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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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spendiere ich Ihnen ein Bier.« Während er sich zum Gehen wandte, meinte er noch: »Ich glaube, ich hole mir auch so eine Fliege für den Unabhängigkeitstag. Die Kellner trugen diese Dinger im Zelt vom großen Boss.«
    Bell blieb noch einen Moment stehen und sah zu, wie der Mann seine Karre zum Schiffsheck schob. Ein großer Mann, hager, blass, das Haar unter die Mütze gestopft. Außer Bill Strong, der mit seinem Rammstock weit vorn am Bug kauerte, war er der einzige Mann an der Helling. War es ein Zufall, dass er eine Kellnerfliege trug? Hatte er sich durchs Tor geschmuggelt, indem er so tat, als sei er ein Kellner, bis niemand mehr an der Helling war und er Gelegenheit hatte, ungehindert aktiv zu werden? Sein Passierschein hatte den Detektiv überzeugt. Selbst auf diese Entfernung hin hatte Bell erkennen können, dass er die richtige Farbe hatte.
    Der Mann begann, hastig Talgklumpen aus der Schubkarre auf die Gleitschienen zu schaufeln. So hastig, stellte Bell fest, dass es eher aussah, als wolle er um jeden Preis die Schubkarre leeren, statt die Schmiere gleichmäßig zu verteilen.
    Isaac Bell stürmte die Treppe hinunter. Er rannte am Schiffsrumpf entlang und zog gleichzeitig seine Browning.
    »Stopp!«, rief er. »Hände hoch!«
    Der Mann wirbelte herum. Seine Augen waren tellergroß. Angst verzerrte seine Miene.
    »Schaufel fallen lassen! Pfoten hoch!«
    »Was ist los? Ich habe doch meinen roten Passierschein vorgezeigt.« Er hatte einen deutschen Akzent.
    »Weg mit der Schaufel!«
    Der Mann umklammerte den Stiel so krampfhaft, dass die Sehnen wie Taue auf seinen Händen hervortraten.
    Gedämpfter Jubel brandete über Beils Kopf auf. Der Deutsche blickte hoch. Ein Zittern durchlief das Schiff. Plötzlich bewegte es sich. Bell schaute ebenfalls hoch und spürte von oben eine Bewegung. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie sich ein Balken, dick wie eine Eisenbahnschwelle, vom Rumpf löste und auf ihn zukippte. Er machte einen Satz zurück. Der Balken krachte auf die Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte, fegte ihm den breitkrempigen Hut vom Kopf und streifte seine Schulter mit der Wucht eines austretenden Pferdes.
    Ehe Bell sein Gleichgewicht wiederfand, holte der Deutsche mit der Schaufel aus, biss die Zähne zusammen und schlug mit der Entschlossenheit eines Baseballspielers zu, der einen Soft Pitch in einen Home-Run verwandeln wollte.

24
    Die Plattform, auf der die Schiffstaufe vorgenommen werden sollte, begann unvermittelt, heftig zu schwanken.
    Die versammelten Gäste verstummten.
    Plötzlich fühlte es sich an, als weigere sich das Schlachtschiff Michigan nach drei Jahren, in denen Tonnen von Stahl durch Nieten und Schrauben miteinander verbunden worden waren, auch nur einen Moment länger zu warten. Niemand hatte den elektrischen Knopf berührt, der die Kielblockrammen aktivierte, die wiederum den Schlitten freigaben. Aber das Schiff bewegte sich trotzdem. Einen Zentimeter weit. Dann einen zweiten.
    »Jetzt!«, rief der stellvertretende Marineminister mit schriller Stimme seiner Tochter zu.
    Das Mädchen, weitaus aufmerksamer als er, holte bereits mit der Flasche aus und schleuderte sie in Richtung Schiffsrumpf.
    Glas zerschellte. Champagner schäumte durch das geflochtene Netz, und das Mädchen rief mit glockenheller Stimme: »Ich taufe dich auf den Namen Michigan!«
    Die mehrere hundert Zuschauer auf der Plattform applaudierten. Tausend weitere an den Flussufern, zu weit entfernt, um die Flasche zerplatzen oder die langsame Bewegung des Schiffsrumpfs sehen zu können, hörten den Beifall der Zuschauer auf der Plattform und brachen ebenfalls in lauten Jubel aus. Schlepper und Dampfer auf dem Fluss ließen ihre Nebelhörner ertönen. Auf dem Eisenbahngleis hinter der Werfthalle zog ein Lokomotivführer an der Leine seiner Dampfpfeife. Und langsam, sehr langsam, gewann das Schlachtschiff an Tempo.
    Unter dem Schiff schmetterte die Schaufel des Deutschen Bell die Pistole aus der Hand und krachte gegen seine Schulter. Durch den umkippenden Stützbalken bereits aus dem Gleichgewicht gebracht, versetzte ihn die Schaufel in eine Kreiseldrehung.
    Der Deutsche kehrte mit einem Satz zu seiner Schubkarre zurück, stieß die Hände in die weiche Masse und bestätigte damit, was Bell bereits von der Treppe aus gesehen hatte. Er hatte nicht nur Talg auf die Helling geschaufelt, um den Eindruck zu erwecken, er erledige seine Arbeit, sondern auch um freizulegen, was er unter dem Talg versteckt hatte. Mit einem

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