Blutportale
sah so aus, als würde sein Spiel auf den schwarzen Saiten etwas bei den anderen Blutsaugern auslösen. Hat jemand von euch etwas gespürt?«
Saskia beschrieb ihre Empfindungen, und auch Justine hatte sich dem Spiel des Instruments nicht entziehen können.
»Dann sollte klar sein, wer ab sofort das Artefakt schützt«, sagte Will leidenschaftslos. »Mich hat das Lied nämlich kaltgelassen.«
Bevor Saskia etwas entgegnen konnte, schrie Justine: »Merde«
»Was?« Saskia war erschrocken und sah nach vorn. Der Transporter gewann wieder an Vorsprung. »Gib Gas!«
Justine stampfte auf das Pedal, das Auto ruckelte. »Kein Benzin mehr«, schrie sie wütend und schlug mehrmals auf die Hupe ein. Mit einem letzten Röhren erstarb der Motor. Sie rollten an einer der unzähligen grauen Mauern vorbei, dann kam der Wagen zum Stehen.
Alle drei sprangen heraus und schauten dem Transporter nach, dessen rote Hecklampen kleiner und kleiner wurden.
XVII. KAPITEL
15. November
Republik Irland, County Kerry
Will, Saskia und Justine gaben nicht auf. In der Nacht hatten sie von einem freundlichen, zufällig vorbeifahrenden Iren einen Reservekanister Sprit bekommen. Will entschied an den Kreuzungen, wohin sie abbiegen mussten, und nach vier Stunden sahen sie den Transporter weit vor sich auf der Straße. »Woher willst du wissen, dass das der richtige Weg ist?«, fragte Saskia misstrauisch, weil die Strecke für sie keinen Sinn ergab.
»Ich weiß es einfach«, erwiderte Will knapp und sah angespannt nach vorne, das Schwert fest umklammert. Wie sollte er den Frauen auch erklären, dass er das Gefühl hatte, das Bansheehaar regelrecht fühlen zu können? Es schien leise nach ihm zu rufen, ihn anzuziehen; es flehte darum, von ihm gerettet zu werden.
Saskias Misstrauen war stummem Staunen gewichen, als sie die Dämonenanbeter schließlich zum ersten Mal wieder sahen. Seitdem klebten sie ihnen an den Fersen und warteten auf einen günstigen Moment, um zuzuschlagen. Die Belualiten wechselten zwar die Fahrzeuge, doch das nutzte ihnen nichts. Anscheinend wollten sie sich nicht aufteilen, was für die Verfolger einen Vorteil bedeutete. »Immerhin etwas«, sagte Will grimmig. Der Sir war immer noch nicht erreichbar, und auch alle Anrufe beim Professor waren erfolglos geblieben.
Saskia hatte sich beim letzten Tankstopp Notizen vor dem Fernseher gemacht, der hinter dem Tresen in einer Deckenhalterung befestigt war. Die irischen Nachrichten waren voll mit Meldungen über den tollkühnen Raub und die unverständliche Behandlung der Banshee-Harfe, die man schwer ramponiert und ohne die herausgeschnittenen Saiten am Straßenrand gefunden hatte. Für Hinweise wurde eine Belohnung in Höhe von dreißigtausend Euro ausgesetzt. »Die Polizei kann den Tathergang immer noch nicht rekonstruieren«, berichtete Saskia. »Sie versuchen immer noch, die Leichen zu identifizieren, und selbst das macht ihnen größere Schwierigkeiten. Aber ratet mal, nach wem sie fahnden - nach einem langjährigen und verdienten Angestellten des Museums, einem gewissen Jonathan Smyle, der vermisst wird.« »Wenn sie wüssten, was Smyle wirklich ist, würden sie ihn kaum vermissen«, knurrte Justine. »Ich verwette meinen Platz in der Hölle, dass er ganz in der Nähe der Diebe ist. Er will Rache.« Sie ließ den dunkelblauen Lancia, das aktuelle Fahrzeug der beiden Diebe, auf dem Motorway etwa vierhundert Meter vor sich nicht aus den Augen. »Merde, wie lange wollen wir ihnen noch folgen, ohne etwas zu unternehmen? Es ist nicht das letzte Artefakt, das wir suchen müssen. Nach Syrien ist es nicht gerade ein Katzensprung, zumal meine Kontakte in Antalya auf uns warten. Sie werden allmählich ungeduldig.«
Saskia wusste, warum die Französin so schlechte Laune hatte: Die Nonnen waren unerreichbar, und das machte der Wandlerin zu schaffen. Der Kontakt zu den Schwestern bedeutete ihr sehr viel. Justines Schale aus Coolness, Schnoddrigkeit und Ironie vermochte Saskia nicht zu täuschen. »Dann sag ihnen, dass wir übermorgen da sind.« Saskia hatte gehofft, dass sich die Diebe mit anderen Dämonenanbetern treffen würden. Die Idee war gewesen, noch mehr von ihnen auszuschalten, am besten alle, bevor sie nach Syrien reisten. Derzeit hatte es jedoch mehr den Anschein, als würden die Belualiten einfach nur in Bewegung bleiben wollen. »Du hast recht, Justine. Fragen wir die beiden, warum sie durch Irland fahren.« »Finalement!« Justine beschleunigte.
Saskias Anspannung stieg.
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