Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
heute Nacht auf die Jagd zu gehen. Er wird nicht nach Maidensby zurückkehren. Bastien und Yannick werden ihm folgen.“
Ein heimlicher Blick in die dunklen, glitzernden Augen gab Althea zu denken. Ging Zayan nach London, weil er wusste, dass er sie dort finden würde? Woher wusste er davon? Er konnte ihre Träume kontrollieren – konnte er auch ihre Gedanken lesen?
„Ich muss Sie jetzt allein lassen, meine Liebe“, sagte die Königin. „Aber denken Sie daran, Zayan glaubt, dass Sie die Zerstörung der Zwillinge provozieren werden.“
„Sie müssen mir sagen, wie ich das verhindern kann!“
Die Königin blickte Althea an. „Das werden Sie selbst entdecken müssen, Sterbliche.“
Sie war also nur zu ihr gekommen, um Yannick zu beschützen, erkannte Althea. Vielleicht war es der Königin nicht erlaubt, einzugreifen. Die Regeln der Unsterblichen und der magischen Zwischenwelt waren komplex und verwirrend. Wie unendliche Rätsel. Gab es irgendeine Möglichkeit, wie sie eine Antwort bekommen konnte?
Die Vampirkönigin – und ihre Kleidung – verschwanden in einem Wirbel aus türkisfarbenem Licht.
Zu spät.
„Wo, zur Hölle, ist sie?“ Yannick stürmte in Zayans Schlafzimmer im Mausoleum und schrie seine Forderung Altheas Vater entgegen. Er hatte gewusst, dass er Sir Edmund hier finden würde – Althea hatte ihrem Vater von diesem Ort erzählt, das hatte er sich schon gedacht.
„Guten Abend, Mylord.“ Sir Edmund beugte sich tief über ein geöffnetes Buch, das auf Zayans Sarg lag.
Verblüfft starrte Yannick Sir Edmund ein, der ihn einfach ignorierte und weiter in dem Buch las.
Hinter ihm sauste eine Peitsche durch die Luft und zischte, dicht gefolgt von einem Knallen, als die Spitze den Boden berührte. Etwas anderes – vermutlich die Keule – berührte den Fußboden mit einem dumpfen Aufprall. Er hörte das raue Lachen der Männer, die sich die Zeit damit vertrieben, Zayans Fundgrube an Sexspielzeug und Fesseln zu erkunden. Er konzentrierte sich auf Sir Edmund, aber er behielt das halbe Dutzend kräftiger Arbeiter aus dem Augenwinkel im Blick.
„Hey, Leute, guckt mal, es ist der Vampir höchstpersönlich!“
Verdammt noch mal. Yannick seufzte. Er hatte keine Zeit, gegen sechs Männer zu kämpfen, die mit Peitschen, Spitzhacken und Armbrüsten bewaffnet waren.
Sir Edmund blickte auf und hielt die Hand hoch, um die Männer aufzuhalten. „Bleibt ruhig, Männer“, rief er. „Seine Lordschaft ist keine Bedrohung.“ Dann schob er die Brille auf seiner Nase zurecht und wies auf das Buch. „Dürfte ich Eure Aufmerksamkeit auf das hier lenken, Mylord? Es ist Zayans Tagebuch – er hat es über einhundert Jahre immer wieder geführt. Unregelmäßige Einträge, aber ich denke es wird so manches erhellen …“
Verärgert trat Yannick zu Sir Edmund. „Vergessen Sie das verdammte Tagebuch. Wo ist Althea? Warum, zur Hölle, haben Sie sie allein fortgeschickt?“
Er hörte, wie sich die Männer hinter seinem Rücken unruhig bewegten. Er wusste, sie warteten nur auf ein Zeichen, um ihn anzugreifen. Aber das war ihm so verdammt egal! „Ich erwarte eine Antwort, Sir Edmund. Sofort.“
Sir Edmund pfiff anerkennend, als er eine Seite des Buchs umblätterte. Plötzlich erkannte Yannick, dass sein Gegenüber eine Rolle spielte. Er benahm sich wie ein ungezogener Schuljunge. Er wollte ihn ablenken. Jeden Augenblick konnte er jetzt von einem Bolzen im Herzen getroffen werden.
Sir Edmund blätterte die nächste Seite um. „Althea ist nicht allein, Mylord, das kann ich Euch versichern.“
Yannick schäumte vor Wut. Wie konnte er sich mit einem Mann, der so weit unter seinem Rang stand, auf so ein sinnloses Geplänkel einlassen? Er musste dafür sorgen, dass der Mann endlich klarsah.
„Wer auch immer bei ihr ist, wird sie nicht beschützen können, wie ich es kann“; schnappte er. „Sagen Sie mir, wo sie ist – im Gegenzug werde ich Ihnen alles über Zayan erzählen, was Sie brauchen.“
Sir Edmund knallte das Buch zu und sprang auf. „Ihr denkt, ich würde meine Tochter verraten, um Zayan zu fangen?“, bellte er. „Ihr beleidigt meine Ehre, Mylord. Das ist nicht gerade klug, wenn Ihr mich fragt. Es sind genug Waffen auf Euch gerichtet, die Euch vernichten könnten. Nicht einmal ein Vampir könnte es überleben, wenn all seine Glieder abgehackt werden. Oder wenn er enthauptet wird.“
Das stimmte. Yannick witterte plötzlich einen Duft, den er bisher nicht wahrgenommen hatte, weil er von dem
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