Blutrote Lilien
Vielleicht hatte er sie deshalb als Anstandsdame in seine Gemächer zitiert.
Noch immer unschlüssig wollte ich gerade die Treppe hinabsteigen, als sich plötzlich die Tür neben der Treppe öffnete und mir der Herzog d’Épernon in den Weg trat. Vor Schreck darüber stolperte ich fast, was ihn zu erfreuen schien. An diesem Tag trug er ein schwarz-goldenes Wams mit steifem Kragen, worin er den von ihm verachteten Hugenotten erstaunlich ähnlich sah. Mit verkniffener Miene sah er auf mich herab.
»Wie man hört, ist es an der Zeit, Euch zu gratulieren«, sagte er und legte die Fingerspitzen vor dem Bauch aneinander.
»Ich wüsste nicht, warum.«
»Ihr habt es verstanden, Euch beim König beliebt zu machen.« Er trat noch näher an mich heran und unwillkürlich wich ich nach hinten aus. Sein Blick gefiel mir nicht.
»Ich verstehe immer noch nicht, was Ihr damit meint.«
»Oh, ich denke doch, Charlotte. Aber eines solltet Ihr nicht vergessen, der König hatte bereits einige Damen, die ihm die Zeit vertreiben sollten. Sie sind alle verschwunden, aber die Königin ist immer noch hier. Sie hat dem König einen Erben geschenkt. Ihr solltet Euch gut überlegen, ob Ihr mit ihr Streit sucht.«
»Ich suche keinen Streit mit der Königin. Der König und ich teilen die Liebe zur Falknerei, ich sehe nicht, wieso das die Königin verärgern sollte.«
D’Épernon schnaubte. »Und Ihr erwartet wirklich, dass man Euch das glaubt?«
»Warum sollte man nicht? Ich gelte gemeinhin nicht als Lügnerin, Herzog, und vielleicht solltet Ihr Euch ebenfalls überlegen, mit wem Ihr Streit sucht.«
Ich wusste nicht, was mich dazu bewogen hatte, diese Worte zu ihm zu sagen, aber seine Reden machten mich wütend. Einen Moment sah es so aus, als würde d’Épernon mich ohrfeigen wollen, er ballte die Faust und kniff die Augen zusammen.
Doch da war plötzlich von der Tür her zu hören: »Seid Ihr schon wieder dabei, den Leuten zu erklären, wo ihr Platz ist, Herzog?«
Beide sahen wir zu Condé, der am Türrahmen lehnte und dort schon eine Weile gestanden haben mochte. Wie viel er von dem Gespräch wohl gehört hatte?
Langsam kam er auf uns zu und streckte die Hand nach mir aus. »Wollt Ihr mich begleiten, Mademoiselle?«
D’Épernon trat zur Seite und versperrte mir den Weg. »Solltet Ihr nicht bei dem Herzog von Sully sein und Euch für Eure Ausgaben rechtfertigen?«, fuhr er Condé an.
»Und solltet Ihr nicht bei der Königin sein, um sie von Euren zahllosen Talenten zu überzeugen, die Euch ja angeblich für den Hof so unentbehrlich machen?«
Die Männer maßen sich mit Blicken, in denen der Hass nur zu deutlich stand. Keiner von beiden wollte die gegenseitige Abneigung verbergen. Die Spannung war greifbar.
Hastig trat ich um den Herzog herum und ergriff Condés Hand. Sein Griff war fest, und als er mich hinter sich zog, schien es fast, als wolle er mich vor d’Épernon beschützen. Ohne ein weiteres Wort verließen wir den Gang durch die Tür, in der Condé eben noch gestanden hatte. Als sie sich hinter uns schloss, ließ Condé den Arm jedoch sofort sinken und meine Hand rutschte von seiner.
»Danke«, sagte ich und wartete darauf, dass er etwas erwiderte, aber er schwieg. Keine Regung zeigte er, nur sein versteinertes Gesicht, das ich schon so gut kannte. Ich hatte das Bedürfnis, die Begegnung mit dem König richtigzustellen. Es war mir wichtig, dass der Prinz die Wahrheit kannte.
»Es ist nicht gelogen, die Sache mit der Falknerei. Der König hat mich gebeten, ihm aus dem Buch De arte venandi cum avibus vorzulesen. Er schätzt es, genau wie ich.«
Condés Blick streifte mich kurz. »Ihr solltet Euch von d’Épernon fernhalten.«
»Ich habe seine Nähe nicht gesucht.«
»Wahrscheinlich ebenso wenig wie die des Königs.«
»Ihr könnt mir glauben oder auch nicht, das ist mir gleich.«
»Wirklich?«
Nein , dachte ich, aber das würde ich ihm gegenüber sicher nicht zugeben. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihm um. »Gibt es eigentlich einen Grund, warum Ihr immer so unfreundlich seid? Ist das bei allen so oder nur bei mir?«
»Ich kann Euch versichern, dass es absolut nichts mit Euch zu tun hat.« So wie er es sagte, klang es, als würde es ihn überhaupt nicht interessieren, was ich tat, dabei hatte er sich doch eben noch in das Gespräch mit dem Herzog eingemischt, als dieser mich beleidigt hatte. Aus einem solchen Verhalten wurde ich einfach nicht schlau.
Schon wieder betrachtete mich der Prinz auf diese
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