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Blutrote Schwestern

Blutrote Schwestern

Titel: Blutrote Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jackson Pearce
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Shamrock Lanes – glänzt speckig im staubig gelben Licht der Lampen und kreischendpinkfarbenen und grünen Licht der Neonröhren. Der Boden ist bedeckt von einem schäbigen Teppich im Leopardenmuster, der an einigen Stellen bis zum Zement darunter abgelaufen ist. Außerdem scheint jeder, der hier arbeitet, einen Bart zu haben. Selbst die Frauen.
    Bierkrüge stehen auf den Tischen an jeder Bahn, und das donnernde Rollen der Bowlingkugeln und das Scheppern der umfallenden Kegel ist ohrenbetäubend. Ich ernte ein paar seltsame Blicke von einigen Mädchen mit ordinären wasserstoffblonden Haaren, funkele Silas böse an und richte meine Augenklappe.
    »Ignorier sie einfach, Lett«, sagt er sanft.
    »Die sind mir egal«, blaffe ich zurück. N
icht
egal ist mir aber die Tatsache, dass wir eigentlich auf der Jagd sein sollten. Doch ich glaube, es zum millionsten Mal auszusprechen, wird ihn auch nicht überzeugen. Ich drehe den Idioten, die mich anstarren, den Rücken zu.
    Rosie sieht glücklich aus, und die pinkfarbenen Lichter verleihen ihren geröteten Wangen ein noch lebendigeres Aussehen, lassen sie noch einladender strahlen. Sie erinnert mich in letzter Zeit überhaupt nicht mehr an mich. Bis vor kurzem habe ich noch gedacht, dass Rosie so aussieht, wie ich aussehen würde, wäre ich nicht angegriffen worden. Bis auf ein oder zwei Sommersprossen. Nun bin ich mir da nicht mehr so sicher. Man sieht mich nie rot anlaufen. Und hätte mein Gesicht jemals diesen Ausdruck zeigen können? Ihre Muskeln bewegen sich nicht so wie meine, ihre Augen huschen nicht durch den Raum, um jedes Geräusch und jede Bewegung zu kategorisieren.
    Silas verteilt rot-schwarze Bowlingschuhe, die an der Sohle schon auseinanderfallen. Rosie nimmt ihre und schlängelt sich zu unserer Bahn – der 15. Ich schiele über Silas’ Schulter, als er sein Portemonnaie öffnet.
    »Du hast Geld«, kommentiere ich.
    »Ich habe ein
bisschen
Geld. Genug Geld zum Bowlen.«
    »Mehr Geld, als wir haben«, bemerke ich sinnloserweise. Ich bin dabei, mich wegzudrehen, als etwas im Scheinfach meine Aufmerksamkeit erregt. Etwas Bleiches und Pinkfarbenes, das irgendwie fehl am Platz wirkt. »Was ist das?«, frage ich, und bevor er antworten kann, fische ich das Papier aus dem Portemonnaie. Es ist eine Papierrose, nicht ganz symmetrisch und mit Falten, die ein bisschen zu rund sind.
    »Eine Blume«, antwortet er unverfänglich, als ihm der Kassierer das Wechselgeld gibt. Er schnappt die Papierblume aus meiner Hand und steckt sie zurück in sein Portemonnaie.
    »Also, was hat es auf sich mit der Blume?«, frage ich, als wir zurück zu meiner Schwester gehen.
    Silas grinst, und sein Gesichtsausdruck ist ungewöhnlich rührselig. »Die hat mir eine Freundin geschenkt.«
    »Aha. Eine Freundin«, kichere ich und verpasse ihm eins mit einem meiner Bowlingschuhe. »Erst seit einigen Wochen zurück aus San Fran und schon wieder mit Baggern beschäftigt?«
    »Nein! Wirklich. Eine Freundin«, sagt er langsam.
    Ich lasse es dabei bewenden. Silas und ich haben uns immer nahezu alles erzählt, aber die lange Reihe seiner Freundinnen ist ein Thema, das tabu ist. Ich weiß nicht, ob er einfach zu schüchtern ist, um es mir zu erzählen, oder ob er weiß, dass ich nichts von den Myriaden von fehlerlosen Frauen wissen will, die er begehrt.
Muss toll sein,
denke ich,
genug Zeit zu haben, um zu jagen
und
sich zu verlieben.
    Rosie hackt auf einer Tastatur herum, als wir wiederkommen, und schreibt LET , ROS und SIL über den Punktestandzähler. Ich schüttele den Kopf in Silas’ Richtung und lasse mich in einen meerschaumfarbenen Plastiksitz neben meiner Schwester gleiten. Unsere Bahn liegt zwischen der einiger fröhlicher und betrunkener Mittvierziger und der einer Gruppe jüngerer Männer. Jeglichen Blickkontakt mit beiden Gruppen versuche ich zu vermeiden, was anhand des sensorischen Überflusses, den das Shamrock Lanes bietet, nicht schwierig ist.
    Am anderen Ende der Bowlingbahn thront eine Coverband von gealterten Jazzern. Als Rosie und Silas sich Bowlingkugeln aussuchen, beginnen sie mit einer sehr fragwürdigen Version eines Hits aus den 80ern. Ich seufze und stehe auf, um mir auch eine Kugel auszusuchen.
    »Wer fängt an?«, frage ich.
    »Silas.« Rosie strahlt. Es ist schwer für mich, nicht einigermaßen fröhlich zu sein. Die beiden Menschen, die mir am nächsten sind, sind bei mir – selbst wenn es in einem schmutzigen Loch ist, in dem es nach Zigarettenrauch

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