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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Naivität? Vielleicht. Doch es sprach für diese junge Frau. Stephan schüttelte die Gedanken an sie ab. Keine Ablenkungen mehr, vergiss das nicht!, ermahnte er sich.
    Ihr Jagdhaus würde er sich aber ansehen. Es lag in der Nähe von Winscombe, dem Schauplatz von zwei Morden und einem Ausbruch der vermeintlichen »Influenza«. Er würde sich vermummen, so gut es ging, die getönte Brille aufsetzen und sich ins Licht hinauswagen, um noch vor der Abenddämmerung dort zu sein. Kilkennys Vampire waren jung, sie ertrugen das Tageslicht noch nicht. Er konnte sie zusammen erwischen, bevor sie ihr Nest verlassen konnten. Am Waldrand drehte er sich um, doch das Mädchen war verschwunden. Er fragte sich, wie viele Vampire es sein mochten. Wahrscheinlich würde er der Aufgabe, die Rubius ihm gestellt hatte, nicht gewachsen sein, doch er hatte keine andere Wahl, als es zumindest zu versuchen.

6. Kapitel
    A m Abend darauf saß Ann, in ihren warmen Umhang gehüllt, in ihrer Höhle und las im Schein der Fackel. Sie hatte sich vorgenommen, von jetzt an jede Nacht hierherzukommen. Hier fühlte sie sich sicher. Niemand wusste etwas von dieser kleinen Kammer am Ende eines unbenutzten Nebenarms der Cheddar-Höhle. Der Weg vom Haus die Klamm hinauf war nervenaufreibend gewesen. Wer wusste schon, ob sie nicht dieser Kreatur, die Molly getötet hatte, oder irgendwelchen durch den Wald patrouillierenden Dorfbewohnern begegnen würde? Doch zum Glück hatte Ann niemanden gesehen. Nicht einmal Stephan Sincai war sie auf dem Weg begegnet, obwohl sie, wenn sie ehrlich sein sollte, nicht behaupten konnte, dass es ihr unangenehm gewesen wäre, ihn zu treffen. Selbst als sie sich an diesem Tag um ihren Onkel gekümmert und es geschafft hatte, Erich aus dem Weg zu gehen, hatte Mr. Sincai sich immer wieder in ihre Gedanken eingeschlichen. Warum hatte ein Mann, der so abgestumpft und leidenschaftslos wirkte, ihr beigestanden, und das nicht nur einmal, sondern zweimal?
    Ach, und wenn schon! Sie würde ihn bestimmt nicht wiedersehen. Und er konnte sie auch nicht vor dem bewahren, was sie jetzt am meisten fürchtete. Sie konnte nur hoffen, dass es ihrem Onkel bald wieder gut genug gehen würde, um mit ihm das Thema Erich zu erörtern, und dass er ihren Cousin zum Teufel schicken würde. Das würde zwar vielleicht nur ein Aufschub für die Erhaltung ihrer geistigen Gesundheit sein, doch sie brauchte diese Gnadenfrist.
    Es tat gut, wieder an ihrem Zufluchtsort zu sein. Ann war immer wieder erstaunt darüber, dass andere Leute sich vor Höhlen fürchteten. Irgendwo in der Nähe konnte sie das anhaltende Tropfen von Wasser hören, das Stalaktiten und Stalagmiten entstehen ließ, und etwas weiter entfernt gurgelte ein kleiner Bach auf seinem Weg durch die Höhle, aber abgesehen davon war es still. Im Ausgleich dazu verlangte auch die Höhle Stille. Geräusche wurden mit Echos bestraft. Die Kammer, die Ann für sich ausgesucht hatte, hatte eine hohe Decke, die außerhalb der Reichweite ihrer Kerzen in der Düsternis verschwand. Der kleine Raum war an einem Ende geschlossen, bis auf den Spalt, aus dem sich der winzige Bach ergoss, und die Öffnung am anderen Ende war gerade groß genug für sie, um geduckt hindurchzuschlüpfen. Aber es gab noch eine weitere Spalte im Fels, die zu irgendeinem höher gelegenen Tunnelsystem führte, und deshalb konnte Ann in ihrer Kammer ein Feuer entfachen, um sie zu erwärmen, und der Rauch zog ab. Die vielen Kerzen, das Feuer und die Fackel ließen die kleine Höhle schon beinahe gemütlich wirken. Ihr Boden war mit Sand bedeckt und weich genug, um dort bequem auf einer Steppdecke zu sitzen, und Malmsys gehäkeltes Kissen diente Ann als Rückenpolster vor einem großen Felsen. Ja, dies war ihr wunderbares Refugium, in dem niemand sie störte.
    Ann gähnte. Wegen der Sorge um ihren Onkel, ihrer Wut auf den verabscheuenswerten Erich und der erotischen Träume von dem gut aussehenden Fremden hatte sie kaum noch Schlaf gefunden ... Auch heute hatten diese beunruhigenden Träume ihre Nachtruhe gestört, und deshalb hatte sie einen Umhang über ihr Nachthemd geworfen, ein Paar Stiefeletten angezogen und war in ihre Höhle geflohen. Sie würde jedoch schon bald wieder gehen müssen, wenn sie nicht riskieren wollte, einzuschlafen und erst zurückzukehren, wenn die Dienstboten bereits auf den Beinen waren. Niemand durfte wissen, dass es noch immer einen Weg nach draußen für sie gab.
    Sie wollte nicht zurückkehren in das Haus, dessen

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