie ich gehört habe, sind sie Theologiestudenten«, sagte Bell.
    Laurence Rosania nickte weise. »Prediger haben die Eigenschaft, stets unsichtbar zu sein. Als ich mit der Theologiestudenten-Nummer unterwegs war und die alten Ladys mich zu ihren Nichten und Enkeltöchtern mitgenommen haben, sahen die Villenbesitzer meistens durch mich hindurch, als sei ich ein Möbelstück.«
    »Danke für die Hilfe«, sagte Bell und nahm sich vor, bei der nächsten Gelegenheit, wenn die Lokomotiven wieder ausgetauscht wurden, dem Direktor von Sing-Sing ein Telegramm zu schicken, in dem er ihm empfahl, seine Insassen mal durchzuzählen.
    Er ging durch den Clubwagen zurück und betrachtete den Deutschen. Die geschickte europäische Maßschneiderei kaschierte eine kräftige Gestalt. Der Mann saß kerzengerade und stramm wie ein Kavallerieoffizier auf seinem Stuhl. »Guten Tag«, sagte Bell mit einem Kopfnicken.
    Herr Shafer reagierte mit einem eisigen, stummen Blick, und Bell erinnerte sich, von Archie erfahren zu haben, dass die Bürger des von Kaiser Wilhelm regierten Deutschland, und zwar weibliche wie männliche, in der Eisenbahn ihre Sitzplätze für Offiziere des Militärs frei machen mussten. Wenn man das bei uns verlangte, dachte Bell, würde man sich eins auf die Nase einhandeln. Und zwar von Männern und Frauen.
    Er wanderte weiter zum Ende des Zuges durch sechs Pullman- und Abteilwagen und gelangte schließlich in den Aussichtswagen, in dem Passagiere bei diversen Cocktails saßen und der untergehenden Sonne zusahen, die den Himmel über dem Hudson River mit ihrem roten Leuchten erfüllte. Die chinesischen Theologiestudenten trugen identische schlecht geschnittene schwarze Anzüge. Jeder wies über dem Herzen eine Wölbung

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