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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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über jede Unterbrechung. Helena Kotze hat Sie angekündigt. Was kann ich für Sie tun?«
    Clare lud die Päckchen mit Schuhen und Kleidern und das Bukett von Wüstenpflanzen auf einem Tapeziertisch ab. »Ich helfe zurzeit, die Morde an vier Jungen in Walvis Bay aufzuklären«, sagte sie. »Den Jungen, die Helena obduziert hat.«
    »Diesen Aidswaisen?«
    »Einige davon waren welche, ja. Straßenkinder.«
    »Wie kann ich da helfen?« Myburgh sah sie verdattert an.
    »Die Leichen wurden an den verschiedensten Plätzen abgeladen«, erläuterte Clare. »An einer Schule, an der Pipeline nach Walvis Bay, an der Müllkippe. Die letzte im Kuiseb-Delta. Keiner der Jungen wurde dort umgebracht, wo er aufgefunden wurde.«
    »Ach, Sie möchten von mir wissen, wo sie zuvor waren?«, fragte Myburgh und betastete dabei die blassen Blüten auf dem Tisch.
    »Können Sie das?«
    »Ich kann es versuchen.« Myburghs Augen begannen angesichts dieser Herausforderung zu leuchten. »Pollen sind einzigartig,
und sie lassen sich nicht abschütteln. Falls sie eine blühende Pflanze gestreift haben, wird sich das irgendwo zeigen. An den Schuhen, den Schuhbändern, den Kapuzenschnüren. Pollen sind der konservativste Teil der Pflanze. Es kommt nur selten zu Mutationen. Darum können wir sie so genau verorten. Falls es eine Mutation gibt, sticht sie heraus wie eine rote Flagge, die in die Richtung der jeweiligen Spezies weist.«
    »Wie lange werden Sie brauchen?«, fragte Clare.
    »Das hier kann warten.« Myburgh deutete auf die Blätter, die Samenstempel und sezierten Knospen, die auf seinem Tisch ausgelegt waren. »Aber ein, zwei Tage wird es dauern. Pflanzen sind wie Menschen. Nur die kleinen Unterschiede machen sie einzigartig. Oft unterscheidet sich der eine Pollentypus vom anderen nur durch eine winzige Veränderung, durch eine klitzekleine Abweichung. Ich nehme an, bei einem Killer ist das genauso: Man sucht nach der Kalibrierung für diesen einen Unterschied, der ihn so anders macht als mich … oder Sie.«
    »Diese winzigen Diskrepanzen«, bestätigte Clare. »Genau danach suche ich.«
    »Meine Mutter hat immer gesagt, einen Mann erkennt man an seinen Schuhen«, erzählte Myburgh. »Wenn Sie einen Verdächtigen haben, dann bringen Sie seine Schuhe her. Sie werden mir verraten, wo er gewesen ist. Bis dahin können Sie das hier mitnehmen. Es ist die Pflanzenliste, an der ich arbeite, und hier sind die dazugehörigen Pollen.« Er reichte ihr einen Papierstapel.
    »Die sind aber schön«, kommentierte Clare, als sie die vergrößerten Aufnahmen von Wüstenpollen studierte. »Wie lange haben Sie daran gearbeitet?«
    »Etwa zwei Jahre, aber der größte Teil der Feldarbeit wurde von einer amerikanischen Ethnobotanikerin geleistet«, sagte Myburgh.
    »Sie ist aus dem Projekt ausgeschieden?«

    »Es war Virginia Meyer«, sagte Myburgh. »Sie kam bei einem Autounfall ums Leben.«
    »O ja«, sagte Clare. »Ich habe schon von ihr gehört, und ich bin ihrem Sohn Oscar begegnet. Einer der Toten wurde auf dem Hof seiner Schule gefunden. Vor seinem Klassenzimmer, genauer gesagt.«
    »Merkwürdiger kleiner Junge, dieser Oscar«, sagte Myburgh. »Früher war er immer mit ihr im Feld. Er und ein alter Topnaar namens Spyt, den Virginia als Führer beauftragt hatte. Kennt die Wüste, wie Sie und ich unser Gesicht kennen. Falls Sie irgendein Detail über irgendetwas in der Namib wissen wollen – Pflanzen, Steine, Tiere – ist er Ihr Mann.«
    »Wo ist er jetzt?«, fragte Clare.
    »Spyt?«, wiederholte Myburgh. »Der kann überall sein. Seit dem Unfall lebt er noch zurückgezogener. Er hat Virginia vergöttert und Oscar geliebt.« Er überlegte kurz. »Ich nehme an, Oscar war noch zu klein, um zu merken, wie eigenartig Spyt ist. Er wusste nur, dass Spyt mitten im Nichts magische Orte finden konnte.«
    Myburgh begleitete Clare zu ihrem Wagen. »Wenn Sie mir Ihre Handynummer geben, rufe ich an, sobald ich etwas für Sie habe.«
    Clare schrieb ihm ihre Nummer auf. »Noch eines würde mich interessieren«, sagte sie. »Vielleicht können Sie es mir verraten.« Sie beugte sich zur Seite und öffnete das Handschuhfach. Die Insektenhüllen, die Herman Shipanga gefunden hatte, purzelten auf ihre Handfläche. Wieder ekelte ihr vor dem kratzigen Gefühl, mit dem der kleine Kadaverball über ihre Handfläche rollte.
    »Was ist das?«, fragte Myburgh.
    »Das Abendessen von irgendwem«, sagte Clare. »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir mehr darüber sagen.« Sie reichte

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