Blutportale
verlassen.« Sie schritt mit hocherhobenem Haupt an den Vampiren vorbei zu ihren Leuten und wechselte ein paar leise Worte mit ihnen. Smyle gab seinen Leuten ein Zeichen; die Vampire machten den Dämonendienern Platz. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließen die drei den Raum.
»Sie haben eingesehen, dass sie ohne Aussicht auf Erfolg waren«, sagte Smyle und deutete auf die Schwerverwundeten, die sie zurückgelassen hatten, »und sie waren bereit, ihren Tribut zu zahlen.« Die Vampire machten sich über die hilflos am Boden Liegenden her und saugten ihnen das Blut aus.
»Wie steht es mit euch?«, wandte sich Smyle an Saskia.
»Ist Ihnen klar, Mister Smyle, dass sie zurückkommen werden?«, fragte sie ihn. »Sie benötigen das Haar um jeden Preis!«
»Nun, vielleicht habt ihr recht...«Kreischend fuhren sechs, sieben Blitze fast gleichzeitig um das Schloss nieder, Straßenlaternen verloschen funkensprühend, und auch die Beleuchtung im Raum flackerte. Ein Blick hinaus zeigte, dass rund um das mittelalterliche Bauwerk Dunkelheit herrschte. Limericks Stromnetz war unter den Einschlägen zusammengebrochen. »... vielleicht auch nicht. Nein, ich denke nicht, dass wir sie noch einmal zu Gesicht bekommen«, erwiderte Smyle, der sich an dem Schmatzen und Schlürfen der Vampire neben sich nicht störte. »Ich habe mich sehr oft gefragt, was die Diebe so besonders an meiner Harfe finden, und jetzt habe ich es endlich zu einem Teil enthüllt bekommen.« Er setzte sich auf seinen Hocker. »Erzählen Sie mir, was ich noch wissen muss, um vorbereitet zu sein.«
Nach einem kurzen Blick zu Will und Justine, die beide nickten, berichtete Saskia in Ruhe von dem Haar und was die Belualiten beabsichtigten.
Smyle hörte aufmerksam zu. »Und wenn Sie keinem Dämon dienen, was bewegt Sie dann dazu, sich diesen Menschen in den Weg zu stellen und Ihr eigenes Leben zu riskieren?« »Sie meinen, abgesehen vom Untergang der Welt?«, warf Justine ein.
Der Vampir lachte wieder. »Ja. Abgesehen davon. Sind Sie so eine Art Freizeitgeisterjäger, die aus Versehen über das wirklich Dunkle gestolpert sind?« Smyle betrachtete Will. »Bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass Sie doch sehr von der Existenz der Vampire überrascht wurden obwohl Sie mit einer Wandlerin durch die Gegend ziehen.«
»Das sieht man mir an?« Will seufzte.
»Ich habe auch lange Zeit geglaubt, Vampire wären reine Erfindung«, schnarrte Justine, betastete ihren Hals und sah zu den Blutsaugern, die ihr Mahl nach und nach beendeten. »Anscheinend sind wir uns immer aus dem Weg gegangen.«
»Es gibt nicht mehr allzu viele von uns. Wir sind zu Beobachtern geworden und bleiben im Verborgenen. Feinde gibt es in den eigenen Reihen. Wer nicht ausgerottet werden möchte, muss erfinderisch sein und sich tarnen können.« Smyle deutete an sich herab. »Sehen Sie mich an.« Saskia wurde nicht schlau aus ihm. Er plauderte mit ihnen, als seien sie zumindest halbe Verbündete; gleichzeitig traute sie dem Vampir zu, gleich über sie herzufallen. Je länger sie ihn betrachtete, umso mehr Abneigung entwickelte sie gegen ihn - und spürte Bittermandel auf ihrer Zunge. Ihre Gabe lud sich auf und machte sich bereit.
Smyle strich über den Harfenkorpus. »Gehen wir friedlich auseinander, oder werden Sie es auf einen Versuch ankommen lassen, mir mein Liebstes zu nehmen?«, fragte er leise und lauernd zugleich.
Zu einer Antwort kam es nicht mehr: Mit einer gewaltigen Detonation wurden sämtliche Türen des Raums aufgesprengt, die Druckwelle fegte Menschen und Vampire von den Beinen und schleuderte sie meterweit umher. Vitrinen barsten oder fielen um.
Saskia landete rücklings auf etwas Weichem, den Hintern gegen die Wand gedrückt; sie vermutete, dass es sich um die Leiche eines Dämonendieners handelte, und der Ekel, den sie empfand, konnte sich mit dem messen, den ihr der Bittermandelgeschmack in ihrem Mund bereitete. Sie versuchte, sich nach vorn zu drehen und die Gabe zum Einsatz zu bringen - da knallte es ohrenbetäubend. Ein greller Blitz ging damit einher und war stark genug, sie zu blenden, obwohl sie nicht direkt in die Quelle geblickt hatte.
Mehrere Explosionen ließen den Boden erzittern, aber Saskia hörte sie immer leiser, weil sie von einem lauten Piepsen in den Ohren überlagert wurden.
Als sie endlich wieder etwas sah, war der Raum angefüllt mit gräulichem Nebel; es roch penetrant nach abgebrannten Feuerwerkskörpern. Erschrocken griff Saskia an ihre Seite -das
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