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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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auf, die auf eine Taschenbibel in der Innentasche schließen ließ. Sie saßen mit einem bärtigen Engländer in einem Tweedanzug zusammen, in dem Bell ihren Beschützer, den Journalisten und Romancier Arnold Bennett, vermutete.
    Bennett war ein robust aussehender Mann mit kräftiger Statur. Er erschien ein wenig jünger, als Bell ihn aufgrund seiner Artikel, die er in Harper's Weekly gelesen hatte, eingeschätzt hätte. Im Augenblick äußerte er sich vor einem Auditorium wie gebannt lauschender Chicagoer Geschäftsleute über die Annehmlichkeiten des Reisens in den Vereinigten Staaten. Während Bell ihm ebenfalls für einen Moment zuhörte, gewann er den Eindruck, dass der Schriftsteller treffende Formulierungen für seinen nächsten Artikel testete.
    »Kann ein Mann etwas Stolzeres sagen als ›Dies ist der Zug der Züge, und ich habe darin ein Privatabteil‹?«
    Ein Kaufmann mit einer ebenso dröhnenden Stimme wie Dorothy Langners Ted Whitmark prahlte: »Es ist bei weitem der beste Zug der Welt.«
    »Der Broadway Limited ist aber auch nicht zu verachten«, bemerkte sein Begleiter.
    »Alte Leute fahren mit dem Broadway Limited«, erklärte der Kaufmann spöttisch. »Der 20th Century ist der Zug der Aufstrebenden und Erfolgreichen. Deshalb ist er ja auch gerade bei den Männern aus Chicago so beliebt.«
    Arnold Bennett ergriff wieder das Wort und gab der Unterhaltung geschickt eine neue Richtung. »Ihr amerikanischer Luxus erstaunt mich immer wieder. Wissen Sie, dass ich an dem Ventilator in meinem Schlafabteil drei verschiedene Geschwindigkeiten wählen kann? Ich denke, damit werde ich die ganze Nacht meinen Spaß haben.«
    Die Männer aus Chicago lachten, klopften sich auf die Schenkel und bestellten beim Steward weitere Drinks. Die Chinesen lächelten unsicher, und Isaac Bell fragte sich, wie viel Englisch sie verstehen mochten. Empfanden die schmächtigen jungen Männer in Gegenwart großer und lärmender Amerikaner so etwas wie Angst? Oder waren sie nur schüchtern?
    Als Bennett eine Zigarette aus einem goldenen Etui nahm, zündete einer der Studenten ein Streichholz an, und der andere schob einen Aschenbecher zurecht. In Beils Augen sah es so aus, als fungierten die beiden Studenten sowohl als Schutzbefohlene wie auch als Leibdiener des Journalisten.
    Kurz vor Albany überquerte der Zug den Hudson River auf einer hohen Bockbrücke, unter der hell erleuchtete Dampfboote kreuzten. Kurz darauf hielt er auf dem Rangierbahnhof an. Während die Eisenbahner der New York Central die Lok abkoppelten und eine andere sowie einen Speisewagen fürs Abendessen anhängten, schickte und holte Isaac Bell mehrere Telegramme ab. Die neue Lokomotive, ebenfalls eine Atlantic 4-4-2, aber mit deutlich größeren Antriebsrädern als die vorherige Lok, rollte bereits an, als er wieder einstieg und sich in seinem Abteil einschloss.
    In der kurzen Zeit, seit er seine Telegramme von Harmon abgeschickt hatte, war die Rechercheabteilung mit ihren Nachforschungen über den Deutschen, den Australier, die Chinesen in Arnold Bennetts Begleitung und Herrn Rikers Mündel nicht weitergekommen. Dafür hatten die Van-Dorn-Agenten, die zum Grand Central Terminal geeilt waren, erste Zeugen vernommen und sich ein erstes Bild von Scullys Ermordung machen können. Zwar hatten sie niemanden gefunden, der tatsächlich gesehen hatte, wie die Hutnadel in John Scullys Nacken gebohrt worden war, aber es schien auf jeden Fall so, dass der Mord mit militärischer Präzision geplant und ausgeführt worden war.
    Eines war jetzt bekannt: Ein chinesischer Zigarrenlieferant, der Nachschub für den Zug gebracht hatte, berichtete, dass er gesehen habe, wie Scully auf den Bahnsteig des 20th Century geeilt war. Anscheinend hatte er jemanden gesucht.
    Irische Arbeiter, die Bauschutt abtransportierten, berichteten, dass Scully sich mit einer hübschen Rothaarigen unterhalten habe. Dabei hätten sie den Eindruck gemacht, als würden sie sich sehr gut kennen.
    Der Polizeibeamte war erst erschienen, als sich die Menschenmenge gesammelt hatte. Aber ein Reisender hatte eine Gruppe von Collegestudenten beobachtet, die sich plötzlich um Scully und die Rothaarige drängten, »als befände er sich innerhalb einer Keilformation«.
    Dann hatten sie sich wieder entfernt, und Scully lag auf dem Bahnsteig.
    Wohin waren sie verschwunden?
    Überallhin, wie geschmolzenes Eis.
    Wie sahen sie aus?
    Collegeboys.
    »Sie haben ihm eine perfekte Falle gestellt«, hatte Harry Warren es in

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