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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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Die Luft war erfüllt von prickelnder Erregung und einem würzigen, fremdländischen Duft. Sie glaubte, eine Berührung zu verspüren. Aber das war natürlich nur ein Traum. Jegliche Berührung wäre ihr unerträglich. In ihrem Traum war es der geheimnisvolle Fremde, der sie anfasste. Sein dunkles Haar, seine brennenden Augen und vollen Lippen schwebten direkt hinter dem Nebel, der ihr Bewusstsein einhüllte. Sie erinnerte sich auch an Sincais kräftige Schenkel. Seltsam, denn vor der Begegnung mit diesem Mann hatte sie auf Männerschenkel nie geachtet. Und sie ertappte sich sogar dabei, dass sie sich fragte, wie er nackt aussehen mochte. Ann hatte schon Männer ohne Hemd gesehen und stellte sich vor, dass Stephan Sincais Brust vermutlich von lockigem dunklem Haar bedeckt war. Wie gern sie dieses feine Haar berühren würde! Allerdings hatte sie noch nie mehr von einem Mann gesehen als die nackte Brust. Wie mochte der Rest seines Körpers aussehen? Die Haut an seinen Hüften würde sich glatt anfühlen unter ihrer Hand ... Ja, sie würde ihn berühren ... überall.
    Nein! Aber der Traum schien zu verblassen, ja, sich zusammen mit dem Nebel aufzulösen. Sie stöhnte protestierend. Komm zurück!, flehte sie stumm. Das war nicht fair! Sie wollte Stephan Sincai berühren, doch er verschwand schon aus ihrem Sichtfeld. Sie musste ihn suchen. Komm zurück! Ich will dich anfassen!
    Doch natürlich konnte sie ihn nicht sehen! Verblüfft erkannte sie, dass ihre Augen fest geschlossen waren.
    Sie versuchte, sie zu öffnen, aber sie waren so schwer ... Der würzige Zimtgeruch aus ihrem Traum umgab sie immer noch. Sie wollte sich etwas Aufmunterndes sagen, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. Vielleicht ruhte sie sich jetzt besser ein wenig aus.
    Aber dann würde er fort sein ...
    Sie versuchte es erneut. Ihre Augen öffneten sich, doch sie fühlten sich trocken und verkrustet an. Ihr Blick fiel auf die vertraute schräge Decke ihres Kinderzimmers, und dieser Anblick beruhigte sie und verlieh ihr ein Gefühl der Sicherheit. Doch was war mit der Präsenz, die sie gespürt hatte? Der Geruch nach Zimt und noch etwas anderem erfüllte den Raum.
    Mit unglaublicher Anstrengung wandte sie den Kopf.
    Er war da. Natürlich war er da. Er war die ganze Zeit bei ihr gewesen. Irgendwo tief in ihrem Innersten war sie sich dessen völlig sicher. Er sah besorgt und erleichtert zugleich aus.
    »Miss van Helsing, Gott sei Dank!«, rief er und kniete sich neben ihr Bett.
    Sie brauchen nicht niederzuknien, wollte sie ihm sagen, aber das Einzige, was sie hervorbrachte, war ein leises Krächzen. Ihr Mund war so trocken!
    »Ich hole Ihnen etwas Wasser«, erklärte er und erhob sich schnell. Mit einem Becher, den er aus dem Wasserkrug gefüllt hatte, kam er zurück. Nachdenklich betrachtete er sie einen Moment, dann beugte er sich über sie, schob einen Arm unter ihr Kissen und hob mit ihm ihren Kopf an. Wie rücksichtsvoll, dass er vermied, sie anzufassen! Er hielt den Becher an ihre Lippen, und das Wasser rann über ihre Zunge und ihre Kehle hinunter wie ein Geschenk der Götter.
    »Kleine Schlucke nur«, flüsterte er. »Sie bekommen mehr, wenn Sie wollen.« Er hatte recht. Selbst jetzt schon war sie zu müde, um mehr zu trinken. Er stellte den Becher auf den Nachttisch und ließ sie behutsam auf das Bett zurücksinken. Auch er sah erschöpft aus.
    »Geht es Ihnen besser?«, krächzte sie. Immerhin ...
    Das Zimmer begann sich um sie zu drehen. Immerhin war er aus einem Wirbel schwarzen Nebels heraus in der Höhle erschienen, tödlich verwundet, und sie hatte ihn bei dem Versuch, seine Wunden zu verbinden, berührt. Und da hatte sie alles gespürt. Alles, was es über ihn zu wissen gab.
    Ann riss schockiert die Augen auf. Er war ein Vampir, der – wie lange schon? – gelebt hatte? Tausend Jahre? Zweitausend? Und sie war ungewollt in all den Zeitaltern bei ihm gewesen. Anns Erinnerung war nur bruchstückhaft, doch das, woran sie sich erinnerte, hatte sie erfahren, als hätte sie die Ereignisse selbst erlebt. Und was für Erfahrungen das waren! Kriege, körperliche Liebe, Hoffnungen, Furcht, Töten und – sehr kürzlich erst – Schmerz, Lust und grauenhafte Schuldgefühle. Und immer war das Blut präsent gewesen. Blut ist Leben ...Er trank Blut. Er war ein Monster, ein Vampir!
    Stephan erschrak über ihren Gesichtsausdruck, aber dann legten sich Kummer und Resignation wie Zentnergewichte auf seine Schultern und drückten sie herab. »Ich ...

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