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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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von der Kriminalpolizei eintrafen, hatte sich die Lage vor Ort meist schon wieder beruhigt. Und die Juristen in ihren Amtsstuben konnten anschließend tage-, monate- und manchmal sogar jahrelang jede Sequenz des Geschehens in Sekundenbruchteile zerlegen und bohrende Fragen stellen, weshalb so und nicht anders reagiert worden war, weil somit alles einen anderen Verlauf genommen hätte.
    Watzlaff konnte derlei Vorgehen immer weniger verstehen. Waren das denn alles nur Theoretiker, die keine Ahnung davon hatten, wie es nachts bei dünnster Personalbesetzung zuging? Doch die Entscheidungsträger in den allerobersten Etagen waren streng darauf bedacht, dass von den wahren Problemen und der bisweilen engen Personalsituation ebenso wenig nach außen drang wie von der zunehmenden Gewaltbereitschaft einzelner Gruppierungen. Bloß dem Volk nicht sagen, wie’s wirklich ist – das könnte die nächste Wiederwahl gefährden oder eigenes Versagen an den Tag bringen. Wenn Watzlaff darüber nachdachte, überkam ihn ein unbändiger Frust und er begann, die Monate bis zu seiner Pensionierung zu zählen.
    Er verdrängte solcherlei Gedanken, drückte seinen fülligen Oberkörper gegen die ächzende Stuhllehne und schilderte dem Kriminalisten seine Theorie, wonach Autodiebstahl und Unfallflucht zusammenhängen könnten. Und wenn’s so wäre, müsse man befürchten, dass der Verkehrsunfall absichtlich herbeigeführt worden sei, fügte er an.
    Doch Schmittkes Gesichtsausdruck verriet dessen Skepsis, mit der Watzlaff gerechnet hatte. Der Kriminalist entgegnete ohne zu zögern: »Das kann alles Zufall sein.«
    Der Leiter der Kriminalaußenstelle gab sich kühl und zurückhaltend. Seine vielen Berufsjahre hatten ihn geprägt und es ihm angeraten erscheinen lassen, jede neue Situation zunächst kritisch zu prüfen. Nicht alles musste schließlich gleich ein Fall für die Kriminalpolizei sein. Weil es jedoch genügend Sachverhalte gab, die durchaus unterschiedlich bewertet werden konnten, kam es bisweilen zu kollegialen Auseinandersetzungen. Schmittke genoss ohnehin den Ruf, möglichst alles, was in seinen Ohren nach einer Banalität klang, von der Kripo fernzuhalten. Watzlaff war sich dessen bewusst gewesen, als er ins Nebenhaus hinübergegangen war, um die Bedenken zur nächtlichen Unfallflucht vorzubringen.
    »Das mag ja alles sein«, konterte er auf Schmittkes emotionsloses Verhalten. »Aber Kfz-Diebstahl und eine beinahe tödliche Unfallflucht kommen bei uns nicht alle Tage vor.«
    Schmittkes Gesichtszüge zeigten weiterhin keine Regung. Er saß aufrecht auf seinem Bürostuhl und spielte mit der Maus des Computers, als fühle er sich von Wichtigerem abgehalten. »Was meint denn der Halter des Pkw?«
    Watzlaff verschränkte die Arme. »Nichts meint der. Was soll er auch meinen? Der war auf einem Sockenhopf, pennt seinen Rausch aus und stellt fest, dass sein alter Schrottkübel weg ist.«
    »Abgeschlossen?«, entgegnete Schmittke und ließ es desinteressiert und ironisch klingen. »Natürlich war das Auto abgeschlossen, nehm ich an.«
    Watzlaff musste sich beherrschen. »Abgeschlossen, ja, sagt er. Und der Autoschlüssel liegt in der üblichen Schublade.«
    »Wer’s drauf anlegt, kriegt so ein altes Modell auch ohne Schlüssel zum Laufen. Und falls es sich um Profis handelt, dann sowieso.«
    »Ich glaub kaum, dass sich die Profis an einem acht Jahre alten Kleinwagen die Hände schmutzig machen.« Watzlaff war klar, dass er gegen eine Wand des Abblockens rannte. »Andererseits – stellen Sie sich vor: Da klaut einer ein Auto – warum auch immer – und wird in einen Unfall verwickelt. Dann hat er erst recht allen Grund abzuhauen.«
    Schmittke verzog sein Gesicht zu einem mitleidigen Lächeln. »Ich befürchte, das ist kein Fall für die Kriminalpolizei.« Es klang endgültig.
    Watzlaff spürte, dass Schmittke nicht gewillt war, sich ein vorsätzliches Tötungsdelikt vorzustellen. »Die Spurenlage«, unternahm der Revierleiter trotzdem noch einen neuerlichen Anlauf, »sie lässt nicht gerade auf einen unglücklichen Umstand schließen. Da überquert einer die Straße bei wenig Verkehr, okay, er geht quer rüber – aber ausgerechnet in diesem Moment kommt von hinten ein Fahrzeug angerast und erwischt ihn frontal.«
    »Man torkelt auch nicht bei Nacht und Nebel auf der Straße herum«, knurrte Schmittke und zog eine Miene, als wolle er nicht länger mit den Aufgaben der Schutzpolizei konfrontiert werden.
    »Von Torkeln kann keine

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