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Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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nicht immer zusammen verbracht.«
    Â»Charnays Mutter hat das aber geglaubt. Und Ihre Mutter?«
    Â»Meiner ist das scheißegal«, sagte Cornelle. Sie drückte die halb gerauchte Zigarette im Aschenbecher aus. »Der wär’s nicht mal aufgefallen, wenn ich verschwunden wäre.« Cornelle fuhr sich mit dem Handrücken über die Wange. Clare konnte nicht erkennen, ob sie weinte.
    Â»Sind Sie am letzten Wochenende mit Charnay ausgegangen?«, insistierte Clare.
    Â»Nein.«
    Â»Ich dachte, Sie hätten alles gemeinsam gemacht?«
    Â»Ja, früher schon. Aber in letzter Zeit nicht mehr so oft«, sagte Cornelle. »Wir sind an den Wochenenden nicht immer zusammen losgezogen. Wir hatten nicht nur dieselben Freunde.«
    Â»Wo wohnen Sie? Ich fahre Sie hin«, sagte Clare. Cornelle lotste sie – links, rechts, die zweite links, Nummer 32. Dann schwieg sie. Das Haus, auf das sie zeigte, hatte geschlossene Fensterläden und sah verlassen aus. Cornelle suchte in der Schultasche nach ihrem Schlüssel.
    Â»Gehen Sie heute Abend aus?«, fragte Clare.
    Â»Ich weiß es noch nicht. Vielleicht nach Waterfront.«
    Â»Soll ich Sie mitnehmen? Ich fahre in diese Richtung.«

    Cornelle zuckte die Achseln. »Klar, warum nicht? Ich zieh mich nur schnell um.« Sie fragte Clare nicht, ob sie im Haus warten wolle. Clare betrachtete das deprimierende Backsteinhaus mit den schiefen Fensterläden im ersten Stock und war im Grunde froh, dass sie nicht hineingebeten wurde. »Ich beeil mich.«
    Cornelle verschwand mit langbeinigen Sprüngen. Der Ausdruck in ihren Augen, die Tränen, dachte Clare, das war keine Trauer, das war Angst gewesen. Sie sah, wie das Licht im Bad anging und wieder ausgeschaltet wurde. Wovor hatte Cornelle Angst? Sie rief Riedwaan an, aber nach dem ersten Klingeln schaltete sich die Mailbox ein. Sie klappte das Handy zu; Cornelle kam bereits aus dem Haus. Ein enges schwarzes T-Shirt, hochhackige Stiefel statt der Turnschuhe und ein Rock, den man mit einem Gürtel hätte verwechseln können, hatten sie in zehn Minuten völlig verwandelt.
    Â»Powärmer nennt meine Mutter so was.« Cornelle kicherte, und Clare erhaschte einen Blick auf das Kind, das sie vor kurzem noch gewesen war. Cornelle wandte sich dem Spiegel zu und malte sich das Gesicht, das sie nach der Schule zeigte. Die Illusion von Kindlichkeit war dahin.
    Â»Was haben Sie vor?«
    Â»Shoppen, denk ich mal.« Eine lange Pause. »Vielleicht später mit Freunden abhängen.«
    Clare sah zu Cornelle hinüber – der Designerrock und die Sonnenbrille waren importiert. Auf der Handtasche prangte ein auffälliges doppeltes C. »Woher haben Sie das Geld?«, fragte sie. Sie fädelte sich in den Spätnachmittagsverkehr ein. »Wo hatte Charnay das Geld her?«

    Â»Oh, wir modeln«, sagte Cornelle lässig, und es klang nach einer eingeübten Halbwahrheit. »Manchmal kriegen wir nach einem Shooting auch etwas geschenkt.«
    Â»Kriegten wir was geschenkt«, korrigierte sie sich.
    Charnays zerstörter Körper blitzte vor Clares geistigem Auge auf. Ein Fahrer hupte, und sie bemerkte, dass sie ein Stück auf die andere Fahrbahn geraten war. »Das sind teure Sachen.«
    Jetzt sah Cornelle sie an. Wieder huschte ein Schatten über ihr Gesicht. Angst.
    Â»Ich arbeite viel«, sagte Cornelle. »Charnay hat das auch getan.«
    Clare ließ das Thema fallen. Sie fuhren schweigend weiter, während es dunkler wurde und die Hochstraße ihnen eine wunderbare Aussicht auf die funkelnden Lichter des Hafens bot. Clare bog Richtung Waterfront von der Hochstraße ab. Dockarbeiter und Verkäuferinnen strömten nach Hause, die Schultern unter zu dünnen Jacken fröstelnd hochgezogen.
    Â»Setzen Sie mich bitte hier ab«, sagte Cornelle. »Ich möchte zu Fuß weitergehen.« Clare scherte aus dem Kreisverkehr aus und hielt am Straßenrand. Sie nahm die blaue Karte, die sie in Charnays Zimmer gefunden hatte, aus der Jackentasche. »Kennen Sie diese Nummer?«, fragte sie.
    Â»Ich weiß nicht«, sagte Cornelle und zog ihr Handy aus der Tasche. »Ich kann mir Zahlen so schlecht merken. Mal sehen, ob ich sie gespeichert habe.« Sie blickte auf die Nummer und wählte sie. Auf dem kleinen Display leuchtete ein Name auf. Schnell beendete Cornelle
den Anruf. Ihre Wangen röteten sich. »Der Isis Club«, murmelte sie

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