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Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Rape Crisis, der Hilfsorganisation für vergewaltigte Mädchen und Frauen, rief dort an und ließ sich den Namen und die Telefonnummer einer erfahrenen Therapeutin geben. Es gab andere Menschen, die über eine größere Kompetenz verfügten, in solchen Fällen zu helfen. Wenn Whitney aufwachte, würde sie ihr sagen, wo ihre Mutter wohnte, und Clare konnte sie nach Hause zurückbringen. Vielleicht würde ihre Familie Whitney dazu bewegen können, Anzeige zu erstatten.
    Clare schaltete ihren Laptop ein, versuchte, ihre Gedanken auf den Film zu konzentrieren. Das Bild wurde endlich schärfer, zeigte ihr das Netz aus organisiertem Verbrechen, Helfershelfern und korrupten Beamten, das den Menschenstrom von einem Ort zum anderen schleuste. Die Puzzlestücke fügten sich zusammen,
aber sie musste noch etliches in Erfahrung bringen, vor allem, wie die örtliche Vermarktung funktionierte und wo das Geld blieb. Es gab Gerüchte über Geldwäsche an den üblichen Stellen: Kosmetiksalons, Restaurants, die Baubranche, Immobilien und Grundstücke eigneten sich dafür seit jeher bestens, aber die Gerüchte waren schwer zu beweisen. Clare überflog ihre Notizen, frustriert über ihre immer noch zahlreichen Informationslücken.
    Sie wagte nicht zu hoffen, Whitney für ein Interview gewinnen zu können. Dabei war es durchaus möglich, dass Whitneys Geschichte der Schlüssel war, den Clare brauchte. Vielleicht redete ja Whitneys Familie, auch wenn das Mädchen sich weigerte.
    Um zehn sah Clare nach Whitney. Sie hatte den Saft, den Clare ihr neben das Bett gestellt hatte, ausgetrunken, lag aber wieder in einem traumlosen Schlaf. Frau Dr. September hatte ihr offenbar starke Medikamente verabreicht.
    Clare ging zurück zu ihrer sorgfältigen Aufzeichnung der Wege und Umwege der nach Kapstadt eingeschleusten Frauen. Sie nahm einen bunten, für Touristen gedachten Stadtplan von Kapstadt heraus und versuchte zu erraten, auf welchem Weg Whitney in die San Marina Mansions gekommen war. Der Name des Wohnblocks kam ihr plötzlich bekannt vor.
    Clare griff nach dem Ordner, der ihre Interviews enthielt. Mit wachsender Spannung fuhr sie mit dem Finger über das Register, das sie angelegt hatte. Da stand es. San Marina Mansions. Die Wohnung, in der man Natalie Mwanga gefilmt hatte, befand sich offenbar in demselben
Gebäude, aus dem Whitney, die ihrer äußeren Erscheinung nach eindeutig in einem der ärmeren Vororte von Kapstadt lebte, geflohen war. Clare griff zum Handy.
    Â»Hi, Marcus«, begrüßte sie ihren Schwager. »Hast du heute zufällig auf dem Grundbuchamt zu tun?«
    Â»Ja. Was gräbst du denn jetzt wieder aus?«
    Â»Kannst du für mich feststellen, wem ein Wohnblock in Sea Point gehört? San Marina Mansions. Die Adresse? 148 Main Road. Danke.« Sie blies ihm eine Kusshand durchs Handy zu. »Bye.«
    Die Tür des Gästezimmers ging auf. Clare drehte sich um. Whitney stand auf der Schwelle.
    Clare lächelte sie an. »Möchtest du etwas essen?« Das Mädchen nickte. Clare ging mit ihr in die Küche, toastete Weißbrot, schnitt Käse in Scheiben und kochte süßen Tee. Whitney aß, zwang sich zu kauen und dann zu schlucken. Sie schien entschlossen, am Leben zu bleiben.
    Clare setzte sich ihr gegenüber, legte die Hände um ihren Henkelbecher mit Tee. Fritzi sprang auf Whitneys Schoß und schnurrte. Das Mädchen streichelte die Katze sanft. Whitneys kleine Hand sah auf dem grauen Fell kindlich aus.
    Â»Sagst du mir jetzt, wo du wohnst, Whitney?« Fritzi hörte auf zu schnurren. Clares Stimme klang laut in der stillen Küche. »Ich muss dich zurückbringen. Deine Mutter ist bestimmt ganz verrückt vor Angst.« Whitney sah Clare an, sagte aber nichts. Clare griff nach dem Notizblock und dem Stift neben dem Telefon. »Schreib mir die Adresse auf.« Whitney zögerte, nahm dann den Stift und schrieb, schob Clare den Block wieder zu.

    Â»Regent Street dreiundzwanzig, Retreat? Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragte Clare. Whitney nickte, schluckte mühsam das letzte Stück ihres Toasts hinunter. Sie stand vorsichtig auf, nahm das zerrissene Sweatshirt und den kurzen Rock aus dem Korb neben dem Tisch, warf beides in Clares Mülleimer und ging zur Tür. Sie schob den Riegel zurück, zögerte einen Moment und trat in den Flur. Clare folgte ihr, schloss die Wohnung ab, und

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