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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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gefahren.
    Ich hielt an einem Travelodge und mietete ein Zimmer. Es war erst zwei Uhr, aber der Himmel war dunkel geworden und brachte Kälte mit sich und in ein paar Stunden würde es fast dunkel sein und dann wollte ich einen Platz, an den ich zurückkehren konnte.
    Als ich beim Motel parkte, versicherte ich mich, daß ich das Auto von drinnen sehen konnte. Obwohl sich der Colt zwischen meinen Socken und meinen Rollkragenpullis befand, kann man ein Kofferschloß in null komma nichts öffnen und hat die Auswahl zwischen Ferngläsern, Koffern, Kleidern, Kameras und Autowerkzeug bis hin zum Futterstoff, wenn man gierig ist. Es ist schon eine ganze Weile her, daß ich mir Sorgen um eine Waffe gemacht habe.
    Ich bezahlte — diesmal nicht mit Fünfcentstücken — die Übernachtungssumme einem Iraner, dessen Augen an einem kleinen schwarz-weiß Fernseher haften blieben, wo gerade die Lakers spielten. Er stand auf, um mir eine Gästeinformation zu geben, schob zu mir herüber und fragte: »Eine Nacht?«
    Auf meinem Weg nach draußen, ich war gerade die offene Treppe heruntergegangen, da kam ein etwa vierzigjähriger Typ mit einem Bier in der Hand um die Ecke und sagte: »Hey.« Seine Jacke verdeckte ein Hemd, das bis zu seinem Brustbein offen war. Ich dachte nicht, daß er mit mir sprach, bis ich schon einige Schritte an ihm vorbei war und er sagte: »Du mit den Ohrringen.«
    Es stimmte, daß lange, indianische Ohrringe an meinen Ohren hingen, aber das hatte ich vergessen. Er stand in einer offenen Tür, wahrscheinlich sein Zimmer. Er sagte, nachdem er einen Schluck aus der Dose genommen hatte: »Ich wette, daß wir beide eine gute Zeit zusammen verbringen könnten.« Im V-Ausschnitt seines Hemdes baumelte ein Silberdollar an einer goldenen Kette. Cool. Wirklich cool.
    Ich ging zu »Thrifty’s« nebenan und war wütend über mich selbst, weil ich angehalten hatte. Ich hoffte, er ginge in sein Zimmer zurück und sähe nicht, in welches Auto ich einstieg. Dann dachte ich, das ist doch verrückt. Ich drehte mich um und starrte ihn an, bis ich kurz vor ihm stand und sagte: »Warum gehst du nicht einfach da hinein und kümmerst dich um deine Angelegenheit?«
    Mit seiner Zunge spielte er lässig an einem Kaugummi und grinste: »Du bist ein aufsässiges kleines Ding, he?«
    Ich antwortete ganz ruhig: »Wann bist du zum letzten mal verhaftet worden?«
    Er stand auf einmal gerade und hielt für einen Moment meinen Blick. Dann drehte er erst seine Schulter und dann den Rest seines Körpers ins Zimmer und schloß ruhig die Tür hinter sich, so als ob ich nie dort gewesen wäre. Man kann Leuten einen gehörigen Schrecken damit einjagen.
    Man braucht sie noch nicht mal anzusehen, wenn man die Frage stellt. Sie wissen, daß man Polizist ist.
    Da sich dies ereignete kurz nachdem ich in Erinnerungen aus der Zeit bei Cipriano schwelgte, fühlte ich mich beschämt. Sicher war ich damals jung und dumm, aber ich fühlte mich mit den anderen auf gleicher Stufe. Wir hatten alle viel Spaß, waren etwas liederlich, aber taten niemandem etwas zuleide. Unsere Körper machten uns Spaß, Sex machte Spaß, Alkohol und Musik und ein kleiner Joint machten Spaß. Spaß einfach. Erst viel später fühlte ich mich als Beute — wie jetzt, und hatte Respekt vor den Konsequenzen. Wie bin ich nur zur Polizei gekommen, mit dieser Vergangenheit? Ich kann nur sagen, daß ich ihnen die Wahrheit gesagt habe. Ich habe nicht gelogen. Sie haben mich trotzdem eingestellt. Heute würde das nicht mehr gehen. Heute muß man superclean sein.
    Als ich von der Travelodge wegfuhr, nahm ich die Ohrringe ab und legte sie auf den Beifahrersitz. Dann fragte ich mich, warum ich das getan hatte. Was war denn mit den Ohrringen? Typen tragen sie auch. An einer Ampel steckte ich sie wieder an. Die Welt macht einen schon ein wenig durcheinander.
    Zwei schwarze Flieger flogen über mich hinweg. Ihre Tragflächen waren so dicht beieinander, daß sie beinahe verschmolzen. Mein Magen drehte sich um, als ich an die Piloten dachte. Sie waren bestimmt jünger als ich, und hielten sich für den Golfkrieg bereit. Macht es nur gut, wünschte ich ihnen und schlaft nicht ein.
    Die Straße verengte sich wegen Bauarbeiten auf eine Fahrbahn, und ich konnte beobachten, wie die Flieger in einem flachen Kreis zurückkamen und dann steil nach oben stiegen. Die Wolkendecke war jetzt durchbrochen und die letzten Sonnenstrahlen färbten den Himmel orange.
    Ich fuhr an einem Army-Shop vorbei, dem Circle

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