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Blutrote Kuesse

Titel: Blutrote Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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das Gefühl, heute ist mein Glückstag.«
    Und er schleifte den Typen hinter sich her aus der Bar. Niemand sagte etwas, hier hatte man wohl Stil.
    Hin und her gerissen sah ich mich um. Versuchte ich, Charlie aufzuhalten, würde ich auffliegen, und Bones würde wieder einmal nicht an Hennessey herankommen. Also tat ich gar nichts. Ich nippte an meinem Drink und fühlte mich elend. Als Charlie zurückkam, hatte er noch immer sein freundliches Grinsen im Gesicht und war allein.
    »Da war ich wohl tatsächlich ein Glückspilz«, bemerkte er. »Fragt sich nur, ob ich auch bei dir so großes Glück habe.«
    Was auch geschehen sein mochte, es war vorbei. Ich musste die Sache jetzt einfach durchziehen.
    »Na klar, Süßer. Ich brauche bloß erst einen kleinen Mietzuschuss.«
    Das sagte ich ganz kokett. Ohne das kleinste Anzeichen von Anspannung. Übung machte eben doch den Meister, und die Bemerkung mit der Miete hatte ich von Stephanie geklaut. Ich fand das auf makabre Weise passend.
    »Wie viel brauchst du denn, Zuckerschnecke?«
    »Hundert Mäuse«, kicherte ich und veränderte ein wenig meine Position, sodass mein Kleid höher rutschte. »Du wirst es nicht bereuen, versprochen.«
    Charlies Blick wanderte über meine Schenkel unter dem lächerlich kurzen Kleid, und er holte tief Luft. Nur dank des monatelangen Trainings wurde ich nicht rot, denn ich wusste, was das bedeutete.
    »Meine Süße, so wie du aussiehst, sage ich, die Sache ist geritzt.«
    Er streckte mir die Hand entgegen, ich ergriff sie und hüpfte vom Barhocker. »Charlie heißt du, nicht wahr? Keine Sorge. Du bekommst die Spezialbehandlung.«
    Während der Fahrt schickte ich ein stilles Dankgebet zum Himmel, weil Charlie nicht versucht hatte, eine schnelle Nummer auf der Toilette zu schieben.
    Ich war ja schließlich als Nutte verkleidet. Bones folgte uns in einigem Abstand, und wir hofften, Charlie würde mich mit zu sich nach Hause nehmen.
    Bones' oberste Regel, ich solle einem Vampir nie bis in seinen Unterschlupf folgen, galt heute ausnahmsweise nicht. Charlie konnte uns wertvolle Informationen liefern. Da mussten wir das Risiko eingehen, dass er vielleicht Mitbewohner hatte.
    »Wie lange bist du denn schon in dem Gewerbe tätig, Schätzchen?«, wollte Charlie wissen, als unterhielten wir uns über das Wetter.
    »Oh, seit etwa einem Jahr«, antwortete ich. »Ich bin neu in der Stadt, aber ich will ein bisschen sparen und dann wegziehen.«
    »Gefällt es dir nicht in Charlotte?«, fragte er, als er auf den Highway einbog.
    Ich ließ meine Stimme etwas nervöser klingen. »Wohin fahren wir? Ich dachte, du hältst einfach am Straßenrand an, oder so.«
    »Ich habe mich für >oder so< entschieden, Zuckerschnecke.« Ein leises Auflachen. »Glaub mir.«
    Wie würde eine echte Prostituierte reagieren?
    »Hey, fahr nicht zu weit. Ich will nicht die ganze Nacht zu meinem Auto zurücklaufen müssen.«
    Charlie wandte mir das Gesicht zu und sah mich direkt an. Seine Augen glommen grün, und alle Freundlichkeit war von ihm abgefallen.
    »Halt's Maul, Schlampe.«
    Okay. Dann war es mit den Nettigkeiten wohl vorbei! Das kam mir gerade recht. Ich hasste Smalltalk.
    Ich nickte mit, wie ich hoffte, glasigem Blick und starrte ohne weiteren Kommentar geradeaus. Alles andere hätte verdächtig gewirkt.
    Charlie pfiff beim Fahren »Amazing Grace« vor sich hin. Ich musste wirklich an mich halten, um nicht den Kopf herumzuwerfen und ihm ein »Soll das ein Witz sein?« entgegenzuschleudern.
    Hätte er sich nicht was Passenderes aussuchen können, etwa »Shout at the Devil« oder »Don't Fear the Reaper«? Manche Leute hatten einfach kein Ohr für den passenden Soundtrack.
    Vierzig Minuten später hielt er vor einem kleinen Apartmentkomplex an. Gegenüber den anderen, ganz ähnlichen Häusern in der Straße stand er etwas zurückgesetzt. Die Gegend sah nach unterer Mittelschicht aus.
    »Trautes Heim, Zuckerschnecke.« Er grinste und stellte den Motor ab. »Zumindest kurzfristig. Dann bist du weg aus der Stadt, genau wie du es vorhattest.«
    Interessant. Er hatte mich allerdings nicht zum Sprechen aufgefordert, also blieb ich weiter wie erstarrt. Beim Gedanken an all die Mädchen, die nicht nur so getan hatten, schwelte in mir der Zorn. Meine erbliche Vorbelastung hatte auch ihre Vorteile.
    Charlie öffnete die Wagentür und zerrte mich nach draußen. Ich ließ mich von ihm die Treppe zum ersten Stock hinaufstoßen. Er machte sich nicht einmal die Mühe, mich festzuhalten,

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