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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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eine Waffe in Maras Rücken. Mitten in der Nacht. Der Schattenmann, der die letzte Zeugin beseitigte. Ihr Zimmer, rücksichtslos ausgeräumt bis auf die Bilder, die ihr und Oscars Geheimnis gewesen waren.
    Mara, die auf die Wüste zugetrieben wurde und der sich das Leben mit der grauen, hinter dem Horizont versinkenden Stadt entzog. Oscar, der unhörbar, unsichtbar bis auf den schmalen Vorhangspalt im Obergeschoss zurückwich in die Dunkelheit. Und jetzt war auch dieser Zeuge verschwunden. Wie alle anderen. Getötet nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihres Wissens.
    Clare schaute aufs Meer hinaus. Ein Fischerboot schob sich, schwer beladen und tief im Wasser liegend, zwischen den Bojen durch auf den Kai zu, an dem die Alhantra zum Beladen bereitlag. Die Zeit drängte herauszufinden, wie alles zusammenhing.
    Gerade als die Sirene zum Schichtwechsel aufheulte, parkte sie vor der Pesca-Marina-Fabrik, unter dem Logo mit dem silbernen Fisch, in dem sich die Sonne fing. Sie schlich unbemerkt gegen den Strom der heimwärtsströmenden Arbeiter auf das Fabrikgelände. Auf der Werft surrten schwer mit Kisten beladene Gabelstapler hin und her. Sie ging an den Männern vorbei, die damit beschäftigt waren, den Fang auszuladen, und huschte an Bord der Alhantra . Ragnar Johansson war nirgendwo auf der Brücke zu sehen, darum ging sie unter Deck, um nach Juan Carlos zu suchen.

    Die vorletzte Kabinentür war geschlossen. Auf ihr Klopfen hin antwortete niemand, doch zu ihrer Überraschung ging die Tür auf, als sie den Türknauf drehte. Sie trat ein, setzte sich und wartete. Nicht lang danach drehte sich der Knauf erneut. Clare vermochte den Ausdruck auf Juan Carlos’ schönem Gesicht nicht zu deuten, als er die Tür hinter sich schloss.
    »Dr. Hart«, sagte er. »Wieder einmal.« Das Brummen der fahrbereiten Motoren schien ihm neues Selbstvertrauen zu geben.
    »Sie dürfen sich frei an Bord bewegen?«, fragte Clare.
    »Das Kommando hat gewechselt.«
    »Ich muss wissen, wo Mara zelten war«, sagte Clare.
    »Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl?« Clares kurzes Zögern genügte ihm. »Was haben Sie anzubieten?«
    »Sie können abziehen«, bluffte Clare. »Keine Mitteilung an die spanische Polizei, daher auch keine Probleme beim Anlegen.«
    »Ich bin unschuldig?«
    »So würde ich das nicht ausdrücken.« Clare holte ihre Karte heraus. Die Koordinaten, die Myburgh ihr gegeben hatten, mussten weiter eingegrenzt werden, und zwar schnell.
    Sie breitete sie vor Juan Carlos aus. »Zeigen Sie mir die Stelle.« Ihr Tonfall duldete keinen Widerspruch.
    »Hier. Da ist Mara hingegangen.« Juan Carlos nahm ihr den Stift aus der Hand und kennzeichnete eine Stelle an einer Eisenbahnstrecke mit einem sicheren, schwarzen X. Ein Dünenbogen hatte sich über die Gleise geschoben und den stählernen Zufluss vom Rest des Deltas abgeschnitten.
    Clare musste an Lazarus Beukes und an die im Dunklen leuchtenden Schilder mit der Aufschrift »Zutritt verboten« denken. Sie war dort, oder beinahe dort gewesen. Die Haare auf ihren Armen stellten sich auf. »Was ist dort passiert?«, fragte sie.
    »Nichts. Ich habe es Ihnen doch erzählt. Mara war mit Straßenkindern
dort. Sie hat sie geliebt.« Er lächelte langsam und überheblich. »Aber mich sie hat noch mehr geliebt. Als ich ihr gezeigt habe, wie.«
    »Wie meinen Sie das?« Es war Clare unangenehm, dass er ihr so nahe war. Ihre Haut begann zu kribbeln.
    »Ich habe doch gesagt, ich habe Landgang bekommen, also habe ich sie angerufen und ihr gesagt, sie soll mich treffen. Sie hat die da draußen allein gelassen. Ihre Jungen. Es war spät. Wir haben uns getroffen. Wir haben uns geliebt. Sie ist zurückgegangen um sie zu holen, aber sie waren weg. Sie hat sie wieder auf der Müllkippe gefunden. Sie sagten, sie sind zu Fuß gegangen.«
    »Alle? Alle waren dort?«
    Juan Carlos senkte den Kopf und schwieg. Clare wartete ab.
    »Okay, okay, alle, nur einer nicht«, erklärte er schließlich. »Er tauchte erst später auf… tot.«
    »Warum haben Sie mir das nicht früher erzählt? Warum hat Mara das nicht erzählt?«
    »Sie hat sich geschämt. Sie hatte Angst. Sie hat gedacht, sie hätte bei ihnen bleiben sollen. Was Sie wollen.«
    »Was war es denn Ihrer Meinung nach?«, fragte Clare.
    »Sie musste sich entscheiden zwischen denen und mir.« In seinen Augen glänzte die subtile Brutalität sexueller Macht.
    »Und was haben Sie bis jetzt unternommen, Juan Carlos?«, fragte Clare. »Vier Jungen sind tot, und

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