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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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eigentlich keinen Grund.« Clinton gab sich geschlagen.
    »Lassen Sie mich das zusammenfassen: Sie haben aus einer Laune des Augenblicks beschlossen, mit einem minderjährigen Mädchen in ein militärisches Sperrgebiet zu fahren?«, fragte Clare scheinbar beiläufig.
    Clinton zuckte die Achseln, ein missglückter Versuch, arrogant
zu wirken. »Ich habe neulich einen alten Armeekameraden gesehen, und dabei sind alte Erinnerungen wach geworden. Früher kamen wir immer hierher. Dann wollte Chanel mal einen Ausflug machen, und ich dachte, warum fahren wir nicht hierher? Schließlich können wir uns in der Stadt schlecht zusammen blicken lassen.«
    »Wer ist dieser alte Kamerad?«, fragte Clare.
    »Ich weiß nicht mal mehr, wie er heißt. Irgendwie ausländisch. Polnisch. Vielleicht russisch. Ich weiß es nicht mehr. Das ist Jahre her. Er war Offizier in einer Einheit, die hier draußen stationiert war. Ich war nur ein einfacher Soldat. Dann habe ich ihn allein im Strip Club sitzen sehen, so cool wie schon immer in seinen Cowboystiefeln, und da fiel mir das Gelände wieder ein.« Clintons Schultern sackten schicksalsergeben nach unten. »Was für eine saublöde Idee!«
    »Woher kennen Sie ihn?«, fragte Tamar Chanel.
    »Ich babysitte für seine Frau«, antwortete das Mädchen. »Mrs Nel wird mich umbringen. Und meine Mutter auch.«
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist«, sagte Tamar.
    »Kann ich eine Zigarette haben?«, bat Chanel.
    Clare warf ihr eine Zigarettenschachtel zu, die sie für solche Fälle immer bei sich trug. Das Mädchen zündete sich mit bebenden Händen eine Zigarette an. Dann erzählte sie ihnen: Sie hatten sich schlafen gelegt, sie war aufgewacht, hatte pinkeln müssen, war zu den Bäumen hinübergegangen und dort hatte der Junge gesessen und sie angestarrt wie in einem kranken Bubenstreich.
    »Haben Sie sich umgesehen, bevor Sie sich schlafen gelegt haben?«, fragte Clare.
    »Nicht besonders gründlich«, antwortete Chanel. »Als wir ankamen, wurde es schon dunkel.«
    »Keine anderen Autos?«, fragte Tamar.
    »Wir haben keins gesehen«, sagte Clinton. »Und auch nichts gehört.«

    »Und Sie?«, wandte sich Clare an das Mädchen.
    »Nur die Geckos, die sich nachts rufen. Hören Sie mal …« Sie hielt eine Hand hoch. »Da sind sie wieder.«
    Clare lauschte: das Frösteln machende, klagende Lachen eines Schakals, und dann aus der Ferne: Tjak. Tjak. Tjak. Das Klopfgeräusch, das die allein lebenden Reptilien absonderten, um ihr Territorium zu markieren und um einen Partner anzulocken.
    »Warten Sie drüben im Wagen«, sagte Tamar zu Chanel. Das Mädchen schlotterte inzwischen. Kälte und Schock. »Dort müsste es auch Kaffee geben, mit dem Sie sich aufwärmen können.«
    Als van Wyk die Suchscheinwerfer ausschaltete, beschien wieder das Licht der Sterne den Tatort und dämpfte das Grauen wie mit dem Weichzeichner. Eine Fledermaus auf der Jagd schoss knapp über den Boden. Der Wind raschelte in den Bäumen, erstarb dann und hinterließ eine so absolute Stille, dass sie Clare auf die Ohren drückte.
    Als würde sie aus großer Höhe abstürzen.

29
    Helena Kotze startete mit einem festen Tritt ihr Motorrad und ließ das Knattern wie eine Maschinengewehrsalve durch die stille Straße hallen. Typisch, dass der Anruf erst gekommen war, nachdem das Pulsieren der Clubs und Bars nachgelassen hatte und sie endlich in den tiefen Schlaf abtauchen konnte, nach dem sie sich so verzehrte. Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, was sie im gleichgültigen Wüstensand erwartete. Stattdessen dachte sie darüber nach, dass sie, während sie den Bauch der Lagune umfuhr, wahrscheinlich genau dem Weg folgte, den auch der Mörder genommen hatte. Es führte kein
anderer Weg ins Delta. Sobald sie nach Osten bog, schlossen sich die Bäume über ihr.
    Sie rollte das Motorrad in das Amphitheater der Dünen. Tamar und Clare standen neben dem Leichnam, der an den Baum geschnürt war. Van Wyk saß rauchend in seinem Pickup. Ein in eine Decke gehülltes Mädchen lehnte den Kopf ans Fenster. Karamata und ein Mann mittleren Alters standen neben einem Motorrad.
    »Helena, gut dass Sie da sind«, sagte Tamar. »Fangen wir gleich an.«
    Helena stellte ihre sperrige Tasche im Sand ab.
    »Sie haben Ihren Spurensicherungskoffer dabei?« Tamars professionelle Reaktion glättete die nervöse Spannung in ihre Stimme.
    Helena nickte. »Haben Sie alle Bilder, die Sie brauchen?«
    »Ich glaube schon.«
    »Nahaufnahmen der

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