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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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und stopfte ihre langen blonden Haare unter das Wegwerfhaarnetz. Helena öffnete eine Tür und ließ den Geruch des Leichenschauhauses herein. Der Ammoniak stach ihnen in die Nase, aber er kam eindeutig nicht gegen den anbrandenden Verwesungsgestank an. Dicke Plastikvorhänge klatschten gegen Metall, als Helena Kotze die Metallbahre hereinrollte.
    Kaiser Apollis’ ausgemergelter Körper lag zusammengekrümmt unter dem weißen Leichentuch. Clare hatte ihn auf den Fotos gesehen. Der Hinterkopf fehlte, während in der Stirn nur ein kleines, rundes Loch prangte, und das verkrustete Blut hatte die feinen Gesichtszüge überklebt. Die drei Frauen stellten sich um die Bahre herum auf.
    »Eine einzelne Einschusswunde in der Stirn«, sagte Helena eher in ihr Aufnahmegerät als zu Clare und Tamar. »Wahrscheinlich aus einer Pistole. Großflächige Austrittswunde am Hinterkopf, folglich keine Kugel für ballistische Untersuchungen. Die Todesursache, würde ich meinen. Können Sie bitte den Anruf zu Piet Mouton durchstellen, Clare? Der rote Knopf schaltet die Lautsprechanlage ein.« Sie deutete auf einen Apparat neben dem Fenster.
    Erleichtert, etwas tun zu können, kam Clare eilig ihrer Bitte nach. Außerdem war sie froh, dass Mouton die Regie übernehmen würde, wenn auch nur aus der Ferne. Seinem erfahrenen Auge entging nichts.
    »Hallo, Dr. Hart«, bellte Mouton, als hätte er ihre Gedanken gehört. »Seid ihr Mädels bereit?«
    »Ja, sind wir, Piet. Außer mir sind hier Dr. Helena Kotze und Captain Tamar Damases von der Nampol.«
    »Und wo steckt dieser Tunichtgut Faizal? Hat er Sie mitten in der Wüste im Stich gelassen?«

    Clare gab sich Mühe, gut gelaunt zu klingen. »Sieht so aus.«
    »Sagen Sie ihm, dass einsame Mädchen gern zu wandern beginnen. Doc Kotze, was haben Sie für mich?«
    »Haben Sie die Fotos bekommen?«, fragte Helena.
    »Ja, natürlich habe ich die Fotos bekommen. Sie haben stundenlang mein Mailprogramm lahmgelegt. Fotos nutzen mir einen Dreck. Die Forensik ist nur vor Gericht eine Wissenschaft. In der Pathologie beruht sie auf Intuition und Glück. Lassen Sie mich in Ihren Kopf, damit ich durch Ihre Augen sehen kann.«
    Helena atmete tief ein. »Leichnam eines Kindes. Männlich. Dem Aussehen nach zwölf Jahre alt. Dem Ausweis nach nächste Woche sechzehn. Gewicht: zweiundvierzig Kilo. Identifiziert als Kaiser Apollis. Kugel in den Kopf. Aus nächster Nähe. Leichnam auf einer Schaukel mit Gummisitz abgesetzt. Blaue und weiße Nylonfesseln um beide Handgelenke. Ich tippe auf Wäscheleine.« Helena trat näher an die reglose Gestalt auf der Bahre und begutachtete die Schnüre, mit denen die Handgelenke des Kindes zusammengehalten wurden. »Sauber abgeschnitten. Sieht aus –«
    »Womit abgeschnitten?«, warf Mouton ein.
    »Sieht aus, als wäre es eine Kneifzange gewesen«, beendete Clare den Satz für Helena. »Etwas eher Grobes.«
    »Leichnam in fötaler Position zusammengefaltet«, fuhr Helena fort. »Als er aufgefunden wurde, waren die Arme um die Beine geschlungen. In ein altes Stoffstück gewickelt. Alles mit Riempie zusammengehalten. Riempie wurde auch verwendet, um das Kind an die Schaukel zu binden, auf der es gefunden wurde.«
    Helena löste die »Riempie« genannten geflochtenen Lederbänder, mit denen das Tuch locker in Position gehalten wurde. Kaiser Apollis sah aus, als würde er schlafen. Seine Glieder waren zur Seite gefallen, die Handflächen zeigten nach oben. Sie
zog das Tuch unter ihm heraus und breitete es aus. Es war frei von Blutflecken. Das Leben war aus ihm gesickert, bevor er in das Tuch geschlagen worden war.
    »Dr. Kotze.« Moutons körperlose Stimme schreckte sie auf. »Auf wann haben Sie die Todeszeit bestimmt?«
    »Der Körper war schon ausgekühlt, als er gefunden wurde«, antwortete Helena. »Aber ich würde sagen, dass der Tod mindestens sechsunddreißig, vielleicht auch achtundvierzig Stunden vor dem Auffinden der Leiche eingetreten ist. Die Leichenstarre war so gut wie aufgelöst. Außerdem sind die Wochenenden generell unsere Mordnächte. Also wohl schon Freitag.«
    »Gibt es weitere Wunden? Auf den Fotos sah es so aus, als wäre sein Brustkorb ein Schlachtfeld.«
    »Ja«, sagte Helena. »Großflächige Schnittverletzungen post mortem. Oberflächliche Wunden an Brustkorb und Abdomen. Relativ geringer Blutaustritt. Zugefügt einige Zeit post mortem. Wir werden sie genauer ansehen, sobald wir sie abgewaschen haben.«
    Helena und Tamar streckten den schlanken Jungen

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