Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
erkennen war, dass sich daran jemand zu schaffen gemacht hatte.
Ich musste meine Hand auf Vasilis Schultern legen, um mich aufzustützen. Es war so stockdunkel, dass ich rein gar nichts erkennen konnte und mit Sicherheit der Länge nach hingefallen wäre, wenn er mir nicht den Weg gewiesen hätte.
Die Vampire hatten kein Problem mit der Dunkelheit dank ihrer übermenschlichen Sehstärke. Wieder einmal wünschte ich mir meine früheren Fähigkeiten zurück.
»Hat jemand eine Taschenlampe oder wenigstens ein Feuerzeug dabei?«, fragte ich nach, während ich staksig einen Fuß vor den anderen setzte. Wir hatten mittlerweile das Ende der Treppe erreicht und ich spürte unebenen, festgedrückten Lehmboden unter meinen Füßen.
Plötzlich begann ein Licht zu leuchten und tauchte den Gang in gleißende Helligkeit. Mit zusammengekniffenen Augen erkannte ich, dass mein Vater eine Lichtkugel heraufbeschworen hatte, die jetzt einige Zentimeter über seiner Handfläche schwebte.
Schnell wanderte mein Blick zu den Vampiren und ich atmete erleichtert auf, als ich begriff, dass sie durch das Blut meines Vaters vor dem Licht geschützt waren.
Die Lichtkugel flackerte kurz, dann schien sie nicht mehr ganz so hell wie zuvor.
»So sollte es besser sein«, bemerkte mein Vater und sah sich neugierig um. In ungefähr fünf Metern Entfernung endete der Gang und wir sahen auf eine massive Holztür. Sie war nicht verschlossen und schwang unter lautem Ächzen auf. Der Raum dahinter war in goldenes Licht getaucht, wofür die Fackeln verantwortlich waren, die an allen Seiten an den Wänden hingen.
Ich erkannte einige Regale mit Büchern und seltsam aussehenden Artefakten und einen Mann, der uns mit zusammengekniffenen Augen, finster anstarrte.
»Keinen Schritt weiter, oder ihr werdet euer blaues Wunder erleben«, knurrte er. Jetzt erst entdeckte ich das mächtige Schwert in seiner Hand, welches er nun angriffslustig in die Höhe hob.
Meine Augen hatten sich zwischenzeitlich an das fahle Licht gewöhnt und ich betrachtete den Mann etwas genauer. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass es sich um einen Greis handelte, der unter der Last des Schwertes bedenklich hin und her schwankte.
»Wir kommen nicht in böser Absicht«, erklärte James und hob beide Hände zum Zeichen der Kapitulation.
»Wir möchten nur einen Blick in den Codex Hostimentum werfen«, fügte ich hinzu. Der Kopf des Alten ruckte in meine Richtung und er musterte mich argwöhnisch.
»Und ich möchte gerne Queen Elisabeth nackt sehen«, entgegnete er sarkastisch. Queen Elisabeth? Wenn ich mich nicht irrte, dann handelte es sich dabei um die Queen Mum und die war doch schon tot, oder? Ich verzog angewidert das Gesicht bei dieser Vorstellung.
»Was ist?«, wollte der Alte wissen. Unschlüssig biss ich mir auf die Unterlippe und sah Hilfe suchend zu Balthasar, dessen Mundwinkel verdächtig zuckten.
»Na ja, also … ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein so schöner Anblick wäre«, entgegnete ich vorsichtig. Mein Gegenüber sah mich irritiert an und schien auf eine ausführlichere Erklärung zu warten.
»Und wieso nicht?«, fragte er barsch und fuhr sich dabei durch den filzigen Bart. Wieder sah ich sichtlich verzweifelt zu Balthasar. Der spitzte die Lippen, als wolle er gleich ein Liedchen pfeifen und sah hoch zur Decke. Na super. Tolle Freunde hatte ich da. Ich drehte den Kopf wieder zu dem Alten, der mich immer noch abwartend ansah.
»Eine Frage: Wie lange sind sie denn schon hier unten?«, erkundigte ich mich vorsichtig. Einige tiefe Furchen bildeten sich auf der Stirn des alten Mannes, die ihm das Aussehen eines Faltenhundes verliehen.
»Mal überlegen ...«, brummte er in seinen Bart und dachte angestrengt nach. Dann hob er abrupt den Kopf.
»Wieso wollt ihr das wissen«, fragte er jetzt wieder etwas ungehalten. Ich seufzte und holte tief Luft.
»Weil Queen Elisabeth schon seit einiger Zeit tot ist«, antwortete ich leise. Er riss entsetzt die Augen auf und starrte mich ungläubig an.
»Was, aber warum … wie konnte das geschehen?«, wollte er wissen.
»Vielleicht, weil sie schon sehr alt war«, gab ich kleinlaut zur Antwort. Bevor er etwas entgegnen konnte, fügte ich hinzu. »Ihre Tochter Queen Elisabeth II ist jetzt Königin von England«, informierte ich ihn. Wieder riss er erstaunt die Augen auf.
»Das junge Ding ist Königin?« Au Backe, der gute Mann war ja nicht gerade auf dem Laufenden, dachte ich und suchte verzweifelt nach den
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