Blutrote Kuesse
Gleich darauf hat er mich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Danach war mir die Lust auf sexuelle Freiheit, wie meine Altersgenossen sie ausleben konnten, gründlich vergangen. Mir ist es ernst, ich will nicht mehr darüber reden!«
Ich keuchte vor aufgestautem Zorn über die Wunde, die er unwissentlich wieder aufgerissen hatte. Bones ließ meine Handgelenke los, und ich rieb sie dort, wo sein Griff Druckstellen hinterlassen hatte.
»Kätzchen«, begann er versöhnlich, »ich entschuldige mich. Aber nur weil deine ungebildeten Nachbarn dich ihre Vorurteile haben spüren lassen oder irgendein pickelgesichtiger Teenager mit dir einen One-Night-Stand abgezogen...«
»Hör auf«, unterbrach ich ihn aus Angst, in Tränen auszubrechen. »Hör einfach auf. Ich komme klar mit dem Job, ich kann trotz dieser Sache einen auf sexy machen. Aber ich will nicht mit dir darüber reden.«
»Sieh mal, Süße...«, startete er seinen zweiten Versuch.
»Leck mich«, fuhr ich ihn an und ließ ihn stehen.
Ausnahmsweise machte er nicht den Vorschlag, mein Angebot anzunehmen, und er folgte mir auch nicht.
Anfang der vierten Woche gab Bones bekannt, dass wir eine Exkursion machen würden. Dabei handelte es sich natürlich nicht um einen Nachmittagsausflug ins Heimatmuseum. Nein, er ließ mich um Mitternacht eine enge Straße entlangkutschieren, ohne dass ich gewusst hätte, wohin wir fuhren. Er hatte mir nur vage Richtungsanweisungen gegeben -hier entlang, dort abbiegen und so weiter -, und ich war nervös. Wir waren in einer sehr ländlichen Gegend unterwegs, die Straße war unbeleuchtet. Hätte man jemanden aussaugen und dann die Leiche entsorgen wollen, wäre dies der ideale Ort gewesen.
Hätte er das allerdings tatsächlich vorgehabt, wäre die Höhle auch ein ziemlich idealer Ort gewesen. So oft, wie ich nach unseren Trainingskämpfen bewusstlos gewesen war, hätte er sich schon längst an mir gütlich tun können, wenn er Lust dazu gehabt hätte. Ich hätte nichts dagegen tun können. Scheiße, nicht einmal bei vollem Bewusstsein hätte ich etwas dagegen tun können. Zu meinem Leidwesen hatte ich noch immer keine einzige Runde gewonnen. Bones war so verdammt stark und schnell, und gegen ihn anzutreten war, als wolle man einen Blitz an die Leine legen.
»Hier links abbiegen«, sagte Bones und riss mich aus meinen Gedanken.
Ich las den Namen auf dem Straßenschild. Peach Tree Road. Machte nicht den Eindruck, als führte sie irgendwohin.
»Weißt du, Partner«, sagte ich, als ich den Wagen um die Kurve lenkte, »du gibst dich sehr bedeckt. Wann sagst du mir endlich, was dieser Ausflug soll? Ich nehme an, du hast nicht einfach spontan Lust bekommen, Kühe umzuschubsen.«
Er schnaubte. »Nein, könnte ich nicht behaupten. Ich brauche ein paar Informationen von einem Mann, der hier draußen haust.«
Seinem Tonfall zufolge würde der Betreffende sich über den Besuch wohl nicht freuen. »Hör zu, mit Mord an Menschen will ich nichts zu tun haben. Wenn du also denkst, du könntest diesen Typen ausquetschen und ihn hinterher verbuddeln, liegst du falsch.«
Ich erwartete, dass Bones mit mir streiten oder wütend werden würde, doch er lachte los.
»Ich mein's ernst!«, sagte ich und stieg zur Bekräftigung auf die Bremse.
»Du verstehst den Witz noch früh genug, Süße«, gab er zurück. »Aber lass mich dein Gewissen beruhigen. Zum einen verspreche ich, dass ich dem Typen kein Haar krümmen werde, und zum anderen wirst du es sein, die mit ihm redet.«
Das überraschte mich. Ich wusste nicht mal, wer der Kerl war, ganz zu schweigen davon, welche Fragen ich ihm stellen sollte.
Er sah mich mit hochgezogenen Brauen an. »Fahren wir bald weiter?«
Oh. Ich stieg von der Bremse und trat aufs Gas, sodass sich der Pick-up ruckartig in Bewegung setzte. »Verrätst du mir sonst noch ein bisschen was ? Zum Beispiel ein paar Hintergrundinformationen über ihn, und was du von ihm wissen willst?«
»Natürlich. Winston Gallagher war in den sechziger Jahren Bahnarbeiter. Nebenbei brannte er illegal Whiskey. Jemand kaufte eines von Winstons Erzeugnissen und wurde am nächsten Tag tot aufgefunden. Winston hatte sich wohl beim Alkoholgehalt getäuscht, vielleicht hat die Schnapsnase auch zu viel gesoffen. Doch Winston wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt.«
»Das ist ja ungeheuerlich!«, rief ich aus. »Ohne Motiv oder Beweis für einen Tatvorsatz?«
»Der Richter, John Simms, hielt leider nicht viel von dem Grundsatz
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