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Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Titel: Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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die Idee, als Nächstes zu Tabor zu rennen. Ich will, dass endlich Ruhe in der Raubschar herrscht.«
    Gerissen war er, der Alte, das musste man ihm lassen. Er hatte Uroks nächsten Schritt genau vorausgesehen, obwohl sie beide wussten, dass Tabor ohnehin ablehnen würde. Bis zu dieser Antwort hatte es aber wenigsten noch einen Hoffnungsschimmer gegeben. Jetzt gab es niemanden mehr, bei dem sich Urok für den Gefangenen einsetzen konnte.

    Was blieb also noch übrig? Die Fesseln, die er dem zerbrechlichen Jungen wieder hatte anlegen müssen, zerreißen und ihn laufen lassen? Das hätte nicht nur gegen sämtliche Regeln der Blutorks verstoßen, es wäre auch sinnlos gewesen. Ragmar war viel zu schwach und unerfahren, um einer Raubschar zu entkommen. Dazu würden nicht mal zwei Tage Vorsprung reichen.
    »Was ist bloß los mit dir?« Grimpe schüttelte verbittert den Kopf. »Warum versuchst du ständig, alle gegen dich aufzubringen?«
    Statt zu antworten, presste Urok seine Kiefer fest zusammen. Der Sturm in seinem Inneren ließ seinen mächtigen Brustkorb erbeben, trotzdem drang kein einziges Wort über seine Lippen.
    Worüber hätte er auch sprechen sollen? Über das lederne Buch? Was das für ihn bedeutete, konnte ohnehin niemand begreifen. Er verstand es ja selbst nicht recht. Am Ende hätte es Grimpe nur als Teil der ihm zustehenden Beute zurückgefordert.
    Unter Uroks Fingernägeln sickerten erste Blutstropfen hervor, trotzdem ballte er die Hände noch fester zusammen.
    »Ist das alles?«, fragte er schließlich. Mehr brachte er nicht hervor.
    Grimpe funkelte ihn nur an, ohne zu antworten, darum setzte Urok den Weg einfach fort. Auch wenn er noch nicht wusste, wie er es erklären sollte, er musste Ragmar die Wahrheit sagen. Das war er ihm schuldig.
    »Nicht dort entlang«, befahl Grimpe in seinem Rücken. »Ab sofort übernimmt Rowan die Bewachung der Gefangenen. Du bildest von nun an die Vorhut.«
    Urok spürte ein heißes Prickeln zwischen den Schulterblättern, doch er widerstand der Versuchung, nach der Streitaxt zu langen und herumzuwirbeln. Der Respekt vor dem alten Kämpen legte ihm Fesseln an, die sich nicht so leicht abschütteln ließen. Nicht ohne die Welt, wie er sie kannte, völlig auf den Kopf zu stellen. Außerdem konnte er, das musste er sich – aller Wut zum Trotz – insgeheim eingestehen, Grimpes Haltung ganz gut nachvollziehen.
    Urok begriff ja selbst nicht, warum ihn das Schicksal dieses verängstigten Menschen so sehr berührte. Hatte ihn Ragmar etwa
irgendwie verhext? Nein, dazu war dieses naive Menschlein überhaupt nicht fähig. Der einzige Zauber, dem Urok unterlag, waren die faszinierenden Zeichnungen in dem ledernen Buch. Ein tiefes Knurren stieg aus den Tiefen seiner Kehle empor. Unbewusst und unkontrollierbar. Anders ließ sich der Druck, der in ihm brodelte, nicht mehr ertragen. Es war ein beunruhigender Laut, halb von Trauer, halb von ohnmächtiger Wut geprägt. Ein Laut der Warnung.
    Grimpe wich deshalb keinen Fußbreit zurück, bedrängte ihn aber wenigstens nicht mehr mit weiteren Befehlen.
    Ohne den Veteranen noch einmal anzuschauen, stapfte Urok Richtung Lagerplatz davon. Betont langsam, damit es nicht nach einer Flucht aussah, und mit einem grimmigen Gesichtsausdruck, der vor neugierigen Fragen schützen sollte. Nicht einmal Tabor wagte es, ihn anzufeixen. Wahrscheinlich, weil Grimpe ebenso drohend in die Runde blickte.
    So viel zu der wahren Hierarchie ihrer Raubschar.
    Tabor, der Erste Streiter. Was für ein Witz.
    Rowan eilte schweigend zu den beiden Gefangenen. Urok sah ihm nicht nach, aus Furcht, Ragmars Blick zu kreuzen. Sobald ihn ein fremder Ork bewachte, würde der Junge ohnehin wissen, was Uroks großspurige Ankündigung wert war: nichts.
    Sogar weniger als das.
    Ungefähr so viel wie das Wort eines Menschen.
    Völlig in Gedanken versunken, setzte sich Urok an die Spitze, während Grimpe die übrige Schar hinter ihm formierte. Auf dem folgenden Marsch bewegte er sich mit einer von klein auf anerzogenen Geschmeidigkeit, ohne wirklich wahrzunehmen, was um ihn herum geschah. Einem geschickten Späher der Madak wäre er in diesem Zustand blindlings in die Arme gelaufen. Vielleicht war das sogar der Grund, warum ihn Grimpe an diese Position gesetzt hatte.
    Im Kampf gegen einen anderen Ork gefallen … Das brachte einer Schar mehr Ehre ein als jemand, der für seine Freundlichkeit gegenüber den Menschen angespuckt wurde. Urok schreckte erst wieder aus seinem dumpfen

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