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Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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vertraute Geruch von Räucherstäbchen, gemischt mit den Aromen von starkem Kaffee und orientalischen Gewürzen drang angenehm in ihre Nase. Trotz des lebhaften Betriebs auf der Straße konnte sie von Riedwaan kein Lebenszeichen wahrnehmen, aber sie hörte Musik aus dem Innern seines Hauses. Sie klopfte. Nichts.
    Â»Riedwaan?«, rief sie und klopfte lauter.

    Â»Wer ist da?«
    Â»Ich bin’s, Clare. Lass mich rein.« Die Tür ging auf.
    Â»Was machst du denn hier?«, fragte er. »Es ist Sonntag!«
    Â»Du bist nicht ans Telefon gegangen. Rita hat mich angerufen.«
    Riedwaan erstarrte. »Was ist los?«
    Â»Es ist wieder ein Mädchen verschwunden. Hier, sprich mit Rita.« Clare gab Rita Mkhizes Nummer ein und reichte Riedwaan das Handy. Sie folgte ihm hinein. Es sah danach aus, als hätte Riedwaan Hausarbeit erledigen wollen. Auf dem Küchenboden lag ein Haufen Wäsche, und im Spülbecken türmte sich das schmutzige Geschirr der letzten Woche.
    Â»Mkhize? Hier ist Riedwaan Faizal.« Er griff nach einem Stift und machte sich Notizen. Er gab Clare das Telefon mit grimmigem Gesichtsausdruck zurück.
    Â»Wer?«, fragte Clare. »Wo?«
    Â»Amore Hendricks. Einzige Tochter schon älterer Eltern. Tänzerin. Amtierende Miss Panorama High. Schlank, siebzehn, langes schwarzes Haar. Zuletzt gesehen am Samstag, als Nachbarn der Familie sie am Einkaufszentrum im Canal Walk abgesetzt haben, wo sie sich mit einer Freundin treffen wollte. Vom Vater als vermisst gemeldet. Ich fahre lieber zum Revier. Rita wartet auf mich… und Phiri auch. Er ist kurz davor durchzudrehen. Macht sich große Sorgen, ob die Presse schon Wind davon bekommen hat. Wir fangen so schnell wie möglich mit den Vernehmungen an.«
    Riedwaan hatte seine Schlüssel in der Hand. Clare
reichte ihm sein Jackett. »Ich ruf dich an, wenn ich was Neues weiß.« Er strich Clare über die Wange.
    Â»Nichts Neues wird nichts Gutes bedeuten«, sagte Clare. Sie zog Riedwaans Haustür hinter sich ins Schloss.
    Â»Ich hoffe, du irrst dich.«
    Â»Das hoffe ich auch.«
    Clare fuhr nach Hause, hinein in den kalten Nebel, der sich auf den Straßen schnell verdichtete.

17
    Rita Mkhize und Riedwaan sprachen mit allen, die Amore Hendricks gesehen hatten, aber drei Tage Arbeit führten zu nichts. Superintendent Phiri beschloss, es vor der Presse geheim zu halten, wogegen Riedwaan erbittert protestierte. Er versuchte, Phiri davon zu überzeugen, dass eventuell jemand das Mädchen gesehen hatte, dass sich vielleicht jemand bei ihnen meldete. Phiri wollte nicht, dass der Polizei wieder Inkompetenz vorgeworfen wurde, und weigerte sich nachzugeben. Riedwaan hielt Clare auf dem Laufenden, aber es gab nur wenige Anhaltspunkte. Weil es für sie nichts zu tun gab, stürzte sie sich in die Recherchen für ihren Film.
    Sie schaltete den Computer erst am späten Nachmittag aus und musste sich dann in aller Eile für den Empfang zurechtmachen. Die Osiris-Gruppe legte ihrem Einladungstext zufolge Wert auf förmliche Abendkleidung und ließ kein Schlupfloch für die Kategorie
»traditionell«, die jedwede Modesünde möglich machte. Clare wählte ein dezentes schwarzes Kleid aus und steckte sich das Haar hoch. Sie schenkte sich einen Whiskey ein, froh darüber, dass sich Jakes verspätete. Das ließ ihr Zeit, ihre Gedanken zu sammeln. Sie schaute sich das Werbematerial, das mit der Einladung gekommen war, genauer an. Eine kleine Pergamentrolle fiel ihr in den Schoß. Clare strich das Pergament gespannt glatt. Es war die Geschichte des ägyptischen Gottes Osiris, der von seinem Bruder zunächst betrogen und dann zerstückelt und ins Meer geworfen worden war. Seine Schwester Isis rettete ihn und gab ihm Leib und Krone zurück.
    Die Werbebroschüre enthielt auf den ersten Seiten einen Lebenslauf von Otis Tohar und einen kurzen Abriss der Unternehmensgeschichte der Osiris-Gruppe – zwei deckungsgleiche Größen. Clare überflog den Text, angezogen von den grobkörnigen Familienfotos. Otis Tohar war der einzige Sohn einer südafrikanischen Mutter und eines libanesischen Vaters, eine vieldeutige Identität. Sein Vater war Arzt gewesen. Die Familie war von Kapstadt nach Johannesburg gezogen, dann nach Kimberley, in den Libanon und nach Sierra Leone. Tohars Vater war gestorben und hatte sein Vermögen seinem einzigen Sohn Otis hinterlassen.

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