Blutportale
regennasse Fahrbahn machte die Bewegung noch geschmeidiger und eleganter. »Wo ist Smyle?«
»Ich habe ihn nicht gesehen.« Saskia wandte sich an Will. »Gib mir das Schwert.« »Du hast es verloren«, sagte er anklagend. »Wenn ich nicht darauf aufgepasst hätte, besäßen die Dämonendiener jetzt zwei Artefakte.«
Sie starrte ihn an. »Will, gib mir das Schwert. Du kannst damit nichts anfangen. Du kannst nicht fechten.«
»Durch das Kalari kenne ich mich mit Waffen aus«, widersprach er mit fester Stimme. »Ich kann es genauso gut beschützen wie du!«
Sie sah ihm in die Augen und versuchte, seine Gedanken zu ergründen, da sie sich die Vehemenz, mit der er sprach, nicht erklären konnte. Warum war ihm das Artefakt auf einmal so wichtig? Ihre Aufmerksamkeit wurde durch ein verfranstes Loch in seinem Sakko unterhalb des rechten Schlüsselbeins angezogen. »Du bist verletzt!«, rief sie erschrocken.
Will betrachtete den Einschuss und zog den Stoff zur Seite, um von oben unter das Hemd schauen zu können. Die Haut war unversehrt. »Nichts passiert«, verkündete er. »Aber ... ich sehe es doch ...«, begann Saskia.
»Das Schwert hat mich geschützt«, sagte Will überzeugt. »Es möchte, dass ich es trage, nicht du.«
»Werdet ihr beide jetzt kindisch und wollt euch streiten, wer es behalten darf?«, mischte sich Justine ein und beschleunigte weiter, trotz des Regens. Der Transporter hielt seinen Vorsprung, und das machte sie wütend; es kratzte an ihrer französischen Fahrerinnenehre. »Gib es Saskia«, wies sie Will an.
»Nein«, rief er aufgebracht. »Sie hat es verloren, jetzt bin ich an der Reihe.«
Saskia wandte sich nach vorn. Das war eine Wendung, die ihr nicht behagte. War es möglich, dass das Schwert Besitz von Will ergriff? Bahnte sich dies seit dem Schlag an, den er in der Kammer erhalten hatte? Sie sah zu Justine und glaubte an dem Ausdruck auf ihrem Gesicht zu erkennen, dass sie ähnlich dachte.
Sie rasten am Ortsausgangsschild vorbei und verließen Limerick Richtung Süden. Der Transporter hatte immer noch einen guten halben Kilometer Vorsprung.
»Sie wollen nicht zum Flughafen Shannon«, stellte Justine verwundert fest. »Will er sich ein Rennen mit mir über die Landstraße liefern?« Sie grinste. »Das wird er bereuen.« »Oder sie locken uns in den nächsten Hinterhalt.« Saskia fühlte sich ohne das Schwert merkwürdig nackt. Sie hatte sich an sein Gewicht gewöhnt, und jetzt saß Will damit hinter ihr. »Wer weiß, was sie noch auf Lager haben.«
»Nach den Vampiren wird mich so schnell nichts mehr überraschen«, versicherte Justine. »Ich glaube es immer noch nicht. Es gibt sie also wirklich! Und dieser rothaarige Bastard hat die Frechheit besessen, mich zu beißen.«
Obwohl ihr im Moment nicht nach einem Scherz zumute war, konnte Saskia nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihre Lippen stahl. »Eine Werwölfin kann nicht glauben, dass es wirklich Vampire gibt - was kommt mir an dieser Situation nur so merkwürdig vor?« Justine lachte und nestelte ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Jackentasche.
»Valesca hat ihn Kind des Judas und Judassohn genannt«, sagte Will. »Was mag das zu bedeuten haben?«
»Vielleicht ... eine besondere Sorte? So wie Justine zu den Wölfen unter den Wandlern gehört, haben die Vampire vielleicht verschiedene Stammväter«, sagte Saskia.
»Einen Judas als Stammvater? Jamais de la vie«, antwortete die Französin. Sie war näher an den Transporter herangefahren. Die Kurvenlage ihres Wagens war deutlich besser. »Dann lieber une loupette.«
»Wie viele es wohl von ihnen gibt?« Saskia schaute aus dem Fenster. Sie fröstelte und sah Smyles Gesicht vor sich. »Ich hätte ihn nicht von einem einfachen Menschen unterscheiden können, wenn er sich anders benommen hätte.«
»Du hättest auch mich nicht von einem einfachen Menschen unterscheiden können, wenn wir uns auf einer Party kennengelernt hätten und nicht vor einem Blutportal«, grinste Justine. »Was mich viel mehr wundert, ist, dass er sich dir andeutungsweise zu erkennen gegeben hat. Wie hat er spüren können, was wir vorhaben?«
Diese Frage hatte sich Saskia auch schon gestellt. »Ich hoffe mal, dass Vampire nicht die ganzen Fertigkeiten besitzen, die sie in den Büchern haben.«
»Es wird bestimmt schlimmer sein«, unkte Justine und stieß zischend Rauch aus. »Das verspricht spannend zu werden.«
Will dachte bereits über etwas anderes nach. »Was hat er mit der Harfe gemacht? Es
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