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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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nicht ordnen.
    »Ein Müllsammler«, stellte Riedwaan fest, nachdem er mit eingezogenem Kopf aus der Höhle getreten war. »Sieht aus, als hätte er allen möglichen Müll zusammengetragen, der in der Wüste herumliegt, aber nicht deine Jungs. Sie wurden höchstens ein paar Tage versteckt und dann so abgelegt, dass sie nicht übersehen werden konnten. Aber hier drin wurden sie bestimmt nicht aufbewahrt. Dafür ist es hier zu heiß. Mouton meinte, die Leichen müssten an einem kühlen Ort aufbewahrt worden sein.«
    »Gib mir deinen Feldstecher«, bat Clare. »Ich klettere da hoch und sehe mich mal um.« Sie erklomm die Felsklippe und suchte die Wüste ab. Im Osten wirkte der vom Wind aufgewirbelte Sand wie getrübt. Abgesehen vom schlanken Wachposten eines fernen Eukalyptusbaumes gab es in dieser Richtung nichts zu sehen. Im Süden und Westen wogte ein teilweise von dornigen Nara-Pflanzen überwuchertes Dünenmeer dem Ozean entgegen. Nichts regte sich. Keine Spuren. Keine Staubfahne, die auf einen davonrumpelnden Karren schließen ließ.
    »Was siehst du?«, fragte Riedwaan.
    »Nichts«, antwortete Clare und kletterte wieder vom Felsen. »Keine Esel, keine Karren, kein Spyt, keine Spuren. Nur Sand.«
    »Sie müssen lernen zu sehen«, sagte Tamar, »nicht nur zu schauen.« Sie zupfte Clare am Arm und bedeutete ihr, neben ihr in die Hocke zu gehen. Das tief stehende Licht verwandelte die glatte Wüstenplatte und offenbarte die kreuz und quer verlaufenden Spuren von Schakalen, Oryx-Antilopen, Eidechsen oder die Kreiselbewegungen von Samenkapseln, die der Wind vorbeigetrieben hatte. Säuberliche Halbmonde, dicht nebeneinander, immer paarweise.

    »Ihre Esel.« Tamar stand auf.
    »In diese Richtung?« Clare deutete in den Taleinschnitt, der sich in Windungen von ihnen entfernte.
    Tamar nickte. »Elias, Sie bleiben hier, falls er wider Erwarten zurückkommt.«
    Clare und Riedwaan folgten Tamar an einem Müllhaufen vorbei. Knochen und Muscheln und anderer, für den menschlichen Gebrauch unnützer Abfall. Sie gingen weiter; der Boden wurde immer abweisender.
    Tamar blieb stehen. »Ich habe sie verloren«, sagte sie unüberhörbar frustriert. Clare sah nach vorn. Der schmale Canyon, den sie betreten hatten, teilte sich in ein Labyrinth von Zuläufen. Das Sonnenlicht schimmerte auf dem Glimmer und verzerrte die Entfernungen.
    »Wo fangen wir an?«, fragte Clare.
    »Wenn wir hier weitersuchen wollen, brauchen wir einen Helikopter«, sagte Riedwaan und drehte sich um.
    Tamar folgte ihm, aus ihrer Wasserflasche trinkend. Clare wartete ab. Die beiden zogen ein Kielwasser aus dröhnender Stille hinter sich her. Sie konnte ihr Blut rauschen und frustriert pulsieren hören.
    Das Geräusch schlug an ihr Ohr, als sie auf halbem Weg zurück zu Spyts Höhle war. Das scharfe Klicken eines losgetretenen Steines. Clare hielt inne, alle Sinne waren hellwach. Sie sah sich um. Nichts als Sand und Gestein und die glatte Wand des Canyons. Eine Siedleragame beäugte sie mit angespannt bebendem Reptilienleib. Clare atmete aus. Die Echse schoss los und verschwand geradewegs im Fels. Neugierig trat Clare näher, um festzustellen, wohin sie verschwunden war. Zu ihrer Überraschung stieß sie auf einen Felsspalt, gegraben von einem prähistorischen Bach, der sich längst ein neues Bett gesucht hatte. Sie trat durch das Tor in ein Fels-Amphitheater.
    Im Schatten eines Akaziendickichts standen zwei cremefarbene weiße Esel. Als Clare sich ihnen näherte, traten die Tiere
beiseite und zogen dabei die Haltestricke straff. Sie schnalzte ein paarmal besänftigend und leise mit der Zunge, die Esel kamen zur Ruhe und standen bald darauf wieder reglos da, abgesehen von dem gelegentlichen Zucken eines samtweichen Ohrs.
    Der Eingang zur zweiten Höhle zeichnete sich als dunkle Öffnung in der Klippe ab, ein kühler Vorraum zu der großen Grotte, die nach rechts abzweigte.
    Clare rannte zum Eingang zurück. »Riedwaan!« Sie hörte, wie das Echo ihres Rufes von der Felswand abprallte. »Tamar! Kommt zurück!«
    Die beiden anderen kehrten um. Sobald Riedwaan feststellte, dass Clare nichts zugestoßen war, löste sich seine ängstliche Miene auf.
    »Ich glaube, ich habe es gefunden«, sagte Clare und führte sie zurück.
    In der Höhle war es kühl und dunkel wie in einer Krypta. Als sie tiefer vordrangen, flatterte eine aufgescheute Fledermaus knapp über sie hinweg. Clare schauderte, als sie den kurzen Luftstoß spürte, den die Fledermaus aufgewirbelt

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