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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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das Mädchen, das Sie geliebt hat, ist verschwunden.«
    »Das Schiff ist beladen. Ich habe genug verdient. Ich will nicht hierbleiben müssen.« Juan Carlos zuckte die Achseln. »Warum soll ich etwas unternehmen?«
    »Wo ist Kapitän Johansson?«, fragte Clare.
    »Schauen Sie auf der Brücke nach.« Juan Carlos drehte ihr den Rücken zu. »Ich sage nichts mehr.«
    Nach der Enge der Kabine war der Gang draußen eine Erholung.
Clare stieg nach oben auf die Brücke, während immer noch Kisten verstaut wurden. Eine halb volle Packung Marlboros klemmte auf dem Barometer. Es war Ragnar Johanssons Marke, doch ansonsten war nichts von ihm zu sehen oder zu hören. Clare sah unten nach. Der Bauch des Schiffes lag offen, weil der Lastkran den letzten verpackten Fisch in die Kühlkammern senkte. Sie vermutete, dass Ragnar den Vorgang von unten beaufsichtigte.
    Gleich bei der Brücke gab es eine Metalltreppe. Clare schloss die Tür hinter sich und kletterte hinunter. Das Metallgeländer war glatt und kalt, und ihre Füße kribbelten, als sie die Wendeltreppe in die dunklen Laderäume hinabstieg.
    Auf dem ersten Unterdeck war Ragnar nicht. Sie fragte einen der Packer, ob er ihn gesehen hatte, aber der schüttelte nur den Kopf. Clare stieg tiefer in den Bauch des Schiffes. Das Dröhnen der Motoren und das dumpfe Schlagen der Winde, die ihre kostbare Fracht herabsenkte, hallten gespenstisch durch das Deck. Neben dem vollgepackten und mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kühlraum blinkte etwas auf dem Boden. Ein Zippo-Feuerzeug. Clare hob es auf und wischte die dunkle Flüssigkeit weg, mit der die eingravierte Meerjungfrau befleckt war. Nicht Ragnars, aber trotzdem vertraut. Sie ließ es in ihre Tasche gleiten.
    »Suchen Sie etwas?« Clare fuhr herum. Sie kannte die Stimme nicht. Leicht und kühl und trocken wie Eis.
    Der Mann verstellte das Licht in dem schmalen Durchgang. Er hatte ein Handy in der Hand, zielte damit auf Clare und packte sie, als sie sich wieder umdrehte.
    »Hey, was tun Sie da?«, fuhr sie ihn wütend an. »Wer sind Sie, verflucht noch mal?« Dann erinnerte sie sich an die schmale Gestalt. Sie hatte ihn im Blauen Engel gesehen. Es war der Mann, der Gretchen aus dem Meer gezogen hatte.
    »Ich weiß gern Bescheid, wenn jemand ohne Erlaubnis auf mein Schiff kommt.« Der Mann war dünn wie eine Messerklinge,
sein Gesicht war wie gemeißelt und gleichmäßig. Er drückte einen Knopf auf seinem Handy, und ein Lächeln durchfurchte seine braun gebrannten Wangen. Dann ließ er das Handy in seine Tasche gleiten und sah Clare zum ersten Mal offen in die Augen. »Janus Renko. Der neue Eigentümer.«
    »Ich habe Sie schon einmal gesehen«, sagte Clare. »Mit Gretchen von Trotha zusammen.«
    Er zog eine Braue hoch.
    »Ich bin auf der Suche nach dem Kapitän«, fuhr Clare fort. »Wo ist er?«
    Renko zündete sich eine Zigarette an. »Ragnar Johansson?« Er schnippte den Namen zusammen mit seinem Streichholz weg. Dann nahm er die Sonnenbrille ab und entblößte blasse, ausdruckslose Augen. »Ragnar ist beim Drachensurfen.«
    »Wann kommt er zurück?«, fragte Clare. Renko hatte sich nicht zur Seite bewegt. Clare blickte in das Licht in seinem Rücken; in der Luft lag das schwere Gemisch aus Diesel, Kälte und Fisch. Renko lächelte, als er ihr Unbehagen sah.
    »Er hat ein Angebot bekommen, das er nicht ablehnen konnte.«
    Das Rumpeln der Motoren wurde lauter. Das Schiff war bereit zum Ablegen.
    »Wir müssen los, Dr. Hart.« Er rollte ihren Namen so im Mund herum, dass ihr die Intimität Schauer über den Rücken jagte. »Wenn ich ihn sehe, werde ich ihm sagen, dass Sie hier waren.«
    Dann lag Renkos Hand schraubzwingenfest an ihrem Ellbogen und schob sie so schnell durch den eisigen Gang zurück, dass ihre Füße kaum mitkamen. Clares Herz hämmerte unter ihren Rippen, als sie den Kühlraum vor sich sah, dessen Tür zu dem dahinterliegenden eisigen Schlund jetzt angelehnt stand.
    Sie versuchte sich loszureißen, doch Renko hatte ihr den
Arm auf den Rücken gedreht. Er war dicht hinter ihr, sein sehniger, fester Arm lag um ihren Hals und schnürte ihr den Atem ab. Er lachte, als sie nach ihm trat.
    »Das kann langsam gehen, Clare.« Seine Stimme nur ein Zischen, sein Atem heiß in ihrem Nacken. »Oder es kann ganz…«
    »Janus!« Eine Stimme von oben. »Goagab ist mit der Genehmigung hier. Er will, dass wir ablegen.«
    Renkos Griff lockerte sich unwillkürlich, sodass Clare sich losreißen konnte. In drei langen Schritten

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