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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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sich in den Himmel schwang und danach wieder zu mir zurückkehrte. Einige Male erhob er sich von seinem Platz in den Bäumen und kreiste über den Wipfeln, aber er kehrte stets zu einer Stelle über mir zurück, wenn sich seine Flüge als Fehlflüge herausstellten, weil sich seine Beute verkrochen hatte.
    Ich war so versunken in seinen Flug, dass ich zuerst gar nicht bemerkt hatte, wie ein Reiter sein Pferd neben mich gesetzt hatte. Erst als ich de Bassompierres Stimme hörte, wurde mir seine Anwesenheit bewusst.
    »Wie geht es Euch heute, Charlotte? Ich muss sagen, Ihr versteht es, Euch in Szene zu setzen.« Bei seinen Worten zwinkerte er mir zu und ich war über eine solche Dreistigkeit dermaßen überrascht, dass es mir glatt die Sprache verschlug.
    Die anderen Reiter schlossen zu uns auf, offenbar waren sie neugierig, wie der Marquis und ich uns in der Öffentlichkeit begegnen würden. Für die meisten hatte es ja den Anschein, dass ich den Marquis aufgesucht hatte, weil mich die Ungeduld zu ihm getrieben hatte. Die ganze Sache amüsierte sie wohl eher.
    Ich warf de Bassompierre einen eisigen Blick zu. »Was kümmert es Euch, wie es mir heute geht? Als wir uns das letzte Mal sahen, hat es Euch herzlich wenig interessiert, wie mir zumute ist.«
    Er seufzte. »Ach, tragt Ihr mir etwa immer noch diese alte Geschichte nach, meine Liebe, das tut doch wirklich nicht gut.«
    Für ihn war es also bereits eine alte Geschichte. »Wie schön für Euch, dass Ihr die Sache so leicht nehmen könnt, Marquis. Wollen wir dann vielleicht besser darüber schweigen. Wie wäre es, wenn Ihr Euch zum anderen Ende der Gesellschaft begebt, dann laufe ich wenigstens nicht Gefahr, noch einmal das Wort an Euch zu richten, um über diese alte Geschichte einen Ton zu verlieren.«
    Ich trieb das Pferd an und ritt davon. De Bassompierre folgte mir nicht. Stattdessen sah ich über die Schulter, wie er sein Pferd bereits neben die als kokett bekannte Herzogin von Guise lenkte, die ihm freundschaftlich den Arm tätschelte und ihn amüsiert beobachtete. Ihr Kleid war so tief ausgeschnitten, dass ihr Busen fast daraus hervorquoll. Aber den Marquis schien dieser Anblick keineswegs zu stören, denn er neigte den Kopf so tief, dass man annehmen konnte, er unterhalte sich mit ihrem Ausschnitt und nicht mit der Dame selbst. Die Herzogin lächelte mir spöttisch zu.
    Henri, der das Gespräch stumm verfolgt hatte, lenkte sein Pferd neben mich und flüsterte mir zu: »Nimm es dir nicht zu Herzen, das hat gar nichts zu bedeuten. Es amüsiert sie lediglich, dass ausgerechnet de Bassompierre Schwierigkeiten hat, seine eigene Verlobte zu bezirzen.« Er zuckte mit den Schultern und sah mich entschuldigend an, als könnte er etwas dafür.
    Während meiner Debatten mit Vater hatte sich Henri erstaunlich ruhig verhalten, wenn es um den Marquis ging. Vielleicht weil seine eigene Ehe so schwierig war und er nicht Gefahr laufen wollte, dass Vater mit ihm darüber sprach. Deshalb hatte ich bisher den Eindruck gewonnen, dass Henri mit dem Marquis nicht viel anfangen konnte, aber nun sah er mich eindringlich an.
    »De Bassompierre hat einflussreiche Freunde, Charlotte, und schon so mancher ist hoch gestiegen, weil ihn die Mächtigen mochten. Der Marquis zählt nicht nur auf die Gunst der Königin, sondern auch des Königs, und das ist selten. Es wäre für uns alle besser, wenn du deinen Streit mit ihm beilegst.«
    »Das kann nicht dein Ernst sein, Henri!« Fassungslos blickte ich ihn an.
    Er wollte etwas sagen, aber andere Reiter schlossen zu uns auf und machten ein Gespräch unmöglich. Alles, was er noch murmelte, war: »Denk an meine Worte«, dann ritten wir stumm weiter.
    Vor uns öffnete sich freies Gelände und plötzlich stieß Mars einen weiteren markerschütternden Schrei aus. Die anderen Jäger drehten sich nach ihm um, sie führten ihre Falken noch auf der Faust. In diesem Moment erkannten sie ihren Fehler, denn unsere Jagdtechnik bedeutete, dass Mars bereits sein Ziel anvisierte, während ihre Falken erst aufsteigen mussten.
    Gegen den hellen Winterhimmel war mein weißer Falke kaum auszumachen, als er davonflog. Ich legte die Hand an die Stirn und blinzelte gegen die Sonne. Kurze Zeit später hörten wir den Ruf eines Reihers und wussten, was der Falke erspäht hatte. Der Reiher hatte den Falken offenbar ebenfalls entdeckt und erhob sich in die Lüfte. Nur kurz war er gut für uns sichtbar, dann flog er davon und wurde zu einem immer kleiner werdenden

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