Blutrote Kuesse
Rücken. Silber blitzte auf und bohrte sich in sein Herz, als er schon die Hände nach ihr ausgestreckt hatte. Noch einmal sauste das Messer unbarmherzig auf ihn nieder, dann war er erledigt. Schon wurde ich durch einen heftigen Schlag nach vorn geschleudert. Statt mich dagegen zu wehren, krümmte ich mich zusammen, sodass der Angreifer im hohen Bogen über meinen Kopf flog, statt mich zu Fall zu bringen. Niemand hatte mit meiner Schnelligkeit gerechnet. Noch bevor er sich wieder auf mich stürzen konnte, hatte ich ihn auch schon an der Wand hinter ihm aufgespießt. Verblüfft starrte er den silbernen Messergriff an, der ihm aus der Brust ragte.
Mit einem meiner Wurfmesser durchtrennte ich die Stricke, mit denen meine Mutter gefesselt war.
»Los, raus. Sofort!«
Ich stieß sie weg, dann machte ich einen Satz und landete direkt hinter zwei angriffsbereiten Vampiren. Mit meiner gesamten neu gewonnenen Körperkraft schmetterte ich ihre Köpfe gegeneinander, dass ihnen die Schädel barsten, und erstach sie von hinten, ein Messer in jeder Hand. Ich hatte solche Gewalt in mir, dass meine Hände durch ihre Körper drangen. Mit einem schaurigen Knurren drehte ich mich um und benutzte ihre schrumpeligen Leichen als Schilde. Fänge, die es auf meinen Hals abgesehen hatten, bohrten sich in totes Fleisch. Beim nächsten Vampir stieß ich so heftig mit dem blutigen Messer zu, dass der Brustkorb des Vampirs, der noch an meinem Handgelenk hing, bis über meinen Unterarm geschoben wurde. Bevor sich die nächste Dracula-Horde auf mich stürzen konnte, schleuderte ich ihnen die Leiche entgegen, die noch an meinem anderen Arm steckte. Das verschaffte mir etwas Zeit, in der ich meine Hand aus dem Brustkorb des toten Vampirs befreien und mit tödlicher Zielsicherheit weitere Silbermesser schleudern konnte. Eines traf das Auge eines Angreifers genau. Er kreischte schauderhaft, bis das nächste Messer zwischen seinen Fängen landete.
Mir kam es vor, als würde ich wie bei einem morbiden Zirkuskunststück ständig Wurfmesser aus Körpern reißen, um gleich darauf auf den nächsten Angreifer zu zielen. Als ich nicht mehr nachkam, musste ich zum ungleich gefährlicheren Nahkampf übergehen. Ich lernte die wilde Ekstase kennen, die ich empfinden konnte, wenn ich einem Gegner mit solcher Gewalt den Hals umdrehte, dass sich sein Kopf vom Rumpf löste. Wie eine Bowlingkugel schleuderte ich ihn durch den Raum, sodass er den Rücken des Vampirs traf, der sich Bones nähern wollte. Die Handschelle, die noch an seinem Handgelenk hing, wirbelte er so schnell durch die Luft, dass man nur noch einen undeutlichen grauen Schatten erkennen konnte.
Ein Mann versuchte, über den demolierten Wagen hinweg zu mir zu klettern. Ohne nachzudenken zielte ich mit einem Messer auf seinen Schädel. Irgendetwas an seinem plötzlichen Aufkreischen und der sofortigen Stille danach sagte mir, dass ich soeben einen Menschen getötet hatte. Vampire waren widerstandsfähiger. Seltsamerweise hatte ich keinerlei Schuldgefühle. Wer immer es auf mich abgesehen hatte, war der Feind, auch ein schlagendes Herz konnte daran nichts ändern.
Von fern hörte ich Sirenengeheul näher kommen. Offenbar hatte Mansfield die Nachricht erhalten. Durch die aufgerissene Hauswand sah ich eine Blaulichtarmada auf uns zukommen. Ein richtiges kleines Heer kam angerückt. Auch die verbliebenen Vampire sahen es und verdrückten sich eiligst. Das hatten wir gehofft. Hatten sie uns den Rücken zugekehrt, waren sie um einiges leichter fertigzumachen. Wieder und wieder bohrte sich Silber in Fleisch, als die Vampire durch die Trümmer des Hauses zu fliehen versuchten.
Ein wilder Freudentaumel überkam mich, und ich stieß ein schauriges Siegesgeheul aus, als ich behände zwischen den Leibern umherstrich, um noch irgendetwas Lebendes zu finden, das ich vernichten konnte. Aus dem Augenwinkel konnte ich Bones mit diabolischem Grinsen einen Vampir zerfleischen sehen, der das Pech gehabt hatte, ihm direkt vor die Füße gelaufen zu sein. Ein Arm segelte über das Schlachtfeld und landete zwischen anderen abgetrennten Gliedmaßen, gleich darauf folgte der Kopf.
»Polizei! Lassen Sie die Waffen...!«
Die Stimme aus dem Megaphon verstummte abrupt, als das Licht eines Scheinwerfers die Szenerie erhellte. Nur noch etwa sechs Vampire waren übrig geblieben, und drei von ihnen waren von mehreren Messern durchbohrt worden. Ein Schuss folgte auf den anderen, als die Polizisten hektisch auf alles feuerten, was
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