Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
Vom Netzwerk:
zu flackern. Das war die Macht der Polizeimarke.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er und warf den dreckigen Lappen in einen Eimer.
    »VVS World, war das mal hier?«
    »Ja, wir haben den Laden übernommen, als er vor mehr als zehn Jahren in Konkurs ging. Warum?«
    »War das hier das einzige Gebäude, das zu der Firma gehörte?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern und fuhr sich schnaubend mit der Hand durch die Haare.
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass wir damals eine furchtbare Unordnung übernommen haben. Wir mussten hier aus den Räumen all die Rohre und Waschbecken selber ausräumen. Der frühere Besitzer scheint einfach abgehauen zu sein.«
    »Okay, danke«, sagte Liv und wendete sich ab, drehte sich dann aber doch noch einmal um. »Was haben Sie mit all dem Zeug gemacht, das Sie ausgeräumt haben?«
    Der Mann dachte eine Sekunde nach.
    »Das haben wir im Industrieviertel in eine alte Halle gebracht, die Firma hatte da so eine Art Lager.«
    »Haben Sie die Adresse?«, fragte Max Motor, aber der Mann schüttelte den Kopf.
    »Nee, das ist lange her. Ich weiß nur noch, dass das irgendwo oben am Bybjergvej war. Eine große rote Halle, ziemlich verfallen, vielleicht hilft Ihnen das ja.«
    »Wir werden versuchen, sie zu finden«, sagte Liv.
    Sie verließen das Gelände, und als sie wieder auf der Straße standen, rief sie Miroslav an und bat ihn, die Adresse zu suchen. Sie hatten tatsächlich Glück, die Halle wurde noch immer unter dem Namen der Firma geführt. Sie wollte das Handy bereits wieder in ihre Tasche stecken, wählte dann aber noch einmal Per Rolands Nummer.
    »Seid ihr fertig mit Schultheiss’ Wohnung?«, fragte sie.
    »Ich stehe gerade drin«, antwortete er. »Ein echter Saustall. Überall Flaschen und volle Aschenbecher. Es sieht so aus, als hätte er versucht, sich zu Tode zu saufen. Er hat nicht einmal alles bei sich behalten können. Gerade habe ich eine vollgeschissene Unterhose vom Sofatisch genommen. Die lag übrigens neben einem Stapel ausgeschnittener Bildchen aus diversen Reklamekatalogen, die kleine Kinder in Badesachen zeigen, und einem Berg gebrauchter Papierservietten.«
    »Wie appetitlich. Aber du bist doch der Chef. Du hättest diesen Job auch delegieren können, wenn du mit den netten Details nicht klarkommst«, sagte sie sarkastisch. »Habt ihr den Keller untersucht?«
    »Ja, keine versteckten Räume, in denen man eine Elfjährige schallsicher verstecken könnte. Nur ein Waschkeller, aber da ist sie nicht. Dafür haben wir aber etwas anderes gefunden.«
    »Was?«
    »Er hat sich in der Küche eine Duschkabine gebaut.«
    »Ja und?«
    »Die eine Plexiglaswand klebt voller Fotos, Zeitungsausschnitte und Reklamebildchen. Alles in wasserdichten Hüllen verpackt. Rat mal, wer auf den Fotos zu sehen ist.«
    »Cecilie Junge-Larsen?«
    »Ja, wobei das nicht gleich zu erkennen ist, denn er hat ihr auf allen Bildern das Gesicht weggekratzt. Wir haben nur über die Bildlegenden oder die Artikeltexte herausgefunden, dass sie das ist.«
    »Hm.«
    »Was?«
    »Kann er ein Stalker sein? Der Nachbar hat mir gesagt, er habe sie unten am Strand beobachtet.«
    »Kann schon sein, ich rede gleich mal mit Anette darüber«, sagte er und legte auf, ohne sich zu verabschieden.
    Die Lagerhalle im Bybjergvej sah aus, als wollte sie jeden Augenblick in sich zusammenfallen. Das Dach war bereits teilweise eingebrochen, und nur wenige der kleinen Fenster waren noch heil. Die rote Farbe war fast überall abgeblättert, und die Tür fehlte. Liv drückte auf den Schalter hinter der Tür und hoffte, dass das Licht funktionierte, war aber nicht überrascht, als nichts geschah. Vorsichtig trat sie auf den schmalen Flur, der weiter in die Lagerhalle hineinführte. Handwaschbecken, Spülbecken, verchromte Mischbatterien, eine einzelne Badewanne und ein Bidet. Sicher waren all diese Dinge einmal schön gewesen, jetzt aber waren sie verstaubt und dreckig und würden sicher nie mehr Verwendung finden.
    Sie stand still da.
    »Hallo?«, rief sie und hörte ihr eigenes Echo. »Hier ist die Polizei!«
    Ihr Stimme verhallte, dann aber glaubte sie, irgendwo leise Musik zu hören, und als sie in die Richtung sah, aus der die Geräusche kamen, bemerkte sie eine angelehnte Tür. Durch den Türspalt sah man Licht. Gefolgt von Max ging sie vorsichtig auf die Tür zu und schob sie lautlos auf. Die Musik wurde lauter, und sie erkannte die Stimme des Sprechers des Senders P4. Sie drückte die Tür ganz auf und starrte auf eine

Weitere Kostenlose Bücher