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Blutrote Kuesse

Titel: Blutrote Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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sagt er dir alles, was du wissen willst.«
    »Ich will das mal klarstellen. Ich soll hier auf dem Friedhof herumpoltern und mit einer Flasche Pennerglück wedeln, um einen ruhelosen Geist herbeizurufen, den ich dann ausfragen soll?«
    »Genau. Und vergiss eins nicht. Stift und Papier. Du musst Namen und Alter aller Mädchen aufschreiben, von denen Winston erzählt. Kann er dir auch Näheres über die Todesumstände sagen, umso besser.«
    »Ich sollte mich weigern«, murrte ich. »Wir haben nämlich nicht abgemacht, dass ich auch Geisterbefragungen durchführen muss.«
    »Stimmt meine Theorie, werden uns diese Informationen zu einer Vampirbande führen, und dass du Vampire jagst, haben wir abgemacht, oder etwa nicht?«
    Ich schüttelte nur den Kopf, als Bones mir einen Kugelschreiber, einen kleinen Spiralblock und die Flasche mit dem Schwarzgebrannten gab. Ein Vampir schickte mich aus, um einen Toten zu wecken. Das bewies wohl, dass ich nicht medial veranlagt war. Noch vor vier Wochen hätte ich so etwas nämlich nicht für möglich gehalten.
    Der Simms-Friedhof war um Mitternacht kein anheimelnder Ort. Von der Straße aus war er durch dichtes Gebüsch, Bäume und den Felshang verdeckt gewesen. Genau wie Bones gesagt hatte, ragte noch immer ein Baum über den steilen Abhang, und inmitten der verfallenen Grabsteine gab es auch eine große Tanne. Bones Bemerkung, Winston sei in den sechziger Jahren Bahnarbeiter gewesen, erklärte sich durch die Jahreszahlen auf einigen der Grabsteine. Er hatte die sechziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts gemeint. Nicht die des letzten.
    Eine Gestalt hinter mir ließ mich mit einem leisen Aufschrei herumfahren und das Messer ziehen.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, rief Bones sofort. Er wartete außer Sichtweite außerhalb des Friedhofsgeländes, weil ihn so keiner der toten Toten sehen konnte, wie er mir erklärt hatte. Die Vorstellung, dass Vampire und Geister sich nicht vertrugen, war aber auch zu verrückt. Konnten unterschiedliche Arten nicht einmal im Jenseits miteinander auskommen?
    »Ja...«, antwortete ich nach einem Augenblick. »Nichts passiert.«
    Das stimmte zwar nicht, aber seine Hilfe war nicht nötig. Eine vermummte, schattenhafte Gestalt glitt an mir vorüber, buchstäblich über dem kühlen Erdboden schwebend. Sie bewegte sich bis zum Rand des Felshangs, wo sie mit einem leisen Geräusch verschwand, das sich wie ein gehauchter Schrei anhörte. Fasziniert beobachtete ich, wie die Gestalt einen Augenblick später abermals aus dem Nichts auftauchte und denselben Weg noch einmal einschlug, um sich mit-neuerlichem geisterhaftem Gewimmer wieder in Luft aufzulösen.
    Links von mir beugte sich die undeutliche Silhouette einer schluchzenden Frau über einen anderen Grabstein. Nach den flüchtigen Blicken zu schließen, die ich auf sie werfen konnte, stammte ihre Kleidung nicht aus unserer Zeit, und dann löste auch sie sich wieder in Nichts auf. Ich wartete ein paar Minuten lang, dann wurden ihre Umrisse wieder sichtbar. Leise, fast unhörbar weinte sie, verstummte dann und verschwand wieder.
    Eine Schallplatte mit Sprung, dachte ich, als ich schaudernd verstand. Ja, Bones' Beschreibung war ziemlich treffend gewesen.
    In einem Winkel des Friedhofs stand ein Grabstein, dessen gemeißelte Inschrift kaum noch zu erkennen war, doch ich konnte ein W und ein T im Vornamen ausmachen, und der Nachname fing mit G an.
    »Winston Gallagher!«, rief ich laut und klopfte dabei zur Bekräftigung auf den kalten Stein. »Komm raus!«
    Nichts. Ein leichter Wind ließ mich die Jacke enger um die Schultern ziehen, während ich wartend von einem Fuß auf den anderen trat.
    »Klopf, klopf, jemand zu Hause?«, rief ich als Nächstes, denn ich kam mir ziemlich albern vor.
    Vor den Bäumen hinter mir bewegte sich etwas. Nicht das vermummte Phantom, das unbeirrbar seinen immer gleichen Weg fortsetzte, sondern ein verschwommener Schatten. Vielleicht war es nur der Wind im Gebüsch. Ich konzentrierte mich wieder auf das Grab zu meinen Füßen.
    »Oh, Winsssttonnnnn...«, gurrte ich und befühlte die Flasche in meiner Jacke. »Ich hab was für dihiich!«
    »Vermaledeites, unverschämtes warmblütiges Pack«, hörte ich eine Stimme aus dem Äther. »Wollen doch mal sehen, wie schnell sie rennen kann.«
    Ich erstarrte. Das hörte sich nicht nach einem menschlichen Wesen an! Um mich herum kühlte die Luft schlagartig ab, und ich drehte mich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Der Schatten,

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