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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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Frühling dauerte schon bis in den Mai hinein an, und ein eisiger Wind wehte über den East River. Alle drei trugen Mäntel. Der Mantel der Frau besaß einen Zobelkragen, der zu dem Hut passte, den sie mit einer Hand festhielt, damit er von den Windböen nicht mitgerissen wurde.
    »Weshalb will er die Ölfelder besichtigen?«
    »Gestern Abend beim Dinner erklärte Sutherland, Öl sei der kommende Treibstoff für die Schifffahrt. Und da Abbington-Westlake seines Zeichens Marineattaché ist, können Sie darauf wetten, dass mit Schifffahrt Dreadnoughts gemeint sind.«
    »Wie konnten Sie das mithören?«
    »Sie haben mich für einen Kellner gehalten.«
    »Dann übernehme ich, ehe sie eine neue Bestellung aufgeben.«
    »Wollen Sie das Fernglas behalten?«
    »Nein, ich mache mich direkt an sie heran.«
    Scudder Smith tauchte zwischen den Passanten unter, die in Richtung Manhattan strömten.
    Bell hingegen steuerte auf die Scheintouristen zu.
    Als er sich der Mitte des Brückenbogens näherte, gewann er einen ungehinderten Blick auf den Brooklyn Navy Yard nördlich der Brücke. Er konnte sämtliche Hellingen sehen, sogar einen Teil der nördlichsten, auf der die ersten Abschnitte von Hull 44 zu sehen waren. Alle waren offen und den Launen des Wetters ungeschützt ausgeliefert. Darin unterschieden sie sich grundlegend von den geschlossenen Werfthallen der New York Ship in Camden. Ausladende Brückenkräne bewegten sich auf erhöhten Schienen, die ihnen gestatteten, direkt über den Schiffen anzuhalten, die sich im Bau befanden. Rangierlokomotiven schoben und zogen mit Stahlplatten beladene Güterwagen über das Werftgelände.
    In einiger Entfernung von den Werftanlagen transportierten Pferdefuhrwerke und motorisierte Lastwagen Lebensmittelvorräte zu den Kriegsschiffen, die in Slips neben dem Fluss vertäut waren. Lange Schlangen von weiß gekleideten Matrosen schleppten schwere Säcke zahlreiche Gangways hinauf. Bell entdeckte ein Trockendock, das gut zweihundertfünfzig Meter lang und fünfunddreißig Meter breit war. In der Mitte der Bucht ragte eine künstliche Insel mit Docks, Hellingen und Slips aus dem Wasser. Eine Fähre pendelte zwischen der Insel und dem Festland hin und her, und Fischerboote und Dampfkähne schoben sich langsam stromauf und stromab durch einen Kanal, der die künstliche Insel und einen Markt am Ufer miteinander verband.
    Das Trio ließ sich nicht beim Fotografieren stören, als Bell sich näherte. Er tauchte ganz plötzlich aus dem dichten Gewimmel des nach Brooklyn fließenden Fußgängerstroms auf, holte seine 3A Folding Pocket Kodak hervor und rief: »Hören Sie, soll ich Sie alle drei nicht mal gemeinsam auf die Platte bannen?«
    »Nicht nötig, alter Junge«, erwiderte Abbington-Westlake in einem jovial herablassenden aristokratischen Tonfall. »Außerdem, wie sollen wir später an den Film herankommen?«
    Bell fotografierte sie trotzdem. »Ich kann doch eine Ihrer Kameras nehmen. Sie haben ja genug davon«, meinte er freundlich.
    Misstrauen verhärtete die anziehenden Gesichtszüge Fiona Abbington-Westlakes. »Hören Sie!«, rief sie mit einem Tonfall, der schneidend und lauernd zugleich klang. »Ich habe Sie schon mal gesehen, irgendwo. Und zwar erst vor kurzem. Ich vergesse niemals ein Gesicht.«
    »Und sogar in einer ähnlichen Umgebung«, erwiderte Isaac Bell. »Vergangene Woche auf dem Gelände der New York Ship in Camden, New Jersey.«
    Lady Fiona und ihr Mann wechselten einen schnellen Blick. Der Major wurde wachsam.
    Bell fuhr fort: »Und heute betrachten wir den New York Navy Yard in Brooklyn. Diese verkehrten Namen müssen für Touristen ziemlich verwirrend sein.« Er hob seine Kamera wieder. »Mal sehen, ob ich Sie alle zusammen mit der Werft im Hintergrund auf ein Bild bekomme - so wie Sie es auch schon die ganze Zeit tun.«
    Nun war Abbington-Westlake mit »Hören Sie mal!« an der Reihe und schlug einen deutlich arroganteren Ton an. »Für was, zum Teufel, halten Sie sich eigentlich? Gehen Sie weiter, Sir, gehen Sie weiter.«
    Bell musterte den »pensionierten Major« Sutherland mit strengem Blick. »Wollen Sie etwa auch in Brooklyn nach Öl bohren?«
    Sutherland reagierte mit dem verlegenen Lächeln eines Mannes, der gerade bei einer peinlichen Tat ertappt worden ist. Aber nicht Abbington-Westlake. Der Marineattaché drängte sich an seinen Begleitern vorbei und drohte Isaac Bell. »Sie wären gut beraten, wenn Sie schnellstens weitergingen. Oder soll ich einen Polizisten

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