Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Guten sein.
Ich benötigte einige Augenblicke, um zu verarbeiten, was ich eben gelesen hatte. Die drei Schwestern konnte ich nicht besonders gut leiden, aber was ich jetzt gelesen hatte, änderte alles. Ich hatte geglaubt sie seien der Inbegriff der Gerechtigkeit und des Guten, doch in Wirklichkeit waren sie nur drei machtversessene Göttinnen. Und eben hatte ich erfahren, dass es noch eine höhere Macht gab, oder besser gesagt zwei davon.
Während ich die Worte wirken ließ, flammten unterschiedliche Gefühle in mir auf. An die Quelle des Bösen verschwendete ich keinen Gedanken, doch das, was ich über die Quelle des Guten gelesen hatte, ließ mein Herz schneller schlagen.
Wenn es mir gelingen würde, sie zu befreien, könnte sie mir vielleicht helfen, wieder unsterblich zu werden. Ich spürte Hoffnung in mir auflodern, die aber sofort wieder erlosch. Diesen Fluch zu brechen war so gut wie unmöglich, denn dazu benötigte man einen Nachkommen und irgendein uraltes Blut. Das waren aber bei weitem nicht die einzigen Hindernisse, denn ich müsste auch noch den richtigen Namen der Quelle in Erfahrung bringen. Es schien mir ziemlich unwahrscheinlich, dass es nach so langer Zeit noch einen Nachkommen gab. Sicher waren alle infrage kommenden Kandidaten schon vor Jahrhunderten gestorben. Auch bezweifelte ich, dass diese Schrift, in welcher der Name angeblich niedergeschrieben worden war, überhaupt noch existierte.
Trotzdem krallte sich der Gedanke in meinem Kopf fest, dass ich es wenigstens versuchen musste. Ich würde alles tun, um wieder unsterblich zu werden.
Meine Gedanken schweiften wieder zu den drei Schwestern. Zu wissen, dass diese oberste Instanz, die uns eigentlich beschützen und für Gerechtigkeit sorgen sollte, in Wirklichkeit nur machthungrige, hinterhältige Weiber waren, machte mich richtiggehend wütend. Die Vorstellung, die Quelle zu befreien und ihnen damit eines auszuwischen, wurde mit jeder Sekunde verlockender.
Andererseits hatte ich nicht gerade gute Erfahrungen gemacht, was höhere Mächte betraf. Durch den Handel mit der Trinität hatte ich meine Unsterblichkeit verloren und wer wusste schon was geschehen würde, wenn ich es mit einer noch größeren Macht zu tun bekommen würde.
Stirnrunzelnd blätterte ich zurück zur ersten Seite, wo der handschriftliche Eintrag stand. Die Schrift sah nicht sehr alt aus und schien auch nicht in die Zeit zu passen, in der das Buch verfasst worden war.
Ganz vorsichtig fuhr ich mit dem Zeigefinger über die verschiedenen Buchstaben und spürte leichte Unebenheiten. Ich stand auf und ging zu dem kleinen Regal neben der Tür, in der diverse Büroartikel verstaut waren. Darunter befand sich auch eine große Leselupe. Wieder zurück an meinem Platz hielt ich diese dicht über das Pergament und beugte mich tief hinunter.
»Hah, hab ich es mir doch gedacht«, sagte ich zu mir selbst. Bei genauerem Hinsehen war nämlich deutlich zu erkennen, dass die Zeilen mit Kugelschreiber geschrieben worden waren. Jemand hatte dabei ziemlich fest aufgedrückt und der Stift hatte an einigen Stellen etwas gepatzt und sich noch dazu tief in das Pergament gedrückt. Es war offensichtlich, dass dieser Eintrag nicht so alt war, wie das Buch selbst.
Seit wann gab es Kugelschreiber? Ich suchte in meinem Gedächtnis nach einer Antwort, doch ich hatte keine Ahnung. Aber ich saß ja nicht umsonst in einer Bibliothek. Hier würde ich sicher eine Antwort finden. Kurz darauf lagen diverse Enzyklopädien vor mir auf dem Tisch und weitere fünf Minuten später hatte ich die Antwort auf meine Frage gefunden.
Der Kugelschreiber wurde zwar schon 1928 entwickelt, seinen endgültigen Durchbruch hatte er allerdings erst Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts. Demzufolge konnte dieser Eintrag nicht viel älter sein als 50 Jahre.
Doch was die Überschrift " Codex Hostimentum" oder das Durcheinander an Buchstaben und Zahlen zu bedeuten hatte, wusste ich immer noch nicht. Mittlerweile spürte ich einen hämmernden Schmerz in meinen Schläfen. Ich drückte meine Handballen fest auf die Augen und stöhnte, als ein weiterer unangenehmer Stich durch meinen Kopf fuhr. Ich musste mir eingestehen, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu grübeln. Ich saß sowieso schon viel zu lange in diesem muffigen Raum und es war an der Zeit, mich ein wenig auszuruhen. Auf ein paar Stunden mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an.
Ich klappte die Seiten zu und stand auf. Das Buch klemmte ich mir unter den
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