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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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ordentliche Autopsie beerdigt. Von daher haben wir kaum Spuren.«
    »Ich weiß«, erwiderte Goagab ungerührt. »Aber wir stehen unter Druck, wie Sie sich bestimmt vorstellen können. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich so bald wie möglich wissen lassen würden, welche Gestalt Ihr Mörder annimmt.« Er zog die Autotür auf, öffnete das Handschuhfach und überreichte ihr eine Visitenkarte. »Hier ist meine Privatnummer, falls Sie etwas brauchen sollten.«
    »Wie kommen Sie auf den Gedanken, dass ich etwas brauchen könnte?« Clare drehte das kleine weiße Kärtchen in den Händen.
    »In einer fremden Stadt kann es nie schaden, möglichst viele Freunde zu haben.« Goagab rutschte hinter das Steuer. Er drückte auf einen Knopf, und das Fenster fuhr hoch. Eine Sekunde lang starrte Clare auf ihr blasses Spiegelbild, dann ließ sie die Visitenkarte in die Jackentasche gleiten und lief zum Bungalow zurück, doch die unerwartete Begegnung hatte sie aus dem Tritt gebracht.
    Um halb acht hatte Clare geduscht, sich angezogen, gefrühstückt und ihre zerstreuten Gedanken wieder auf Kurs gebracht. Bevor sie sich auf dem Polizeirevier mit Tamar traf, blieb ihr noch Zeit, mit Mara Thomson zu reden. Sie nahm ihren kleinen Müllsack mit nach draußen, schloss die Tür ab und warf den Müll dann in die Tonne, die auf dem schmalen Sandstreifen zwischen ihrem und dem Nachbarbungalow stand. Dann erstarrte sie, ohne die Möwen zu beachten, die um einen gestohlenen Fischkopf stritten, und blickte gebannt auf die Spuren im Sand.
    Menschliche Fußspuren führten direkt zu ihrem Schlafzimmerfenster. Clare folgte den Spuren bis zum Anfang des schmalen Durchganges, doch davor hatte der Nachtwind alle Spuren
bis auf ihre eigenen neuen beseitigt. Noch einmal folgte sie den Spuren, wobei sie äußerst behutsam auftrat, um nichts zu zerstören. Wer auch immer sie hinterlassen hatte, hatte eine Weile hier gestanden. Der Sand war zusammengedrückt, als hätte der Beobachter von einem Fuß auf den anderen getreten, um sich warm zu halten. Oder um besser sehen zu können. Sie hatte am Vorabend den Vorhang zurückgezogen, weil sie gehofft hatte, dass irgendwann der Mond durch den Nebel brechen würde. Wie lange hatte er wohl hier gestanden?
    Was hatte er gewollt? Sie durchsuchte die wilden Träume, die sie in der vergangenen Nacht heimgesucht hatten, und versuchte festzustellen, ob einer davon durch die Nähe eines Fremden ausgelöst worden war. Vor dem Fenster waren Gitterstäbe angebracht, aber ihr Bett stand gleich darunter. Er hätte die Hand durch eine Öffnung schieben und sie über ihr Gesicht halten können, um ihren weichen und im Schlaf vertrauensseligen Atem auf seiner Haut zu spüren. Bei dieser Vorstellung wurde ihr die Kehle eng. Clare ging neben den Fußspuren in die Hocke. Wer hier gestanden hatte, hatte Turnschuhe getragen, aber selbst an dieser geschützten Stelle hatte der Wind in der Morgendämmerung alle Details mit einem sandigen Schleier zugedeckt. Clare konnte nicht einmal feststellen, wie groß die Schuhe genau waren. Es lagen ein paar alte Zigarettenstummel am Zaun, aber wenn er geraucht hätte, wäre sie mit Sicherheit aufgewacht. Sie stand auf und schaute durch ihr eigenes Fenster, genau wie der Fremde in der Nacht zuvor, auf ihr zerwühltes Bett, auf das Buch auf dem Nachttisch, auf die Spitzenunterwäsche vom Vortag, die unbeachtet auf dem Fußboden lag.
    Ihr Atem kam in einem kurzen Stoß, ließ das Glas beschlagen und offenbarte die groben Umrisse eines Herzens. Hier hatte er gestanden, mit dem offenen Mund gegen das Glas gehaucht, sie betrachtet, während sie schlief, und dabei mit einer Fingerspitze ein Herz gezeichnet. Sie atmete wieder aus, diesmal
fester, um festzustellen, ob er seine Zeichnung vollendet hatte. Das hatte er. Das Herz war mit einem gezackten Pfeil durchbohrt wie ein Matrosen-Tattoo, und darunter sammelten sich Blutstropfen.

20
    Mara Thomson nahm die Fotos, die an ihrem Wecker lehnten. Ihr Team aus obdachlosen Jungen in brandneuen Fußballtrikots, die triumphierend einen silbernen Cup in die Höhe hielten. Das andere Bild war schon abgegriffen: Mara und ihre Mum in dem Park bei der Londoner Sozialsiedlung, in der sie nur überlebt hatte, indem sie lernte, unsichtbar zu bleiben. Sie presste die Fotos zwischen ihren Händen zusammen, als wollte sie ihre Reise wie zwischen zwei Bücherstützen auf jenen Punkt reduzieren, an dem sie sich jetzt befand – während gleichzeitig Kaiser Apollis’

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