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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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Drehen Sie sich um!«
    Bell warf einen Blick über seine Schulter. Das Geländer war niedrig. Das Gleisbett verschwand hinter dem Zug mit fünfzig Meilen in der Stunde, ein verschwommener Schemen aus Stahlschienen, eisernen Schwellennägeln, grobem Schotter und Holzschwellen. Wenn er sich jetzt umdrehte, würden sie ihm den Schädel mit dem Pistolenlauf einschlagen oder ihm ein Messer in den Rücken rammen und ihn über das Geländer werfen.
    Er öffnete seine Hand.
    Die Telegramme flogen davon, tanzten und wirbelten im Fahrtwind und flatterten wie ein Schwärm aufgeschreckter Vögel in Louis' Gesicht.
    Bell streckte die Arme hoch, bekam die Kante der Markise zu fassen, zog die Beine an und trat mit einem Stiefel nach Harolds Kopf. Harold wich mit einem Satz nach links aus, wo Bell ihn haben wollte, und machte den Weg zu dem roten Handgriff der Notbremse des Zuges frei.
    Jeder Zweifel daran, dass sie keine Theologiestudenten waren, verflüchtigte sich, als Beils Hand nur noch drei Zentimeter von der Notbremse entfernt war. Louis schmetterte die Pistole gegen Beils Handgelenk und drückte sie von dem Griff weg. Unfähig, den Zug abrupt zu stoppen, ignorierte Bell den brennenden Schmerz in seinem rechten Handgelenk und schlug mit der Linken zu. Sie landete im Ziel und krachte mit ausreichender Wucht gegen Louis' Stirn, um ihn in die Knie gehen zu lassen.
    Aber Harold hatte sich wieder erholt. Indem er seine Kräfte und sein Gewicht wie ein austrainierter Kämpfer kombinierte, benutzte der drahtige Chinese seine Pistole wie einen stählernen Schlagstock. Der Lauf traf Beils Hut. Die dicke Filzkrone und das Federstahlband darin dämpften den Treffer zwar, aber der Schwung brachte ihn aus dem Stand. Uber sich sah er die Markise rotieren, dann den Himmel, und dann kippte er über das Geländer und stürzte dem Gleis entgegen. Alles schien sich plötzlich mit quälender Langsamkeit zu bewegen. Er sah die Eisenbahnschwellen, die Waggonräder, die Karosserie und die Stufen der Plattform. Er packte die oberste mit beiden Händen. Seine Stiefel prallten auf die Schwellen. Für den Bruchteil einer Sekunde versuchte er mit fünfzig Meilen in der Stunde rückwärtszulaufen. sich an die Stufe klammernd und in dem Bewusstsein, dass es sein Ende bedeuten werde, wenn er den Halt verlieren sollte, beugte er die Arme, als wollte er einen Klimmzug machen, und hievte die Beine auf die unterste Stufe.
    Harolds Pistole kam blitzartig herunter. Sie füllte den gesamten Himmel aus. Bell griff an der Pistole vorbei, um Harolds Handgelenk zu packen, und zog mit aller Kraft. Der Tong-Gangster wurde über ihn hinwegkatapultiert, flog durch die Luft und prallte gegen einen Telegraphenmast, wobei sich sein Körper nach hinten durchbog und wie ein Hufeisen um den Mast legte.
    Sich an die Plattformtreppe klammernd, griff Bell nach seiner eigenen Waffe. Doch ehe er sie herausziehen konnte, spürte er die Mündung von Louis' automatischer Pistole an seinem Kopf. »Jetzt sind Sie fällig.«

40
    Bell stemmte die Füße gegen die unterste Stufe, um abzuspringen, und schaute blitzschnell auf den vorbeirasenden Untergrund. Von seinem unsicheren Platz auf der Plattformtreppe aus konnte er weiter vorausblicken als Louis. Neben dem Zug fiel eine steile, aus Schotter aufgeschüttete Böschung ab. Gesäumt wurde sie von einer endlosen Reihe von Telegraphenmasten sowie vereinzelten Gruppen dicker Bäume, die nicht weniger tödlich als die Masten sein würden. Aber weit voraus begann ein freies Feld, auf dem Schafe weideten. Ein Stacheldraht verlief neben dem Gleiskörper, um die Tiere von den Schienen fernzuhalten. Er musste den Zaun überwinden, wenn er ernsthaft hoffen wollte, den Sprung zu überleben. Aber zuerst brauchte er fünf Sekunden Aufschub, um überhaupt bis zu dem Feld zu gelangen.
    Er erhob die Stimme über den dröhnenden Wind und das Rattern der Räder. »Ich bleibe Ihnen auf den Fersen, Louis!«
    »Falls Sie am Leben bleiben, brauche ich nur auf das Klappern von Krücken zu achten.«
    »Ich werde niemals aufgeben«, sagte Bell und verschaffte sich damit eine weitere Sekunde. Er hatte die mit Gras bewachsene Weide nun fast erreicht. Die Böschung war steiler, als es ihm aus der Ferne betrachtet vorgekommen war.
    »Die letzte Chance, Bell. Springen Sie!«
    Bell konnte die nächste Sekunde herausschinden. »Niemals!«
    Dann stieß er sich zu einem verzweifelten Kopfsprung ab, der ihn über den Zaun tragen sollte. Zu niedrig. Er entging einem

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