Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrote Schwestern

Blutrote Schwestern

Titel: Blutrote Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jackson Pearce
Vom Netzwerk:
richten, als sich ein Mann in einem dunklen Mantel auf der gegenüberliegenden Straßenseite von der Wand löst. Er passt hervorragend zu den anderen Typen, bewegt sich jedoch von der dröhnenden Musik und den lauten Gesprächen weg, hin zu den drei Mädchen.
    Er ist ein Fenris. Ich kann es spüren, denn in seinen langen, raumgreifenden Schritten liegt etwas Triebhaftes. Ich nehme eine Parallelstraße, um ihn beobachten zu können, ohne dass er merkt, dass er verfolgt wird. Andererseits: Die Möglichkeit, sich zu verwandeln, gäbe ihm eine Chance zu entkommen. Ich muss sie ihm nicht geben, muss nicht der Köder sein, sondern kann ihn jetzt töten. Ich mache einen langen Schritt wie eine Katze, die eine Maus bedrängt, und schließe die Finger um das Beil.
    Dann das Gelächter, dieses verdammte, fröhliche, schrecklich lebendige Gelächter. Sie sind mindestens so alt wie ich, wie also kommt es, dass sie wie Kinder lachen? Drei Mädchen, sie sind nicht so schillernd wie die anderen glitzernden Club-Schmetterlinge, gehen in T-Shirts und Jeans gemeinsam die Straße hinunter, untergehakt und mit hüpfenden Pferdeschwänzen. Der Fenris betrachtet sie hungrig, nimmt Witterung auf und grinst gierig, als er den Geruch ihrer Haare und ihres Parfüms im Wind aufnimmt. Es spielt keine Rolle, dass hier überall Leute sind – ich kann ihn abschlachten, wie es so ein Monster verdient hat, und dann weglaufen. Sie werden mich niemals finden. Ich
brauche
das.
    Nur dass es eben einen Unterschied macht. Den Fenris zu sehen, zu sehen, was sie wirklich sind … es verändert einen. Es verändert alles, selbst wenn sie einem nicht das Auge oder die Haut nehmen. Die Schmetterlinge werden nie wieder dieselben sein, sie werden die Dunkelheit gesehen haben, sie werden
wissen,
dass sie existiert, trotz ihres glitzernden Lidschattens und der glänzenden Lippen. Sie werden die Nachrichten nie wieder auf die gleiche Weise sehen, werden nie wieder auf die gleiche Weise einen Mann mustern und seine Beine betrachten, werden sich nie wieder gleich
fühlen.
Ich würde daher nicht nur einen weiteren Fenris töten, sondern auch die dumme, ignorante Unschuld dieser Mädchen.
    Mach weiter, Monster. Verwandele dich. Zwing mich. Verwandele dich genau hier, vor jedermanns Augen. Zwing mich dazu, dich zu bekämpfen.
    Aber der Fenris verwandelt sich nicht. Er bewegt sich einfach auf die Mädchen zu und schnippt seine Zigarette auf die Straße. Dabei beleuchtet das Neonlicht sein Handgelenk und hebt ein Symbol zwischen seinen dicken Venen hervor: einen Pfeil.
    Ich klammere mich so fest an mein Beil, dass der Blutfluss in meinen Händen unterbrochen ist, und spüre, wie sich meine Adern aufblähen. Gut, ein Pfeil. Ich beobachte die Schmetterlinge, bin mir sicher, dass, wenn ich ihn noch ein wenig länger anstarre, eine Art animalischer Macht die Kontrolle übernehmen wird und ich ihn angreifen muss. Als der Fenris sich den Teenagern nähert, werfen die Schmetterlinge ihr Haar zurück und wiegen sich auf ihren Füßen wie eine Reihe von Lippizanern, anmutig und graziös in ihren spitzen Schuhen und mit der glitzernden Haut. Er lächelt, grinst, schüttelt Hände und streicht sich mit den Fingern durch sein schimmerndes Haar, aus dem schon bald, das weiß ich genau, verfilztes Fell werden wird.
    Fallt nicht darauf rein. Seht ihm in die Augen. Darin spiegelt sich Hunger, kein Begehren.
Ich will schreien, sie warnen … Nein. Sie würden nur denken, ich wäre verrückt, dann würde ich den Überraschungsmoment verschenken, den ich dem Wolf gegenüber habe.
    Die Schmetterlinge und der Fenris gehen gemeinsam davon, lachend und schwatzend. Ich schleiche hinterher, aber sie sind schnell, und es ist nicht leicht, ihnen zu folgen, ohne gesehen zu werden. Dann biegen sie unerwartet in die Spring Street ab, eine Straße, die so hell erleuchtet ist, dass ich Angst habe, ihnen weiter zu folgen.
    Das geht schon. Konzentrier dich.
    Ich biege ebenfalls ab und renne eine Gasse hinunter, die parallel zu der Straße verläuft, in der Hoffnung, dass ich schneller am anderen Ende bin, damit ich ihren weiteren Weg erkennen kann. Als ich die Einmündung der Gasse erreiche, spähe ich nervös um die Ecke der Ziegelwand.
    Sie sind weg.
    Der Schrei eines Mädchens gellt durch die Nacht, panisch und schrill.
    Ich renne darauf zu, obwohl es schwierig ist, zu sagen, wo der Schrei herkommt, da die Glasgebäude Echos werfen. Sie schreit wieder auf, schmerzerfüllt, dann der entsetzte Ruf

Weitere Kostenlose Bücher