Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
sehr vernünftiger Mann.«
»Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, was Sie gerade getan haben?«, spuckte sie mir förmlich entgegen. Sie blieb wenige Schritte vor mir stehen, und aus jeder ihrer Poren drang fast spürbar die Wut. »Jeder Hinweis darauf, dass MegPaG noch aktiv ist, wird nur ihre Mitgliederzahl erhöhen. Sie sind wie eine ansteckende Krankheit. Unter den richtigen Bedingungen wächst die Gruppierung wie Unkraut. Sie haben gerade den Anschein eines jahrzehntelangen Friedens zwischen denen und uns vernichtet!«
Denen und uns ? Mir wurde schlecht. Ich wusste, dass es Unzufriedenheit gab. Das wussten wir alle. Ich sah und ignorierte ständig entsprechende Anzeichen, in der Hoffnung, dass alles gut werden würde, wenn ich nur fest genug daran glaubte. Es gab gute Gründe dafür, dass die meisten Inderlander in den Hollows lebten, getrennt von den Menschen, und die niedrige Grundsteuer hatte nur wenig damit zu tun. Aber die missgestaltete Leiche eines gefolterten Mannes, die keine zwei Meter von mir entfernt hing, konnte ich nicht einfach wegwünschen. »Ihr falscher Friede sorgt für die richtigen Bedingungen, nicht ich«, antwortete ich mit klopfendem Herzen. »Eine gemeinsame Ermittlungsanstrengung von I. S. und FIB, um eine Hassgruppierung zu Fall zu bringen, ist besser als ein ganzes Jahrzehnt des vorgetäuschten Friedens. Sie sollten einfach mitziehen, Nina. Machen Sie das Beste draus.«
Das war nicht unbedingt das Klügste, was ich hätte sagen können. Sie stürzte sich auf mich. Im selben Moment wurde ich von Wayde nach hinten gerissen. Keuchend stolperte ich, bevor ich mein Gleichgewicht wiederfand, doch Nina ging bereits mit geballten Fäusten und wütenden Schritten Richtung Straße.
Ich schenkte Wayde ein schwaches Lächeln und löste mich von ihm. Ich war dankbar für seine schnelle Reaktion. Sie hätte mich genauso schnell erwischen können. Vielleicht war er besser, als ich gedacht hatte. Nina stürmte durch den Park und die I. S.-Beamten machten ihr hastig Platz. »Danke«, flüsterte ich, und er verzog das Gesicht.
»Ich hätte den Mund halten sollen«, sagte er mit einem schnellen Blick zu den Knoten. Ich zuckte nur mit den Achseln. Vielleicht, aber es hatte keinen Sinn, über vergossenen Ketchup zu weinen.
Ivy verließ mit langsamen Schritten den Pavillon und die I. S.-Vamps folgten ihr. Jenks lachte, aber ich war mehr als nur besorgt. Ich würde diese Kerle immer noch finden und erwischen müssen, aber zumindest konnte ich die Aktion überleben, wenn das FIB mitspielte.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte ich zu Wayde. Mein Telefon brummte, und ich sah, dass es Glenn war. Mit einem schwa chen Lächeln zeigte ich Ivy den Bildschirm, bevor ich das Telefon aufklappte. Entweder er war richtig glücklich oder mächtig angefressen. Ich hoffte nur, dass mir die I. S. nicht wieder den Führerschein abnahm.
4
Jemand hatte das Küchenfenster über der Spüle einen Spalt geöffnet. Ich drehte erst das Wasser ab, dann lehnte ich mich vor und schloss mit einem dumpfen Schlag den alten Holzrahmen, um die feuchte, kühle Luft auszusperren. Es war schon fast Mitternacht, aber die hell erleuchtete Küche hatte etwas Beruhigendes an sich. Ich drehte mich um, trocknete mir die Hände an einem Tuch ab, lehnte mich gegen den Edelstahltresen und lauschte auf das Geräusch der Pixies im vorderen Teil der Kirche. Sie waren letzte Woche eingezogen, mieden aber meinen alten Schreibtisch, der Erinnerungen an ihre Mutter weckte. Stattdessen hatten sie sich überall in der Kirche ihre eigenen Verstecke gesucht. Die Trennung schien ihnen gutzutun, und mir war bereits aufgefallen, dass sie viel weniger Lärm machten als noch letztes Jahr. Aber vielleicht wurden sie auch einfach älter.
Mit einem leisen Lächeln hängte ich das Tuch zum Trocknen auf und fing an, die Tresen mit einem salzwassergetränkten Lappen abzuwischen. Ich liebte meine Küche mit ihrer Kücheninsel, dem Hängeregal und den zwei Herden, die dafür sorgten, dass ich nicht auf derselben Flamme kochen und Zauber anrühren musste. Man hätte meinen können, dass meine Kräuter und vorbereiteten Amulette, die von den Tassenhaken hingen, im Vergleich zum Rest der Küche seltsam wirkten, aber irgendwie vertrug sich ihre schlichte Behaglichkeit wunderbar mit den glänzenden Oberflächen und Edelstahltöpfen. Ivy hatte die ursprüngliche Gemeindeküche modernisiert, bevor ich eingezogen war, und sie verfügte über tiefe Taschen und einen guten
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