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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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Telegraphenmast um gut einen halben Meter und einem Zaunpfahl nur um wenige Zentimeter. Aber der oberste Stacheldraht des Zauns sprang ihm regelrecht ins Gesicht. Der Sog des Zuges erfasste ihn mit brutaler Gewalt - und die Windschleppe hievte seinen fliegenden Körper über den Draht. Er landete mit dem Gesicht zuerst im Gras: wie ein Baseballspieler, der die zweite Base stiehlt. Dann versuchte er, Arme und Beine anzuziehen und sich zu einer Kugel zusammenzurollen. Er kullerte durchs Gelände, unfähig, einem Stein oder einem anderen Hindernis auf seinem Weg auszuweichen. Bei aller unkontrollierten Bewegung sah er plötzlich etwas Solides vor sich auftauchen und hatte keine andere Wahl, als zuzulassen, dass er dagegen geworfen wurde.
    Der Aufprall schüttelte jede Faser in seinem Körper durch. Schmerz und Dunkelheit hüllten seinen Kopf ein. Er bekam vage mit, dass sich seine Arme und Beine selbstständig gemacht hatten und wie die Gliedmaßen einer Vogelscheuche umherflatterten, während er weiter durchs Gras rollte. Er hatte nicht die Kraft, sie wieder einzuziehen. Die Dunkelheit nahm zu. Nach einer Weile gewann er mehr und mehr den Eindruck, dass er aufgehört hatte, sich unkontrolliert zu bewegen. Er hörte den Schlag einer Trommel. Der Boden erzitterte unter ihm. Dann wurde er von vollkommener Schwärze verschluckt und erstarrte ganz und gar zu Reglosigkeit.
    Irgendwann verstummte das Trommeln. Dann hob sich die Dunkelheit. Seine Augen waren offen und starrten in den dunstigen Himmel. Im Geist sah er eine um ihn herumwirbelnde Weide voller Schafe. Sein Kopf schmerzte. Die Sonne war um mindestens eine Stunde weiter nach Westen gewandert. Und als er sich aufsetzte und sich umschaute, gewahrte er eine Herde echter Schafe - ungeschorene Wollknäuel, die friedlich am Gras knabberten, alle bis auf eins, das mindestens einhundert Meter entfernt war und sich abmühte aufzustehen.
    Bell massierte sich den Kopf, dann tastete er sich auf der Suche nach gebrochenen Knochen ab und fand keinen. Er erhob sich schwankend und ging zu dem Schaf hinüber, um nachzusehen, ob er es so schwer verletzt hatte, dass er es würde erschießen müssen, um es von seinem Leiden zu erlösen. Aber als würde es durch Bells Erfolg beflügelt, gelang es dem Tier, sich auf alle viere zu erheben und zur Herde zurückzuhumpeln. »Tut mir leid, Partner«, sagte Bell. »Hatte nicht vor, dich als Prellbock zu benutzen. Bin aber froh, dass ich es getan habe.«
    Dann suchte er seinen Hut.
    Als er einen Zug kommen hörte, kletterte er die Böschung hinauf und baute sich mitten auf dem Gleis auf. Dort blieb er schwankend stehen, bis der Zug anhielt und der Kuhfänger der Lok fast seine Knie berührte. Ein Lokführer mit zornig gerötetem Gesicht schwang sich aus dem Führerstand herab und kam zum vorderen Ende der Lok. »Was zum Teufel glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?«
    »Ein Van-Dorn-Agent«, antwortete Bell. »Der schnellstens nach Napa Junction kommen muss.«
    »Denken Sie, das gibt Ihnen das Recht, so zu tun, als gehöre Ihnen die Eisenbahn?«
    Bell knöpfte die Innentasche seines mit Grasflecken übersäten Jacketts auf und präsentierte den einschüchterndsten der zahlreichen Eisenbahn-Passierscheine, die er stets bei sich führte. »Auf gewisse Weise tue ich das, ja.« Er stolperte zur Leiter des Führerstandes und kletterte hinauf.
    In Napa Junction berichtete der Bahnhofsvorsteher: »Der englische Geistliche und sein chinesischer Missionsstudent haben den Zug in nördliche Richtung nach St. Helena genommen.«
    »Wann geht der Zug nach St. Helena ab?«
    »Der Limited nach Norden fährt um fünfzehn Uhr drei ab.«
    »Moment.« Bell stützte sich auf den Schreibtisch des Eisenbahners. »Was haben Sie gesagt?« Erneut erschien vor seinem geistigen Auge ein wild umhertanzender Reigen weidender Schafe. »Ein Geistlicher?«
    »Reverend J. L. Skelton.«
    »Kein Schriftsteller? Kein Journalist?«
    »Seit wann tragen Zeitungsleute diese weißen Betonkragen?«
    »Und er wollte nach Norden?« Weg von Marc Island also.
    »Eindeutig.«
    »Hat er den chinesischen Studenten mitgenommen?«
    »Das sagte ich doch. Er hat zwei Karten zum Mount Helen gelöst.«
    »Haben Sie mit eigenen Augen gesehen, wie die beiden eingestiegen sind?«
    »Ich sah sie einsteigen. Ich sah auch, wie der Zug den Bahnhof verließ. Und ich kann Ihnen versichern, dass er nicht zurückgekommen ist.«
    »Wann geht der nächste Zug nach Süden?«
    »Der Zug nach Vallejo ist soeben

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