Blutrubin Trilogie - Band 1: Die Verwandlung (German Edition)
schottischen Nationalbibliothek.
»Und du bist dir sicher, dass es die Bibliothek ist, die ich in meiner Vision gesehen habe?«, fragte ich beiläufig, während ich aus dem Fenster blickte und die vorbeiziehenden Geschäfte betrachtete.
»Ziemlich sicher, nachdem wie du sie mir beschrieben hast. Ich habe dir doch erzählt, dass ich mich dort oft mit Leam getroffen habe, wenn ich hier in Edinburgh war. Es schien uns ein sicherer Platz zu sein und so wurde es mit den Jahren unser regelmäßiger Treffpunkt. Deshalb wundert es mich auch nicht, dass er diesen Ort ausgewählt hat«, antwortete er. Kurz darauf sah ich es, ein großes Sandsteingebäude das identisch war mit dem, welches ich in meiner Vision gesehen hatte.
Wir steuerten zielstrebig auf das letzte Regal zu. Hin und wieder sah einer der Studenten zu uns auf, die an vereinzelnden Tischen saßen und in ihren Büchern lasen. Ich deutete auf die oberste Reihe, in der sich fast ausschließlich alte Buchexemplare befanden.
»Da oben muss es sein. Es ist ein Buch über Steuergesetze.« James zog die lange Leiter heran, stieg nach oben und besah sich die Buchtitel.
»Alle Bücher hier oben behandeln dieses Thema. Nach welchem Jahr genau suchen wir?« Ich musste nicht lange überlegen denn Zahlen waren das Einzige, was ich mir wirklich gut merken konnte. Ich vergaß eher meinen eigenen Namen als eine Telefonnummer oder eine Geheimzahl.
»1785 – 1793«, rief ich ein wenig zu laut. Einer der Studenten räusperte sich auffällig, und als ich zu ihm sah, legte er demonstrativ seinen Zeigefinger auf die Lippen. Ich verdrehte die Augen und warf einen vernichtenden Blick in seine Richtung.
»Das muss es sein«, James war die Leiter wieder heruntergestiegen und stand nun direkt neben mir, in der Hand ein altes, in Leder gebundenes Buch. Es sah sehr benutzt und mitgenommen aus. Der lederne Einband war speckig und abgegriffen und die Seiten wirkten schon leicht vergilbt.
Wir setzten uns an einen der Tische und ich knipste die Leselampe an. Ich rutschte aufgeregt auf meinem Stuhl herum, denn alleine die Tatsache, dass dieses Buch wirklich existierte, bestätigte meine Vision und jetzt war ich mir auch sicher, dass wir darin wirklich eine Nachricht von Leam finden würden.
James blätterte vorsichtig eine Seite nach der anderen um und untersuchte jede Einzelne ganz akribisch, in der Hoffnung irgendwo eine Nachricht von Leam zu finden. Er tat dies mit einer Andacht und Ruhe, dass ich nach einigen Seiten laut schnaubte.
»Geht das nicht schneller? Wenn du in dem Tempo weitermachst, sitzen wir in einer Woche noch hier. Ich bin jetzt zwar unsterblich, aber das bedeutet nicht, dass ich den Rest meines Daseins in einer muffigen Bibliothek verbringen möchte.« Ich entriss ihm das Buch, drehte es um und schüttelte es.
Da ich etwas zu robust zu Werke ging, segelten gleich zwei Seiten auf den Tisch, die sich unter meiner heftigen Attacke gelöst hatten. Dann folgte ein kleiner Zettel, der auf die Größe einer Briefmarke zusammengefaltet war und lautlos auf der Tischplatte landete.
Wir sahen uns für einen Moment schweigend an, dann Griff James nach dem Stück Papier und faltete es mit zittrigen Händen auseinander.
Mein Freund,
Wenn Du diese Zeilen liest, dann habe ich meinen Frieden gefunden.
Das, was du mir anvertraut hast, beschütze ich auch noch im Tod. Du findest es ganz in meiner Nähe.
Da ich befürchte diese Nachricht könnte in die falschen Hände gelangen, schreibe ich keine weiteren Einzelheiten, aber ich weiß, dass Du es finden wirst.
Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, so gehe zu Baobhan Shin, sie wird dir helfen.
Gun robh dion air t-ionmhas.
Dein Dir ergebener Freund Leam
Ich sah fragend zu James, der wie gebannt auf die von Hand geschriebenen Zeilen starrte.
»Gun robh dion air t-ionmhas?«, wiederholte ich langsam, während ich die Worte mühsam vom Zettel ablas.
»Möge das, was du schätzest, sicher sein«, erklärte mir James, ohne von Leams Brief aufzusehen. Als ich mich räusperte, hob er den Kopf. »Es ist Gälisch und war für uns so etwas wie eine Art Credo und Parole zugleich. Durch diesen Satz weiß ich, dass dieser Brief wirklich von Leam ist und von niemandem sonst.« Ich nickte als wäre mir vollkommen klar, was er meinte und sah ihn dann erwartungsvoll an.
»Weißt du denn jetzt, wo der Blutrubin ist?« James ließ die Schultern sinken und seufzte laut.
»Nein, ich habe keine Ahnung«, sagte er
Weitere Kostenlose Bücher