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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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Thompson und Billy Collins mit O'Shay die Gegend unsicher gemacht hatten.
    »Billy Collins. Ein großer, hagerer Bursche. Rotes Haar. Mittlerweile vielleicht mit grauen Strähnen.«
    »Noch nie von ihm gehört.«
    »Haut und Knochen«, sagte Bell und wiederholte, was Harry Warren und seine Leute über das Aussehen des Opium- und Morphiumsüchtigen nach so vielen Jahren vermutet hatten. Sie wussten, dass er noch am Leben war, zumindest während der vergangenen Woche. »Wahrscheinlich fehlen ihm ein paar Zähne.«
    »Woher kommst du, Opa?«
    »Aus Chicago.«
    »Nun, hier gibt es 'ne ganze Menge Typen ohne Zähne. Du bist der nächste.« Er hob seine knochige Faust. »Verschwinde! Renn, alter Mann! Renn!«
    Bell sagte: »Billy Collins war mit Tommy Thompson und Eyes O'Shay zusammen, als sie noch Kinder waren.«
    Der Schläger wich einen Schritt zurück. »Gehörst du zu den Gophers?«
    »Ich suche nur nach Billy Collins.«
    »Ja, nun, da bist du nicht der Einzige.« Er nahm die Beine in die Hand und rief noch über die Schulter: »Jeder fragt nach ihm.«
    Das sollte auch so sein, dachte Bell. Wenn man sich ansah, was es die Agentur kostete. Zusätzlich zu Harry Warrens Jungs ließ er zweihundert Eisenbahncops die gleichen Fragen stellen, wann immer sie mit Gophers zusammenstießen, die versuchten, Güterwagen auszuräumen. Bell fragte sich, wo sich ein Rauschgiftsüchtiger wohl verstecken würde. Wo schlief er? Woher bekam er sein Rauschgift? Wie geschah es, dass ihn niemand in einem Viertel sah, wo jeder jeden kannte?
    Billy Collins war durchaus gesehen worden, und zwar mehrmals in der Nähe eines Kohlenlagers im Güterbahnhof an der 38th Street, wo Lokomotivtender beladen wurden, zweimal in der Nähe eines verlassenen Güterzugbegleitwagens in der 60th Street. Ausgewählte Männer überwachten beide Orte. Und Bell selbst hatte das Gefühl, als hätte er Collins in einem vom Wind erzeugten Wirbel dichten Lokomotivdampfs gesehen - eine klapperdürre Gestalt, die zwischen Güterwagen herumhuschte. Bell war sofort losgerannt, hatte außer ein paar Dampfwolken jedoch nichts gefunden.
    Seitdem war der Einzige, der vielleicht wusste, wohin O'Shay fünfzehn Jahre zuvor verschwunden sein könnte, an keiner der beiden Stellen wieder aufgetaucht. Positiv zu vermerken war immerhin, dass sie genügend Meldungen erhalten hatten, um mit einiger Sicherheit annehmen zu können, dass er noch lebte, und sie konnten davon ausgehen, dass er in diesem Fall Hell's Kitchen kaum verlassen würde.
    Eyes O'Shays Aufenthaltsort war eine ganz andere Sache. Jeder über dreißig kannte seinen Namen. Doch niemand hatte ihn in fünfzehn Jahren zu Gesicht bekommen. Einige Leute hatten gehört, dass er wieder zurückgekehrt sei. Niemand gab zu, ihn tatsächlich gesehen zu haben. Aber Bell wusste, dass ein Mann, der von Tommy Thompson als »aufgedonnert wie ein Fifth-Avenue-Stenz« beschrieben wurde, praktisch überall schlafen und speisen konnte, ohne besonders aufzufallen.

45
    »Taxi, Sir?«, fragte der Portier des Waldorf Astoria einen Hotelgast, der gerade in Zylinder und lodengrünem Bratenrock auf die Straße trat.
    »Ich gehe ein wenig spazieren«, sagte Eyes O'Shay.
    Einen Gehstock mit edelsteinbesetztem Knauf schwingend, schlenderte er die Fifth Avenue hinauf und blieb wie ein Tourist gelegentlich stehen, um die eine oder andere Villa eingehender zu betrachten oder sich die Auslagen in einem Ladenschaufenster anzusehen. Als er einigermaßen sicher sein konnte, nicht verfolgt zu werden, betrat er die St. Patrick's Cathedral durch den hohen gotischen Vordereingang. Im Kirchenschiff machte er eine Kniebeuge, als wäre es eine tägliche Gewohnheit, ließ ein paar Münzen in den Opferstock fallen und zündete einige Kerzen an. Dann warf er den Kopf in den Nacken, betrachtete sinnierend die fleckigen Glasscheiben des Rosenfensters und imitierte den stolzen Blick eines Pfarreimitglieds, das soeben eine beträchtliche Summe für den Renovierungsfond gespendet hatte.
    Seit Isaac Bell Tommy Thompson geschnappt hatte, musste er davon ausgehen, dass jeder Van-Dorn-Agent in New York - plus zweihundert Bahnpolizisten und der Teufel mochte wissen wie viele weitere bezahlten Informanten noch - die Jagd auf ihn eröffnet hatten oder es in Kürze tun würden. Er verließ die Kirche durch den Hinterausgang, suchte sich seinen Weg zwischen Laufgängen und Baugerüsten, auf denen Maurer und Steinmetze an der Fertigstellung der Muttergottes-Kapelle arbeiteten, und

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