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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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Stirn kämmen lassen, die allerdings nicht von der breiten Stirn ablenken konnten. Sie trug ein prächtiges hellblaues Kleid, das mit Perlen bestickt war, sie jedoch noch fahler machte, als sie ohnehin schon war. Mit der Wahl dieses Stoffes hatte ihre Schneiderin ihr keinen Gefallen getan.
    Das war also die Frau, von der Angoulevent gesprochen hatte, die Vertraute der Königin, die mit ihr aus der italienischen Heimat gekommen war. Ich prägte mir ihr Gesicht ein, das auf mich einen harmlosen Eindruck machte. Hätte Henri sie mir nicht gezeigt, wäre sie mir niemals aufgefallen.
    Auf dem Weg hinaus aus der Stadt liefen an den Straßenrändern die Menschen zusammen. Einige winkten der Königin, aber mir fiel auch auf, dass viele Bürger von Paris nur stumm dastanden und den Zug beobachteten. Sie hatten die Arme verschränkt und der Ausdruck in ihren Gesichtern war finster. Am Stadttor kam es dann zu einem Zwischenfall. Die Concini wurde fast von einer faulen Tomate getroffen, die aus der Menge geflogen kam. Als die Wachen sich durch die Leute geschoben hatten, war der Schuldige jedoch längst verschwunden. Es schien, dass die Favoritin der Königin, ja die Königin selbst, nicht nur Anhänger unter der Bevölkerung hatte.
    Doch das war der einzige Zwischenfall dieser Art. Als die Jagdgesellschaft Paris hinter sich ließ, eröffneten sich vor uns weite Felder und der Wind drehte unablässig die Blätter der Windmühlen vor der Stadt. Endlich konnten die Pferde in einen schnellen Galopp verfallen. Der Ritt in die Wälder vor Paris war zwar lang, aber auch unterhaltsam, es gab viel zu sehen und nach einer Weile hörte ich sogar auf, mich über den Anblick des Marquis zu ärgern, so sehr hatte ich das Ausreiten vermisst.
    Als wir den Wald erreichten, verteilten die bereits wartenden Diener heißen Grog an die Reiter und Henri lenkte unsere Pferde näher an das der Königin. Dort bedeutete er mir abzusitzen. Auch die Königin saß nun ab, zwischen den Fingern hielt sie eine dampfende Tasse Grog.
    Als d’Épernon Henri ein Zeichen gab, zog er mich am Ellbogen in ihre Richtung und verbeugte sich vier Schritte von ihr entfernt. Ich knickste. Dann trat Henri noch näher und ergriff den Saum ihres Kleides. Auch das tat ich ihm nach. Der Saum des Kleides war nicht wie der Rest aus Brokat, sondern aus der feinsten Seide, die ich jemals gesehen hatte. Sie glitt zwischen meinen Fingern hindurch und aus der Nähe konnte ich erkennen, dass sie ebenfalls mit der königlichen Lilie und winzigen roten Perlen bestickt war. Fast andächtig ließ ich den Stoff wieder los. Mein eigenes grünes Kleid dagegen erschien mir plump und einfallslos.
    Die Königin reichte uns die Hände. An jedem Finger trug sie einen Ring, dessen Stein so groß war wie ein Wachtelei, und in ihrem schlechten Französisch sagte sie: »Seid willkommen.«
    Wir durften uns erheben.
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber auf jeden Fall etwas anderes. Aus der Nähe war Maria de Medici weit weniger beeindruckend, als ich sie mir vorgestellt hatte. Ihr Gesicht schien aufgedunsen und das Doppelkinn war nicht zu übersehen. Von Natur aus eher klein, musste sie die letzten Jahre damit zugebracht haben, ordentlich die französische Küche zu genießen. Sie war blass und schwitzte durch die Anstrengung des Ritts. Das einzig Schöne an ihr war das dichte blonde Haar, das in weichen Locken ihr Gesicht umrahmte. Wie eine Königin sah sie nicht aus, eher wie die Matrone eines Gastwirts, die man in feine Kleider gesteckt hatte. Ich war ein wenig enttäuscht.
    Fast tat mir die Italienerin leid. Wie mir ging es sicher vielen, die ihr das erste Mal begegneten, und vermutlich war sie sich dessen bewusst. An einem Ort, an dem so viele schöne Frauen um die Gunst des Königs buhlten, war es sicher nicht leicht, sich durch deren Schönheit nicht einschüchtern zu lassen. Ich nahm an, der König würde an seiner Königin Wesenszüge mögen, die nicht gleich offensichtlich waren.
    Entschlossen nahm ich mir vor, mich gut mit ihr zu stellen, nicht weil sie die Königin war, sondern weil sie fern ihrer Heimat unter Leuten war, die keine Fehler duldeten, von denen diese Königin doch im Übermaß zu haben schien.
    Der Herzog d’Épernon wandte sich an die Königin, deren Blick distanziert über mich hinwegglitt. »Majestät, darf ich Euch Charlotte de Montmorency vorstellen. Sie ist gerade aus Chantilly angereist und wird nun am Hof eingeführt.«
    »Montmorency«, sagte die Königin

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