Blutorangen
der Familie saß unter Aufsicht im Wohnzimmer, zwei Schwestern saßen mit der Mutter auf der Couch und weinten ein wenig und der Polizist fragte sie über die Schule aus, um sie abzulenken. Ich konnte es nicht glauben, daß wir ihn nicht fanden. Zweimal spiegelte ich den Speicher aus und kletterte dann selber mit Taschenlampe und Revolver hoch, wobei ich mir vorkam, wie auf dem Präsentierteller. Außer Spinnenweben und Rattenkot fand ich nichts. Ich schaute zweimal unter jedes Bett. Ich war fast so weit, die Schubladen auzuziehen, um nach ihm zu suchen, als ich auf die Veranda ging und einen 1,50 Meter hohen Kühlschrank dort fand, dessen Lack an den Ecken schon abgeblättert war. Irgendetwas trieb mich dorthin. Ich öffnete die Tür und dort war er, dieser kleine Feigling, dem wir unglücklicherweise nur fünf Jahre für Mord und Wiederholungsvergehen aufbrummen konnten. Der Typ lächelte mich auch noch an und spuckte. Er traf mich unter dem Kinn. Er hatte Glück, daß sein Kopf noch intakt war, als er abgeführt wurde, aber er hatte ein oder zwei gedehnte Fingersehnen durch unsere Spezialbehandlung. Das war nicht mein wahres Ich, wie ich vorher schon sagte. Das war John Wayne.
Wir stiegen aus und gingen zum Wohnmobil. Cipriano klopfte.
Die Tür ging sofort auf, wumms! und klatschte an die Außenwand. Ich zuckte zusammen. Was ich dann sah, ist schwer zu beschreiben, da es mir die meisten Menschen sowieso nicht glauben werden. Dieses Ding, was vor uns stand, war circa 1,80 Meter groß und wog bestimmt 250 Pfund. Es trug weite khakifarbene Hosen und rote stiefelartige Pantoffeln mit Ledersohlen. Es trug außerdem ein beigefarbenes Hemd mit kurzen Ärmeln. Und auf dem ganzen Arm, der die Tür festhielt, konnte man Seen von tropfenden roten und eitrigen Wunden sehen. Ihr Gesicht war orangenfarben und sie hatte Ränder unter den Augen; ihre Augen waren blau und die Augenbrauen gelb. Braune Locken kamen unter ihren Ohren wie Wildschweinhörner hervor. Das Ding sprach auch noch. Es hatte aber keine Zähne.
»Wen suchen Sie?« sagte es.
Es hatte eine weibliche Stimme. Es war Annie Dugdale.
Ciprianos Haltung änderte sich. Er wuchs. Seine Stimme wurde jünger auf dem Weg zur Tür. Als er seinen Hut hob, sprang sein dunkles Haar wie Schaum hervor. Er sagte: »Wir brauchen ein paar Liter Wasser.« Er lächelte Annie Dugdale an wie die besten seiner Mädchen. »Diese Kinder«, damit meinte er mich, »können sich nicht richtig um Autos kümmern.«
Sie ging wieder hinein und kam mit einer Flasche Weichspüler ohne Aufdruck wieder, die am Rand schmutzig war.
»Oh, das können wir nicht nehmen.» Ich dachte, warum nicht? Bis er sagte: »Das ist ihr Trinkwasser.«
Sie sagte: »Nehmen Sie es nur, es gibt mehr davon.«
Er ging zu ihr und nahm es, dankte ihr, setzte seinen Hut wieder auf, und tippte mit einem Finger den Hutrand.
Sie fragte: »Wollen Sie Kaffee? Ich habe gerade welchen gemacht.«
Wir gingen hinein. Ich hatte dasselbe Gefühl, in der Magengegend wie in Mr. Polks anderem Wohnmobil, nur schlimmer. In die Ablage über dem Fahrersitz war alles mögliche hineingestopft worden. Die Griffe der obenliegenden Schränke waren nicht verschlossen und ein Topfgriff stand aus einem Schrank heraus. Auf allen Ablagemöglichkeiten sah mam Kaffeekannen und Salz- und Pfefferstreuer, ebenso Casinoaschenbecher und Kartenspiele. Außerdem eine Fensehzeitung und ein Taschenbuch, das kein Cover mehr hatte und ein anderes von Michener. Teilweise kam meine Klaustrophobie daher, daß ich Annie beobachtete, die kaum gerade stehen konnte. Wir saßen auf der Bank beim Tisch und beobachteten diese Riesenfrau wie sie Tassen holte und Kaffee eingoß. Ich suchte nach Ähnlichkeiten. Sie sah nicht aus wie die Mutter von Phillip und Roland; beide sahen gut aus.
Sie fragte: »Nehmen Sie Zucker?«
Ich schüttelte den Kopf und Cipriano sagte: »Bitte.«
Annie sagte: »Ich habe auch Süßstoff.«
»Das ist gut.«
Sie kam mit den Tassen zurück und quetschte sich auf die Bank. Die Lippen um den zahnlosen Mund hatten die Farbe eines Fischbauches. Ebenso hatte sie einen braunen Damenbart und Haare auf den Wangen. Die blonden Augenbrauen waren echt.
Ich sah, wie sich Ciprianos Augenlieder kurz schlossen und er sich den Friedhof auf Annies Arm ansah. Als ich sie wieder ansah, schaute sie mich an.
Sie fragte Cipriano: »Was machen Sie hier? Schauen Sie sich die Gegend an?«
»Ich kenne Ralph Polk.«
»Ach, ja?« Sie hielt die Tasse mit
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