Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
Vom Netzwerk:
Art-déco-Bauruine auf der anderen Straßenseite. Das Gebäude war berüchtigt wegen der Dealer und der Scharen von verzweifelten Immigranten, die dort auf engstem Raum hausten. Am Ersten jeden Monats zahlten sie in bar an Männer mit hartem Gesichtsausdruck und kalten Augen, die ihnen immer höhere Beträge abpressten. Riedwaan hatte gehört, dass das Gebäude verkauft worden war. Es hatte sich jedoch nichts geändert. Es war nicht nötig, dort zu investieren. Auch in diesem heruntergekommenen Zustand war es eine Goldgrube. Dort war alles zu haben, Frauen, Kinder – auch Kleinkinder –, wenn man bezahlte. Die Polizei unternahm nichts dagegen; wer es versuchte, wurde umgebracht oder strafversetzt, wie er.

    Clare kam herein und knöpfte sich den Mantel auf. Sie wusste, dass sie ihn im Nichtraucherteil des Lokals finden würde. Es hatte ihn große Anstrengung gekostet, sich das Rauchen abzugewöhnen, aber er war noch weit davon entfernt, sicher vor Rückschlägen zu sein. Daher vermied er, wo es ging, den Kontakt mit Rauchern. Sie nahm ein Tablett, ließ sich zweimal Kaffee geben, heiße Milch, einen Bagel für Riedwaan und ein Croissant für sich und ging zu seinem Tisch. Dort setzte sie das Tablett ab und nahm den Umschlag entgegen, den Riedwaan ihr bei der Begrüßung in die Hand drückte. Sie küsste ihn nicht, sondern überflog sofort den Bericht, während Riedwaan die Kaffeebecher und Teller nahm und vor sie hinstellte. Ihr Magen verkrampfte sich bei der nüchternen Schilderung des grauenhaften Todes von Charnay Swanepoel durch den Pathologen. Sie war noch so jung gewesen! Auf einem angehefteten Zettel war zu lesen, dass weitere pharmakologische Testergebnisse nachgereicht würden.
    Â»Wann hat er ihr die Kehle durchgeschnitten?«, fragte Clare.
    Â»Sie war tot, als er das getan hat«, sagte Riedwaan.
    Â»Maden oder Spuren von anderem Ungeziefer?«
    Â»Eventuell Nagespuren von Ratten an den Fußsohlen«, sagte Riedwaan. Er legte den Bagel hin. »Mouton schätzt, dass sie zwischen Montagabend und Mitternacht ermordet wurde. Sie war mindestens seit acht Stunden tot, als sie am Fundort abgelegt wurde.«
    Â»Gibt es irgendeinen Hinweis darauf, wo sie verstümmelt wurde?«
    Â»Das könnte am Fundort gewesen sein. Mouton denkt
an ein sehr scharfes Messer oder, wahrscheinlicher, ein Skalpell, für die Kehle. Auf ihrem Bauch und ihrem Rock fand sich jeweils eine kleine Menge Flüssigkeit, deren Analyseergebnis noch aussteht. Mouton glaubt, dass er das mit den Augen gemacht hat, bevor er ihr die Kehle durchschnitt.«
    Â»Was hat er mit den Augen gemacht?«, fragte Clare.
    Â»Schlag Seite vier auf. Laut Mouton ist das kurz vor dem Ersticken geschehen.«
    Clare blätterte in dem Bericht. »Da lebte sie noch?! Wie entsetzlich. Ich frage mich, was sie gesehen hat, was er ihr gezeigt hat, was der Grund dafür war, dass er sie geblendet hat.«
    Â»Das sollten wir lieber rauskriegen, ehe eine andere sieht, was sie gesehen hat«, sagte Riedwaan.
    Â»Hat er das mit einer ähnlichen Waffe gemacht?«
    Â»Mouton wartet auf den Bericht von der Kriminaltechnik, aber höchstwahrscheinlich ja.«
    Clare blickte auf das nicht angerührte Croissant. Dann wandte sie sich wieder den Fragen zu, die Charnays Leiche beantworten konnte. Sie war siebzehn Jahre alt, hatte einen Rock und ein Top getragen und hochhackige Stiefel. Keine Unterwäsche. Noch alle eigenen Zähne, sechs Füllungen. Blinddarmnarbe. Keine Jungfrau. Keine Fixerin. Periode zum Todeszeitpunkt. Blutergüsse an den Oberarmen und Schenkeln.
    Sie las weiter. Eine Tätowierung auf der linken Pobacke  – ein Zeichen, kein Bild. Neueren Datums – vielleicht zwei Wochen alt –, aber verheilend.
    Â»Irgendeine Ahnung, wo sie sich die Tätowierung hätte stechen lassen können?«, fragte sie Riedwaan.

    Â»Noch nicht sicher. Es ist allerdings sehr auffällig, dieses Zeichen.«
    Â»Was ist das?« Clare musterte das Foto. Das Tattoo war schlicht, elegant. Zwei vertikale Linien, geschnitten von einem X.
    Â»Ich weiß es nicht. Sieht aus wie ein chinesisches Schriftzeichen.«
    Â»Es ist auf unheimliche Weise schön. Wegen des Schorfs ist es schwer zu sagen, aber es sieht wie ein Symbol aus. Können wir Mouton um eine deutliche Zeichnung bitten?«
    Â»Ich frage ihn danach«, sagte Riedwaan.
    Clare

Weitere Kostenlose Bücher